Die Polizisten im Landkreis Barnim sind im Fall des Sexualstraftäters Werner K. an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gestoßen. Für die Rund-um-die-Uhr-Bewachung des Mannes werden jetzt Beamte aus anderen Schutzbereichen herangezogen. Die Situation vor Ort sei katastrophal, heißt es.
Der nach Joachimsthal in Brandenburg zurückgekehrte Sexualstraftäter Werner K. wird rund um die Uhr bewacht. So will die Polizei die Bevölkerung des Ortes schützen. Doch die Überwachung bringt die Beamten an die Grenzen ihrer personellen Belastbarkeit. Für die 24-Stunden-Observation müssen jetzt sogar Beamte aus anderen Schutzbereichen herangezogen werden. "Die Planung und Koordinierung der Einsatzmaßnahmen vor Ort ist das reine Chaos", sagt Frank Domanski, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG), Morgenpost Online. Mit einem Schreiben an Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will die Gewerkschaft nun auf die katastrophale Situation in Joachimsthal aufmerksam machen.
Werner K. hat wegen mehrerer Vergewaltigungen mehr als 20 Jahre im Gefängnis gesessen, Gutachter halten ihn noch immer für gefährlich. K. ist aufgrund einer Justizpanne auf freiem Fuß und wird von der Polizei dauerhaft observiert.
In den vergangenen Wochen konnte der Schutzbereich für die Bewachung noch selbst aufkommen. Dann aber wurde die Kriminalpolizei wegen anderer Einsatzschwerpunkte im Landkreis abgezogen. Seit dem 20. Oktober kommen deshalb in Joachimsthal auch Beamte von der Uckermark bis zum Spreewald zum Einsatz. "Eine echte Wohltat für uns, für die anreisenden Kollegen aber der reine Horror", sagte ein Beamter des örtlichen Wach- und Wechseldienstes. "Inklusive An- und Abfahrt sind die neuen Bewacher täglich bis zu 14 Stunden auf den Beinen", so Gewerkschafter Domanski.
Vor Ort fehlten Verpflegungsbeutel, für Toilettengänge müssten die Kollegen weite Wege in Kauf nehmen, und nur wenige Streifenwagen hätten eine Standheizung an Bord. "Den Motor dürfen die Beamten nicht laufen lassen, weil sich Anwohner darüber beschwert haben", sagt DpolG-Chef Frank Domanski. Aus Polizeikreisen im Schutzbereich Barnim ist zu hören, dass man für 300 Euro eine Wohnung anmieten wollte, die sich gegenüber vom Haus des 50-jährigen Sextäters befindet – als "statischen Observationspunkt". "Davon haben wir auch gehört", sagt Frank Domanski. "Warum die Anmietung bislang aber nicht zustande kam, weiß niemand." Er schlägt als Alternative vor, in der betreffenden Straße Arbeitscontainer aufzustellen.
Im Polizeipräsidium in Frankfurt (O.) sieht man dies entspannter. "Wir haben von Anfang an die Dienste vor Ort mit auswärtigen Kollegen aus den zuständigen Dienstbereichen verstärkt", sagt Polizeisprecher Peter Salender Morgenpost Online. Dadurch habe man mehr Personal eingesetzt – für Außenstehende sichtbar, zum Teil aber auch nicht zu erkennen. Die Arbeitsbedingungen in Joachimsthal seien zwar ungewöhnlich, aber kein Beamter würde ernsthaft Schaden nehmen.
Werner K. soll möglicherweise ambulant therapiert werden. Das Justizministerium prüft zurzeit, ob der Leiter der sozialtherapeutischen Einrichtung Schloss Zahren (Mecklenburg-Vorpommern) regelmäßig nach Joachimsthal kommen und dort eine ambulante Therapie durchführen könnte.