Vor dem Wohnhaus des Regierenden Bürgermeisters wurden plötzlich Halteverbotsschilder aufgestellt. Das bringt Michael Müller in Rage.
Beim Sommerfest der Berliner Sozialdemokraten am Freitagabend hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) in seiner Festansprache bereits ordentlich gegen die Radverkehrspolitik der grünen Stadträtin Christiane Heiß in seinem Heimatbezirk Tempelhof-Schöneberg gewettert. Denn die hat dazu geführt, dass in dieser Woche vor seinem Wohnhaus plötzlich Halteverbotsschilder aufgestellt wurden, ohne dass die nichts ahnenden Anwohner zuvor informiert wurden.
Doch nicht nur die umgehend verteilten Knöllchen für seine arglosen Nachbarn brachten den Regierenden in Rage, sondern auch der Umstand, dass dort dauerhaft 20 Parkplätze vernichtet werden. Auf der rot-rot-grünen Senatsklausur am Sonnabend sei dies aber kein Thema gewesen, versicherte der Regierende, sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht – wohl auch, um den unschönen Eindruck zu widerlegen, er handele nur deshalb so entschieden, weil sich das Parkproblem diesmal vor der eigenen Tür abspielt.
Kommentar: Exempel in der Einbahnstraße
„Ich stehe dazu, den Radverkehr in Berlin zu verbessern“, sagte der Regierende am Rande der Senatsklausur. Dies müsse aber klug geschehen. „Das erwarte ich auch vom Bezirk. Die Senatsbeschlüsse müssen so umgesetzt werden, dass „wir nicht Krieg gegen die Autofahrer führen“, forderte Müller. Dies gelte für alle Straßen, so der Regierungschef.
Tatsächlich hat sich die Opposition schon auf das Thema eingeschossen. „Weil seine Tempelhofer Idylle gestört ist, lässt Michael Müller es gleich richtig krachen“, polterte etwa der Generalsekretär der Berliner CDU Stefan Evers, am Sonnabend. Es gehe um insgesamt zwölf Parkplätze, so der Unionspolitiker. „Schlimm genug, aber die Stadt hat größere Probleme“, so Evers weiter.
Radfahrer begrüßen neuen Freiraum auf der Straße
„Man kann es auch übertreiben“, sagt Rentner Erhard Scholz, kurz nachdem er am Sonnabendmittag sein Auto an der Ecke Schulenburgring in Tempelhof abgestellt hat. „Manchmal kommt es mir so vor, als seien denen im Bezirksamt die Fahrräder wichtiger als die Autos.“ Das wiederum begrüßt die 29-jährige Radfahrerin Charlotte ausdrücklich. Sie fahre oft aus Mitte hierher nach Tempelhof. Das sei dort problematisch, „wo die Autos so eng parken, wie es hier meist der Fall ist.“ Ihre Schwester sei mit dem Fahrrad in so einer Situation angefahren und schwer verletzt worden.
Auch bei den Initiatoren des Fahrradvolksentscheids kommt der Wutausbruch des Regierenden gar nicht gut an. „Michael Müller hat seine Nachbarn in Tempelhof aufgerufen, gegen Festlegungen in seinem eigenen Koalitionsvertrag zu protestieren“, kritisierte das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg am Sonnabend. „Dass ein Berliner Bürgermeister öffentlich dazu aufruft, die Koalitionspartnerin auf Bezirksebene zu kritisieren, sei ein einmaliger Vorgang, sagte Netzwerk-Sprecher Norbert Michalke. „Im Koalitionsvertrag steht, dass Einbahnstraßen, soweit möglich in beide Richtungen für den Radverkehr geöffnet werden sollen.“ Nichts anderes sei am Schulenburgring geschehen.