Berliner helfen

Wenn ein Alpaka und ein Lama zu Besuch ins Hospiz kommen

| Lesedauer: 4 Minuten
Bewohnerin Lieselotte Strempel, Pflegedienstleiterin Doreen Kossack und Olga Weinert vom Lama-Zentrum (v.l.) mit Lama Fontano und Alpaka Mandu.

Bewohnerin Lieselotte Strempel, Pflegedienstleiterin Doreen Kossack und Olga Weinert vom Lama-Zentrum (v.l.) mit Lama Fontano und Alpaka Mandu.

Foto: Katrin Lange

Die beiden Tiere bringen den schwerkranken Menschen Abwechslung und Freude in den Alltag.

Berlin.  Sie sind bereit für den Einsatz: Noch stehen Fontano, ein stattlicher hell-gefleckter Lama-Hengst, und der kleine, braune Alpaka-Hengst Mandu auf der Terrasse in der Sonne. Gleich wird es hinein gehen, in die Zimmer, zu den Betten. Die Tiere werden bereits erwartet. Sie werden sich streicheln und füttern lassen oder einfach am Bett stehen und summen. Das machen sie, wenn sie entspannt sind, also ziemlich oft. Es ist ein Geräusch, das auch die Menschen entspannt, sie aus ihrem Alltag herausholt, sie aufleben lässt, an einem Ort, an dem das Leben zu Ende geht. Das Lama-Alpaka-Gespann ist zu Gast im Diakonie Hospiz Wannsee.

Einmal im Monat, immer an einem Dienstag, bringt Olga Weinert die beiden Tiere vom Lama-Zentrum Berlin-Brandenburg in Stahnsdorf nach Wannsee. Zwölf Lamas und drei Alpakas stehen bei ihr auf der Weide. Die Geschäftsführerin und Fachkraft für Tiergestützte Intervention bietet mit den Tieren Therapien und Weiterbildungen an, Seminare und Achtsamkeitstrainings, aber auch Wanderungen mit den Lamas und Alpakas im Naturschutzgebiet.

Lamas spucken nicht einfach herum

„Sie haben einen unglaublich netten und geduldigen Charakter“, sagt Olga Weinert über die Tiere. Sie seien gleichbleibend freundlich, sehr konzentriert und schließlich auch stubenrein. Ob am Bett oder am Rollstuhl – sie würden ruhig stehenbleiben, genau zuhören und sich streicheln lassen. Die Tier-Expertin räumt noch mit einem Vorurteil auf: Nein, Lamas spucken nicht einfach ohne Grund. Wenn sie es tun, dann nur um die Rangfolge zu klären.

Unterstützt wird der Besuch der Tiere im Hospiz in Wannsee von der Stiftung „Zuversicht schenken“ und dem Verein „Berliner helfen“ der Morgenpost. Die Stiftungsgründer Iris und Ulf Schneider „hatten das Bedürfnis, zu helfen und zu teilen, weil es uns gut geht“, erzählen sie beim Besuch der Tiere. Die Lankwitzer wollen im Leben und im Sterben Zuversicht schenken. Deshalb engagieren sie sich in der Hospizarbeit und für ein Projekt in Sambia, mit dem sie Frauen und ihre Kinder unterstützen. „Wir versuchen Dinge zu ermöglichen, die die Krankenkassen nicht übernehmen“, sagt Ulf Schneider. Kleine Sachen, die den Unterschied zum Alltag ausmachen und für die Gäste, wie die Hospizbewohner genannt werden, etwas Besonderes sind.

Mit Hospizgeschäftsführer Walther Seiler war er sich sofort einig über das Lama-Alpaka-Projekt. „Die Gäste im Hospiz sind auf unterschiedliche Art und Weise zu erreichen, manche zum Beispiel über Berührungen, andere über Töne und Fühlen“, sagt Walther Seiler. Viele würden sich in Anwesenheit der Tiere öffnen, erzählen und erinnern. Die Tiere könnten aber auch eine Brücke zwischen den Angehörigen und den Gästen sein – zum Beispiel in schwierigen Situationen.

Im Diakonie-Hospiz Wannsee gehören Tiere schon Länger zum Alltag. So ist zum Beispiel ein Hund regelmäßig zu Besuch im Haus. Fast fünf Jahre lang kam aber auch das damals stadtweit bekannte „Pony 13“ zu den Gästen. Das Pferd schritt über den Flur, schaute in die Zimmer hinein und besuchte jeden, der es wünschte. Nachdem es überraschend gestorben war, wollten alle wieder ein neues Tier. Pflegedienstleiterin Doreen Kossack hat sich dann umgesehen und ist dann im Lama-Zentrum in Stahnsdorf fündig geworden.

Beim Füttern kommen die Erinnerungen zurück

Jetzt sind Fontano und Mandu die Attraktion im Hospiz in Wannsee. Lieselotte Strempel hat sich bereits auf diesen Tag gefreut. Seit fast einem halben Jahr wohnt die 83-Jährige im Hospiz, die Krankheit, der Krebs, ist ihr an diesem Tag nicht anzusehen. Sie hat die blaue Futterschüssel mit Heu und Kräutern auf dem Schoß, in die die beiden abwechselnd ihre Nasen reinhalten.

„Das riecht wie auf einer Bergwiese“, sagt Lieselotte Strempel. So gut und frisch. Ja, sie sei gern in die Berge gefahren, in die Alpen oder nach Österreich, erzählt die Seniorin, die früher im Büro gearbeitet hat. Zwei Kinder hat sie großgezogen, erst in der Gropiusstadt, dann in Schlachtensee. Aber auch das Meer, die Nordsee, habe sie gern gemocht. Sie seien nie sehr weit verreist, dafür aber oft. Das Lama, das Alpaka und die Kräuter – sie bringen die schönen Erinnerungen zurück.

Mehr Nachrichten aus Steglitz-Zehlendorf lesen Sie hier