Berlin. Am Mittwochabend (22. März, 17 Uhr, Rathaus Schöneberg) tagt in Tempelhof-Schöneberg erstmals nach der Wahlwiederholung die (BVV). Und so richtig weiß derzeit niemand, was kommt. Denn viele Fragen sind noch offen. Gewiss ist nur die neue Zusammensetzung der Fraktionen. Während die SPD nach dem Verlust dreier Sitze eine nun geringere Diversität beklagt, kehrt ein Mitglied in die CDU-Fraktion zurück, das auf Ablehnung stoßen könnte.
Zu den Verlierern der wiederholten Wahl im Februar dieses Jahres zählt klar die SPD. Drei ihrer Mitglieder musste die Fraktion gehen lassen, ihr stehen nun nur noch 12 Sitze zur Verfügung. „Wir werden älter und weniger divers“, sagt Marijke Höppner, SPD-Fraktionsvorsitzende. Kari Lenke, wirtschaftspolitische Sprecherin, und Noah Triller, jugendlichpolitischer Sprecher, gehörten mit Anfang 20 zu den jüngsten in der BVV.
Höppner (SPD): „Das ist ein harter Schlag“
Zur Vielfalt innerhalb der Fraktion habe als Mitglied mit Migrationshintergrund auch Ayten Doğan beigetragen, schul- und integrationspolitische Sprecherin. „Das ist ein harter Schlag und trifft uns sehr“, sagt Höppner.
Große Veränderungen gibt es auch in der CDU-Fraktion. Mit einem Plus von zehn Prozentpunkten und nun insgesamt 19 Sitzen in der BVV konnte die Union bei der Wahl deutlich zulegen und wurde stärkste Kraft. Obwohl sie vorne liegt, wird sie wahrscheinlich in der Opposition bleiben müssen. Denn SPD und Grüne haben angekündigt, ein gemeinsames Bündnis mit den Linken eingehen zu wollen.
Unter den neuen sechs CDU-Mitgliedern ist neben Klaus Hackenschmied, Denis McGee, Marcel Oehmen, Heinrich Schupelius und Philipp Seehofer auch Harald Sielaff.
Harald Sielaff kehrt in die CDU-Fraktion zurück
Sielaff soll im Sommer 2021 – damals Mitglied der BVV Tempelhof-Schöneberg – unter Alkoholeinfluss einen Kreuzberger Imbiss-Inhaber rassistisch beleidigt haben. Der 57-Jährige soll den Mann sogar tätlich angegriffen haben. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen Sielaff 2021 allerdings ein. Er musste jedoch knapp 4000 Euro an eine Organisation gegen Rechtsextremismus spenden.
Die CDU-Fraktion zog nach dem Vorfall keinerlei Konsequenzen, Sielaff gehörte bis zum Ende der Wahlperiode der BVV an. Und auch bei der Wahl im Herbst 2021 stand er wieder auf der Kandidatenliste, schaffte es jedoch nicht in das bezirkliche Gremium. Das ändert sich nun mit dem starken Zuwachs der Union. Sielaff sitzt wieder in der BVV. Und die CDU?
Für CDU-Kreisverband ist Angelegenheit abgeschlossen
Die hat nicht vor, Sielaff auszuschließen. „Der Vorfall liegt nunmehr über zwei Jahre zurück. Harald Sielaff hat seinerzeit bereitwillig an der Aufklärung mitgewirkt und sich entschuldigt“, erklärt der CDU-Kreisverband Tempelhof-Schöneberg in einer schriftlichen Stellungnahme. „Harald Sielaff wird durch seine Arbeit deutlich machen, dass die CDU Tempelhof-Schöneberg und auch er ganz persönlich für ein buntes und vielfältiges Berlin steht, in dem Rassismus keinen Platz hat“, heißt es dort weiter.
Sielaff selbst gibt auf Nachfrage an, sich zu der Sachlage nicht äußern zu wollen, verweist lediglich auf den Kreisverband seiner Partei.
Penk (Grüne): „Wir sind nicht begeistert von seiner Rückkehr.“
Bei der SPD betrachtet man Sielaffs Rückkehr als problematisch. „Die CDU muss endlich eine klare Haltung finden,“ sagt Fraktionsvorsitzende Marijke Höppner. Sie habe Sorge, dass sich die Kultur in der BVV ins Negative verändern könnte. Noch deutlicher wird Rainer Penk, Fraktionsvorsitzender bei den Grünen.
„Wir sind nicht begeistert von seiner Rückkehr.“ Sielaff habe nicht gezeigt, dass er sein Verhalten reflektiere. „Er hat immer versucht, die Sache zu verheimlichen“, sagt Penk. Die Zusammenarbeit mit ihm sei vorbelastet.
Grüne verlieren einen Sitz in der BVV
Schwund gibt es auch bei den Grünen. Sie verlieren einen Platz. In Person ist Ronja Losert ausgeschieden. Während bei AfD und Linken keinerlei Veränderung bei der Anzahl der Sitze zu verbuchen ist, schrumpft die FDP-Fraktion auf nur noch zwei Personen und verliert damit ihren Fraktionsstatus.
Ob sich die BVV auch neu konstituieren soll, darüber konnte der Ältestenrat, der aus Mitgliedern aller Fraktionen besteht, bisher keine Einigung erlangen. „Darum starten wir am Mittwoch erst mal eine ganz normale BVV“, sagt BVV-Vorsteher Stefan Böltes (SPD). Er rechne jedoch damit, dass ein bestimmtes Thema schnell zu Diskussionen führen wird: Nachdem die CDU stärkste Fraktion wurde, beansprucht sie auch für sich, den BVV-Vorsteher aus den eigenen Reihen vorschlagen zu können.
Unklar, ob Fachausschüsse aufgelöst werden müssen
„Es ist gut denkbar, dass es einen Abwahlantrag gibt“, so Böltes. Da die CDU keinerlei gesetzlichen Anspruch hat, den Vorsteher zu stellen, gibt die SPD die Position auch nicht freiwillig auf.
Zu klären ist auch noch, wie in Zukunft mit den Fachausschüssen umzugehen ist. Die Sitzverteilung hat sich nach der Wahl verändert und auch bei den Vorsitzenden wird es zu Wechseln kommen.
Die Tagesordnungder BVV am 22. März finden Sie hier.
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