Berlin. Soll die Pacelliallee in Dahlem einen neuen Namen bekommen? Seit Historiker Julien Reitzenstein und Autor Ralf Balke vor knapp einem Jahr eine Online-Petition zur Umbenennung der Straße in Golda-Meir-Allee gestartet haben, wird über diese Frage diskutiert. Mehr als 1000 Unterschriften hat die Petition auf change.org mittlerweile bekommen. Begründet wird die Umbenennung mit dem Handeln von Eugenio Pacelli (1876-1958), dem früheren Papst Pius XII., der antisemtisch-frauenfeindliche Bemerkungen gemacht und zu den Verbrechen der NS-Zeit geschwiegen haben soll.
In der kontroversen Debatte hat sich jetzt auch Sara Nachama geäußert. Die Gründungsdirektorin des Touro-Colleges in Berlin, das zum jüdisch-amerikanischen Hochschulnetzwerk gehört, hat sich zum jetzigen Zeitpunkt gegen eine Umbenennung ausgesprochen. Sie könnte sich vorstellen, das Thema in ihr Semesterprogramm im Winter aufzunehmen, damit sich zunächst die Studenten damit beschäftigen, sagte sie kürzlich im Kulturausschuss des Bezirks Steglitz-Zehlendorf.
FDP schlägt eine „Allee des Gedenkens vor“
Sara Nachama war zu dem Ausschuss eingeladen worden, weil zwei Anträge zur Pacelliallee auf der Tagesordnung standen. So hatte die FDP-Fraktion vorgeschlagen, eine größere Straße nach der israelischen Politikerin und früheren Ministerpräsidentin Golda Meir zu benennen. Die Pacelliallee sollte hingegen in eine „Allee des Gedenkens“, ähnlich eines Geschichtslehrpfades mit Informationsstelen, umgestaltet werden.
In der Debatte im Ausschuss über eine mögliche Umbenennung der Straße sagte Sara Nachama: „Aus meiner Sicht hat Pacelli möglicherweise nicht alles in seiner Macht stehende gemacht, um der Judenvernichtung entgegenzutreten.“ Aber die Bismarckstraße in Charlottenburg soll auch nicht umbenannt werden und auch Bismarck habe sich antisemitisch geäußert. Man müsse sehr viele Straßen umbenennen, wenn man das so sehen wolle, so Sara Nachama. Eine Umbenennung der Pacelliallee halte sie für verfrüht. Denn der Vatikan sei dabei, die Archive zu öffnen, die Erkenntnisse daraus sollten erst abgewartet werden. Solange sollte man versuchen, etwas anderes zu tun. So könnten Gedenktafeln oder eine Ausstellung über das Geschehen informieren.
Linke und SPD im Bezirk für eine Umbenennung
Sowohl die Linken als auch die SPD sprachen sich dennoch für eine Umbenennung aus, während die Bezirksverordneten von CDU und Grünen für eine „Allee des Gedenkens“ plädierten, um die Geschichte zu erklären. Die beiden Anträge der FDP-Fraktion wurden vertagt. Die Fraktionen einigten sich darauf, dass das Touro-College zum Beispiel in einer Semesterarbeit einen Vorschlag vorlegen könnte. „Der Wille, in dieser Legislatur noch zu einem Vorschlag für die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu kommen, ist groß“, sagte Mathia Specht-Habbel (FDP), Vorsitzende des Kulturausschusses.