Berliner helfen

So können Senioren wieder aktiv am Leben teilnehmen

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Hausbesuch in Mariendorf: Lotsin Annette Jooss (r.) im Gespräch mit Regina (71).

Hausbesuch in Mariendorf: Lotsin Annette Jooss (r.) im Gespräch mit Regina (71).

Foto: Katrin Lange

Das Projekt „Berliner Hausbesuche“ gibt es jetzt in sieben Bezirken. Lotsen beraten Senioren bei Angeboten wie Sport und Pflege.

Berlin.  Aktiv war Regina schon immer. Reisen, Theater, Spazierengehen. Am liebsten hat die 71-Jährige Aquafitness gemacht, überall, wo es möglich war, in privaten oder städtischen Bädern. Doch dann kam Corona und zwang sie zur Pause. Jetzt wollte sie wieder neu starten. Doch wo findet es überhaupt noch statt? Den entscheidenden Tipp bekam sie von Annette Jooss. Sie ist Lotsin bei dem Projekt „Berliner Hausbesuche“ und hat sich ans Telefon gehängt. Im Kombibad Mariendorf der Berliner Bäderbetriebe, das alle nur Ankogelbad nennen, kann Regina spontan zur Wassergymnastik kommen. Ohne Zehnerkarte, ohne Mitgliedschaft, sie muss nur rechtzeitig da sein.

Mit dieser Information ist die Mariendorferin ein ganzes Stück weiter. „Es gibt eine Fülle von Angeboten, nur man muss sie kennen“, sagt die ehemalige Grundschullehrerin. Genau dafür hat die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege das Projekt „Berliner Hausbesuche“ mit dem Malteser Hilfsdienst entwickelt. Das 2021 in Charlottenburg und Hohenschönhausen gestartete Pilotprojekt wurde gerade auf fünf weitere Bezirke ausgeweitet. So sind die Lotsinnen und Lotsen jetzt auch in Lankwitz, Mariendorf, Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf und im Allendeviertel unterwegs.

Post für Bewohner ab dem 70. Lebensjahr

In diesen Regionen haben die Bewohner ab dem 70. Lebensjahr Post vom Bezirksamt bekommen. In dem Schreiben wird ihnen ein Hausbesuch angeboten, bei dem sie Experten der Malteser über Themen wie Gesundheit, Pflege und Freizeitangebote in ihrem Lebensumfeld informieren. Es ist als präventives Angebot gedacht, um auch im Alter selbstbestimmt ein abwechslungsreiches und vitales Leben zu führen. Ältere Berlinerinnen und Berlinern soll frühzeitig der Zugang zu Aktivitäten in ihrem Bezirk erleichtert werden. Mehr als 350 Menschen haben bisher „Berliner Hausbesuche“ erhalten.

Allein in der Region Mariendorf in Tempelhof-Schöneberg sind es seit dem Start des Projekts im Januar schon mehr als 30 Hausbesuche. „Das Interesse ist groß“, sagt Lotsin Annette Jooss. Nachgefragt seien Angebote für Sport, Freizeit und Kultur, aber auch Hilfe bei digitalen Medien oder der Anschluss an Spaziergangsgruppen. Manche würden auch gern selbst ein Ehrenamt übernehmen und bräuchten dafür Hinweise. Nachgefragt seien aber auch alle Themen rund um die Pflege, wie Pflegegrade und Wohnraumanpassungen. Dann könne sie zum Beispiel den richtigen Pflegestützpunkt empfehlen.

Passgenaue Angebote für jeden einzelnen Menschen

„Wir sind ein Informationsdienst“, sagt die Lotsin. Ihr Anspruch sei es, passgenaue Angebote für die Bedürfnisse des Menschen zu finden, Kontakte herzustellen und Termine zu machen. Es gehe aber auch darum, Versorgungslücken aufzudecken. Ein Thema ist in Mariendorf zum Beispiel das betreute Wohnen. Regina hat schon festgestellt, dass es da ein Problem gibt. Noch ist sie fit und aktiv. Aber sollte sie eines Tages in eine Einrichtung ziehen, in der Senioren betreut werden und dort pflegebedürftig werden, müsste sie in eine anderes Pflegeheim umziehen.

Genau das will sie aber nicht. Sie würde in diesem Fall gern in einer Einrichtung bleiben. Die Lotsen, wie Annette Jooss, geben diese Nachfragen und Versorgungslücken an die zuständigen Ämter weiter. Zwar heißt das Projekt „Hausbesuch“, die Lotsen müssen aber nicht zwingend in die Wohnung kommen. „Wir können uns auch bei uns im Büro treffen oder in der Stadt“, sagt Annette Jooss. Auch am Telefon sei eine Beratung möglich.

Gut vorbereitet auf das Gespräch

Als Regina den Brief vom Projekt „Berliner Hausbesuche“ in der Hand hielt, hat sie das Angebot sofort interessiert. „Ich habe angerufen und es war sogar ein echter Mensch dran, der auch noch nett war“, sagt die Seniorin und lacht. Sie hat alle Bereiche, für die sie Informationen braucht, aufgezählt: Das sind neben den Themen Seniorensport und Aquafitness auch noch die Nachlassregelung, Sicherheit in der eigenen Wohnung und Hilfe beim neuen Tablet. Nach dem ersten Gespräch, hat Annette Jooss angefangen zu telefonieren: mit Schwimmbädern, Anwälten, Pflegestützpunkten. Dann haben sich die Frauen getroffen. „Ich war überrascht, wie gut sie auf alle Fragen vorbereitet war“, sagt Regina über Lotsin Annette Jooss.

Zur Information:

Die „Berliner Hausbesuche“ werden von geschulten Expertinnen und Experten des Malteser Hilfsdienstes, etwa Sozialarbeitern, Gesundheitswissenschaftlern oder erfahrenen Pflegekräften, durchgeführt. Die sogenannten Lotsinnen und Lotsen stellen beispielsweise den Kontakt zu Pflegeeinrichtungen her oder helfen bei der Suche nach einem Chor oder einer Seniorengruppe in der Nachbarschaft.

Mehr Informationen zum kostenlosen Informationsangebot der „Berliner Hausbesuche“ gibt es unter www.berliner-hausbesuche.de sowie unter der Rufnummer 030 – 34 80 03 255.

Das Büro für Tempelhof-Schöneberg ist in der Felixstraße 33 unter 030/348 003 241 zu erreichen.