- Die Berliner Polizei hat ein Protestcamp in der Wuhlheide geräumt
- Die Räumung verlief friedlich
- Der Protest richtet sich gegen das Straßenbauprojekt TVO
- Verkehrsbehinderungen durch Demonstrationen
Berlin. In der Wuhlheide hat die Berliner Polizei am Mittwoch ein Protest-Camp von etwa 100 Aktivisten geräumt. Mehrere Menschen wurden im Laufe des Tages von Polizisten mit Kletterausrüstung aus den fünf meist kleinen Baumhäusern geholt, wie die Polizei mitteilte. Etwa 40 Menschen verließen das Protestcamp, zu dem auch rund 20 Zelte am Boden gehörten, nach Darstellung der Polizei freiwillig.
"Die letzten Personen haben den Ort verlassen und unser Einsatz neigt sich dem Ende. Das Forstamt setzt die Aufräumarbeiten fort", twitterte die Polizei am Nachmittag. Hintergrund der Räumung sei ein Verbot der weiteren Durchführung des Camps durch die Versammlungsbehörde, das bis zum 30. September gelte, twitterte die Polizei. Ein Eilantrag gegen die Räumung wurde von einem Gericht abgelehnt, wie die Aktivisten am Nachmittag mitteilten.
Wuhlheide: Verkehrsbehinderungen durch Polizeieinsatz und Demonstrationen
Wegen des Polizeieinsatzes kam es in Köpenick zu Verkehrsbehinderungen. Die Rudolf-Rühl-Allee war auch am Nachmittag zunächst noch gesperrt. Klimaaktivisten der "Letzten Generation" blockierten am Abend eine Zufahrtsstraße "aus Solidarität mit der Besetzung in der Wuhlheide", wie sie auf Twitter mitteilten.
"Noch immer ist die Rudolf-Rühl-Allee in beiden Richtungen gesperrt. Es gibt weitere Blockaden", twitterte die Verkehrsinformationszentrale (VIZ). Kurze Zeit später konnte die Rudolf-Rühl-Allee freigegeben werden.
Berlin: Räumung in der Wuhlheide verläuft friedlich
Etwa 400 Einsatzkräfte waren während der Räumung vor Ort. Gegen 9 Uhr meldete die Polizei, dass mehr als 40 Personen das Camp freiwillig verlassen hätten. Die Protestler, die sich überwiegend in Baumhäusern aufhalten, wurden in der Folge von den Einsatzkräfte zusammen mit Höhenkletterern heruntergeholt. Dabei wurden die Baumhäuser abgetragen.
Nach Angaben eines Sprechers der Polizei befanden sich ungefähr 100 Demonstranten auf der Rudolf-Rühl-Allee und bekundeten ihre Sympathien für die Baumbesetzer. In das Camp im Wald wurden sie nicht gelassen. Laut Augenzeugen hörte man aber ihre Rufe bis in das Protestcamp. Sie schrieen Richtung Waldbesetzer "Ihr seid nicht allein!" und zu Durchsagen der Polizei: "Halt die Fresse!" Die Polizei setzte am Nachmittag einen Hubschrauber ein, um im Waldgebiet Ausschau zu halten, ob Personen sich Zugang zu dem Camp verschaffen.
Die Räumung verlief friedlich. Die Polizei sammelte Zelte und Kletterausrüstungen ein, informierte mit Lautsprecherdurchsagen über die Maßnahmen. Mitarbeiter der Forstverwaltung räumten die Hinterlassenschaften des Camps am Boden weg. Die Beamten nahmen die Personalien derer auf, die das Camp verlassen haben. Einsatzkräfte des technischen Dienstes der Polizei machten die Wege in Richtung Waldcamp begehbar.
Eine Teilnehmerin der Demonstration vor dem Wald sagte: "Wir sind in Hörweite und im Austausch mit den Baumbesetzern. Wir finden es nicht in Ordnung, dass in Zeiten der Klimakrise noch Autostraßen gebaut werden. Deshalb unterstützen wir die Aktivisten, aber dürfen mit unserer Demo nicht näher ran. Aktivisten, die aus dem Wald entfernt wurden, demonstrieren danach bei uns mit. Wir lassen niemanden allein, jeder kann bei uns vorbeikommen."
Wuhlheide: Berliner Polizei setzt Unimog zur Räumung ein
Die Protestierenden (Motto: "Wuhli bleibt") richten sich gegen die geplante "Tangentiale Verbindung Ost", kurz TVO. Diese Straße soll in Zukunft die Märkische Allee (B158) mit der Spindlersfelder Straße verbinden. Der neue Abschnitt soll unter anderem die Bezirke Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick vom Verkehr entlasten.
Die Aktivisten schrieben auf Twitter: "+++RÄUMUNG+++ COPS IM WALD Versuchen die Mahnwache aufzulösen Haben Räumpanzer dabei KOMMT IN DEN WALD JETZT" Sie wollen verhindern, dass für die TVO ca. 15,8 Hektar Wald gerodet werden. Die Polizei widersprach, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Räumpanzer handele. Es sei ein "Unimog mit Frontlader und Kran zur Beseitigung der Hindernisse".
Grünen-Fraktionschef kritisiert Verkehrssenatorin wegen Räumung
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte in einer offiziellen Mitteilung: "Was wir dort sehen, weicht in weiten Teilen von dem friedlichen Charakter einer Versammlung ab. Das Protestcamp ist mit seinen Barrikaden und den Aushebungen, die fast schon an Fallgruben erinnern, sowie den daraus erwachsenden Gefahren auf längerfristigen Widerstand ausgerichtet." Laut Spranger geht es um 20 Zelte und 30 bis 40 Personen. Ziel des Einsatzes sei es, Menschen sicher von den Bäumen zu holen.
Antonio Rohrßen, Parteivorstand bei der Klimaliste Berlin, antwortet Spranger in einem Statement deutlich: "Berlins Innensenatorin Iris Spranger ist wieder einmal auf Konfrontationskurs mit unserer Zukunft. Wir sagen ganz klar: Stoppen Sie diese Räumung! Gehen Sie ins Gespräch mit den Aktivist:innen. Das anachronistische TVO-Projekt ist ein Klimakiller, der 15 Hektar Wald vernichtet und ein beliebtes Natur- und Erholungsgebiet im Osten Berlins mittig zerschneidet. So ein dämlicher Plan aus den 60er-Jahren darf mit dem heutigen Wissen um Klima- und Biodiversitätskrise nicht realisiert werden."
Werner Graf, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Abgeordnetenhaus, hält die Räumung für "völlig sinnlos und unverhältnismäßig". Er fordert in einem Tweet Verkehrssenatorin Manja Schreiner dazu auf, mit den Protestierenden in den Dialog zu gehen.
"Es ist äußerst fragwürdig, dass eine Versammlung von der Polizei beendet wird, obwohl die Besetzer weder die Zeit bekommen haben Auflagen zu erfüllen, noch, bis die Polizei die Entscheidung über den Eilantrag beim Verwaltungsgericht abwartet", sagt der Klimapolitische Sprecher der Linke-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Ferat Koçak, der Berliner Morgenpost. "Nicht die Baumbesetzer stören die öffentliche Ordnung, diese wird erst jetzt durch den Polizeieinsatz gestört." Die Aktivistinnen und Aktivisten sitzen in einem Waldstück weit entfernt von der Straße und stören dort niemanden, merkt der Politiker an. "Sie wollen mit der Besetzung eine öffentliche Debatte anstoßen, die sehr wichtig ist. Mit den Bauarbeiten der Tangentiale Verbindung Ost, kurz TVO, wird frühestens in drei Jahren begonnen. Von den Besetzern ist keine Gewalt ausgegangen, aber jetzt wird die Zeit für eine wichtige Debatte nicht genutzt."
Das Problem des Straßenbauprojekts: Die Kosten scheinen immer mehr zu steigen. Aus einer Vorlage der Senatsmobilitätsverwaltung aus dem April 2022 an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses ging zuletzt hervor, dass die Gesamtkosten mittlerweile auf 351 Millionen Euro geschätzt werden. Im Doppelhaushalt 2020/2021 waren die Kosten noch mit 155 Millionen eingeplant worden.