Geschichte

Sieben Stolpersteine vor der Villa Schocken in Schlachtensee

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Architekt und Autor Jochen Mindak hat ein Buch über die Villa Schocken geschrieben.

Architekt und Autor Jochen Mindak hat ein Buch über die Villa Schocken geschrieben.

Foto: Katrin Lange

Dass der jüdische Unternehmer und Kaufhausbesitzer Salman Schocken in dem Haus gelebt hat, war lange Zeit nicht bekannt.

Berlin.  Es ist noch nicht lange her, als das Haus an der Limastraße 29 in Schlachtensee sein Geheimnis preisgegeben hat. Für die Anwohner gehörte die große Villa schon immer zum Ortsbild, mehr nicht. Dass sie besondere Besitzer und Bewohner hatte, wurde erst im Zuge der Stolperstein-Recherchen der Arbeitsgruppe Spurensuche bekannt. Ein Grundbuchauszug gab dem Haus eine neue Bedeutung: Unter den Besitzern des fast 10.000 Quadratmeter großen Anwesens tauchte Salman Schocken auf.

Dass der jüdische Kaufhausbesitzer dort gewohnt hatte, war neu für die Arbeitsgruppe, die sich vor Jahren in Schlachtensee gegründet hatte. Mitglied Jochen Mindak hat schließlich die Geschichte des Hauses erforscht und in dem Buch „Die Schocken Villa“ im Transit-Verlag veröffentlicht. Um die Geschichte des Hauses jetzt auch in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen, werden am Donnerstag, 23. März, 11 Uhr, sieben Stolpersteine für die Familie Schocken vor dem Haus verlegt.

Salman Schocken ist Thema eines Gemeindeabends

Einen Tag zuvor ist ein Gemeindeabend um 18 Uhr in der Johanneskirche, Matterhornstraße 37-39, geplant. Die AG Spurensuche berichtet über Salman Schocken, sein Wirken als Kaufmann, als Bauherr, als Zionist und als Verleger in Berlin, später in Palästina und in den USA.

Die Villa war unter der Leitung des Architekten Hermann Muthesius 1907/1908 erbaut worden. Salman Schocken, ein erfolgreicher Kaufmann, der mit seinem Bruder viele Warenhäuser vor allem in Thüringen und Sachsen, aber auch in Stuttgart besaß, hatte sie 1927 gekauft.

Neben seiner wirtschaftlichen Tätigkeit war das Ziel Salman Schockens – so die Auskunft der Arbeitsgemeinschaft – die Identität der Juden in Deutschland zu stärken. Er gründete in Berlin einen jüdischen Verlag, der bis 1938 Bücher jüdischer Autoren verlegen konnte und unterstützte Juden in Not.

1933 emigrierte die ganze Familie nach Israel und in die USA

Salman Schocken erkannte frühzeitig die Gefahr, die durch die Nazis entstanden war und organisierte schon Ende 1933 die Emigration seiner ganzen Familie nach Israel und in die USA. Seine Firmen und sein Haus wurden ihm alle schrittweise bis 1939 geraubt.

Die Villa wurde 1938 „arisiert“ und fortan von einem vermögenden Nazi bewohnt. Nach dem Krieg übernahmen die Amerikaner das Haus, die CIA überlies die Villa schließlich dem „Ausschuss Freiheitlicher Juristen“. Die Ausschussmitglieder befragten und überprüften damals jeden DDR-Flüchtling, um herauszufinden, ob er eventuell als Spitzel eingeschleust werden sollte.

Nachdem das Haus lange leer stand, wurde es Anfang der achtziger Jahre von Hausbesetzern bewohnt, bis das große Gelände durch einen Bauinvestor gekauft und unter Erhalt des alten denkmalgeschützten Muthesius-Baus mit zwei weiteren neuen Gebäuden bebaut wurde. So entstanden neue Wohnungen in Schlachtensee.

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