Die Fluglärmkommission kommt zu ihrer Schlussrunde zusammen und die Flugrouten-Gegner wollen ihren Protest verschärfen. In Berlin und Brandenburg beginnt die Woche wieder mit einem heiklen Thema.
Einen Tag vor der letzten Sitzung der Fluglärmkommission für den künftigen Hauptstadtflughafen BBI haben mehrere tausend Menschen am Sonntag mit einer Sitzblockade gegen die befürchtete Lärmbelästigung protestiert. Sie blockierten eine Zufahrt zum Flughafen Schönefeld und kündigten eine Fortsetzung ihres Kampfes für ein generelles Nachtflugverbot und gegen ein internationales Drehkreuz an.
Matthias Schubert vom Bündnis „Berlin-Brandenburg gegen neue Flugrouten“ erklärte, dass „die Geduld der betroffenen Menschen zu Ende ist“. Das Bündnis strebe in Berlin und Brandenburg Volksbegehren beziehungsweise Volksinitiativen zur Durchsetzung eines generellen Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr an. Dafür benötige man jeweils 20.000 Unterschriften.
Initiativen wollen weiterkämpfen
Die Entscheidung für Schönefeld und gegen Sperenberg sei die Entscheidung für einen „Stadtflughafen“ mit strikt begrenzter Kapazität gewesen, argumentiert Schubert. Da die Politik bei der Standortwahl einen Flughafen lediglich für den regionalen Bedarf und in Stadtnähe geplant habe, dürfe sie sich heute nicht beschweren, wenn sie keinen Großflughafen bekomme, fügte er hinzu. Nachtflüge für die Gemeinden von Müggelheim bis Ludwigsfelde seien unerträglich. Mehr als eine halbe Million Menschen würden um ihren Nachtschlaf gebracht, sagte Schubert. Die mehr als 30 Bürgerinitiativen gegen die neuen Flugrouten wollten weiterhin gemeinsam agieren. Der nächste Demonstrationstermin ist der 25. Juni, kündigte Franziska Borkenhagen vom Bündnis Südost an. Dann werde auch die Unterschriftensammlungen für die Volksbegehren starten, sagte Schubert.
Nach elf teils hitzigen Sitzungen will die Lärmkommission an diesem Montag abschließend über die umstrittenen Flugrouten für den künftigen Hauptstadtflughafen beraten. Ziel ist eine Abschlusserklärung, die die bisherigen Empfehlungen zusammenfasst. Entschieden ist damit noch nichts. Erst Anfang 2012 wird feststehen, welche Brandenburger Gemeinden und Berliner Bezirke überflogen werden. Der neue Flughafen soll am 3. Juni 2012 in Betrieb gehen. Grundlegende neue Beschlüsse sind am Montag nicht zu erwarten.
Flugsicherung hat Bedenken
Die bisherigen Empfehlungen unterscheiden sich zwar deutlich von dem Vorschlag der Deutschen Flugsicherung, mit dem das Bundesunternehmen im vergangenen September die erregte Debatte in Berlin und Brandenburg ausgelöst hatte. Dennoch würden zum Teil andere Gemeinden überflogen als jahrelang angenommen. Grund ist die Regelung, dass bei parallelem Abflug von den beiden Pisten nach dem Start die Kurse der Maschinen aus Sicherheitsgründen auseinanderdriften müssen. Empfohlen wurde bislang: Auf der Nordbahn starten die Flugzeuge in beiden Richtungen geradeaus, nach Westen gibt es nur einen leichten Nordknick. Für die Südbahn soll gelten: Die Maschinen nach Westen drehen um 15 Grad oder mehr nach Süden ab. Nach Osten schlagen sie sogar eine scharfe Rechtskurve ein. Dort soll aber zusätzlich eine Ausnahmegenehmigung für Geradeausflüge beantragt werden.
Das gilt für eine Flughöhe bis etwa 1500 Meter. Für Starts in Richtung Westen gibt es sogar Festlegungen bis zu einer Höhe von 3000 Meter, um sicherzustellen, dass die Jets erst am Autobahndreieck Werder nach Norden und Osten abknicken. Damit würden Gemeinden wie Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf umflogen, zudem die Wannsee-Region und Potsdam.
Die Flugsicherung meldete jedoch umgehend ihre Bedenken gegen diese weitreichende Festlegung an – und sie ist es, die letztlich die Flugrouten vorschlägt. Verordnet werden sie schließlich vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung, das dem Bundesverkehrsministerium untersteht. Kritiker sehen die Arbeit der Lärmkommission, die lediglich Vorschläge machen kann, deshalb als Ablenkungsmanöver, um Betroffene zu beschäftigen und damit ruhigzustellen.
dpa/sei