Berlin. Der Vorsprung ist hauchdünn: Mit gerade einmal 0,1 Prozentpunkten vor der SPD werden die Grünen mit 23,6 Prozent in Tempelhof-Schöneberg bei den Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zur stärksten Kraft gewählt. Damit gingen 265 Stimmen mehr an die Grünen. Für die bisherige Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler von der SPD bedeutet dies das Ende an der Rathaus-Spitze nach zwei Legislaturperioden. Ihr Nachfolger soll der Grünen-Politiker Jörn Oltmann werden, bisher Baustadtrat in Tempelhof-Schöneberg.
Im Vergleich zu den Wahlen 2016 gewannen die Grünen nun 1,7 Prozentpunkte dazu. Bezirksbürgermeisterkandidat Oltmann twitterte in der Nacht auf Montag: „Das ist ein Hammerergebnis! (...) Tempelhof-Schöneberg ist zum ersten Mal GRÜN!!!!“ Die SPD – bisher stärkste Kraft im Bezirk – verlor 1,2 Prozent und rückt damit nur noch auf Platz zwei. Auf Platz drei landet erneut die CDU (20,8 Prozent). Der größte Verlierer ist klar die AfD. Sie verlor 5,3 Prozentpunkte und erreicht nur noch 5,6 Prozent. Genug Stimmen für Sitze in der BVV haben auch Linke (8,8 Prozent) und FDP (7,0 Prozent).
Zählgemeinschaft zwischen Grünen und SPD möglich
Nach jetzigem Stand ist eine Zählgemeinschaft zwischen Grünen und SPD (je 15 Sitze), zwischen CDU (13 Sitze) und Grünen sowie SPD und CDU möglich. Verhandlungsgespräche würden jedoch erst noch stattfinden, teilte etwa Nina Freund, Kreisvorsitzende der Grünen in Tempelhof-Schöneberg, auf Nachfrage mit. Solange Gespräche liefen, treffe man keine Aussagen über mögliche Partnerschaften.
Rechnerisch möglich ist auch, dass die Grünen eine Zählgemeinschaft ohne die SPD bilden. In diesem Fall wäre jedoch eine Zusammenarbeit mit der CDU und einer weiteren Partei notwendig, etwa den Linken. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich Grüne und SPD erneut in einer Zählgemeinschaft zusammentun – wie bereits in der Wahlperiode zuvor.
Grüne holen Erststimmenmehrheit in drei Wahlkreisen
Die Bildung einer Zählgemeinschaft verschafft den Partnerparteien eine Mehrheit bei der Wahl des Bezirksbürgermeisters oder der Bezirksbürgermeisterin. Auch bei der Verteilung der Stadtratsämter ist das ein Vorteil. Usus ist, dass die Partei mit den meisten Stimmen, in diesem Fall die Grünen, nach den Wahlen zu Sondierungsgesprächen einlädt.
Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus konnten die Grünen bei den Erststimmen drei Wahlkreise in Tempelhof-Schöneberg (Tempelhof-Schöneberg 1, 2, 4) für sich gewinnen. Direkt ins Abgeordnetenhaus gewählt, wurden demnach Catherina Pieroth-Manelli (Schöneberg Süd), Sebastian Walter (Schöneberg Nord) und Aferdita Suka (Tempelhof). Während es für Pieroth-Manelli und Walter eine Wiederwahl ist, zieht Suka erstmals ins Landesparlament ein. In der vergangenen Wahlperiode saß sie in Tempelhof-Schöneberg in der BVV.
Christian Zander (CDU) zieht erneut ins Abgeordnetenhaus
Die SPD holte die Wahlkreise 3 und 5 – in der geografischen Mitte des Bezirks –, für die Orkan Özdemir (Friedenau, Lindenhof und Marienhöhe) und Lars Rauchfuß (Mariendorf Nord) ins Abgeordnetenhaus einziehen werden. Beide waren bislang in der BVV in Tempelhof-Schöneberg aktiv.
Die CDU holte die Erststimmenmehrheit der Wahlkreise 6 und 7 im Süden des Bezirks. Damit direkt ins Abgeordnetenhaus gewählt sind Scott Körber (Marienfelde) und Christian Zander (Lichtenrade) – letzterer saß bereits im Abgeordnetenhaus.
Direkt in den Bundestag einziehen darf Kevin Kühnert, Kandidat der SPD.
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