Naturschutz

Bürger kämpfen für ihren Wald in Lichterfelde

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Charlene Rautenberg
Diskussionsabend der Initiative Lebenswertes Lichterfelde in der Urania Berlin.

Diskussionsabend der Initiative Lebenswertes Lichterfelde in der Urania Berlin.

Foto: Charlene Rautenberg

Am Dahlemer Weg sollen mehr als 300 Bäume für eine Flüchtlingsunterkunft gerodet werden. Eine Bürgerinitiative macht dagegen mobil.

Berlin. In der Urania Berlin sind am Mittwochabend fast alle Reihen besetzt. Ein Zeichen dafür, dass das Anliegen der Bürgerinitiative Lebenswertes Lichterfelde, die zu der Podiumsdiskussion eingeladen hat, viele Menschen interessiert. Doch bei der Vorstellung der Podiumsteilnehmer wird klar, dass die wichtigsten Gäste nicht gekommen sind: Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) und Sebastian Scheel, Staatssekretär für Wohnen, sind der Einladung der Veranstalter nicht gefolgt.

Die Bürger wollen sich für das Gehör verschaffen, was sie schon seit Monaten bewegt: Das kleine Wäldchen am Dahlemer Weg 247, seit 60 Jahren eine geschützte Grünanlage, soll einer modularen Unterkunft für 500 Flüchtlinge (MUF) weichen. Trotz aller fachlich fundierten Argumente gegen die Bebauung des Waldbiotops halte Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Bezirksbürgermeistern von Steglitz-Zehlendorf, an dem Bauvorhaben fest, kritisieren die Mitglieder der Bürgerinitiative.

Initiative fühlt sich von Bezirkspolitik allein gelassen

Bis zum Herbst soll laut der Initiative mit der Rodung von über 300 Bäumen begonnen werden. Passend zum Thema projiziert ein Beamer an die Wand: „39 Prozent von Berlin ist versiegelt. Eine große Gefahr bei Starkregen.“ Innerhalb von sechs Jahren habe Berlin 22.000 Stadtbäume verloren. Auf dem Podium ist man sich einig: Die Bäume müssen bleiben.

„Die Zerstörung von Grünflächen mit einer hohen Biodiversität stellt unserer Meinung kein geeignetes Mittel dar, um Immobilienprojekte jeglicher Art zu realisieren. Wir sprechen uns gegen jegliche Bebauung der gesetzlich geschützten Grünanlage aus“, sagt Henning Gerlach, Vorsitzender des Vereins Lebenswertes Lichterfelde. Es werde immer damit geworben, dass etwas gegen das Waldsterben unternommen werden muss. „Doch die Frage ist, was tatsächlich umgesetzt wird“, sagt Gerlach.

Die Initiative will sich gegen die Behauptung des Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf wehren, dass die rund 16.000 Quadratmeter große Grünfläche nur ein „wertloser Stangenwald“ sei. Die Rodung würde den einzigartigen Biotopverbund mit dem Landschaftsschutzgebiet Heinrich-Laehr-Park unwiederbringlich zerstören. Deshalb ist die Initiative seit Bekanntwerden der geplanten MUF-Standorte auf der Suche nach Alternativstandorten. Doch beide Vorschläge, eine ehemalige Übergangsunterkunft an der Thielallee 88 und eine Containeranlage an der Potsdamer Chaussee Ecke Hohentwielsteig, seien nach Angaben der Senatssozialverwaltung als MUF-Standort nicht geeignet. Deshalb ist die Initiative nun auf der Suche nach anderen Standorten. „Leider bekommen wir von der Bezirkspolitik keine Unterstützung. Es wird immer von Bürgernähe gesprochen, aber wenn man zum Dialog bereit ist, ist niemand da“, sagt Henning Gerlach.

Unterstützung von Naturschutz und Architekten

Unterstützung bekommt die Initiative vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Berlin. „Bei der gesamtstädtischen Planung ist nicht vorgesehen, dass der Wald am Dahlemer Weg bebaut wird. Wir fordern, dass Berliner Grünflächen verbindlich geschützt werden“, sagt Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des BUND Berlin e.V.

Als Planer würde er nie auf die Idee kommen, den Wald zu bebauen, sagt der Vorstand des Bundes Deutscher Architekten Berlin Andreas R. Becher. Seiner Meinung nach sei es sinnvoller, eine Gewerbeanlage nebenan zu nutzen, als einen 60 Jahre alten Wald zu roden. „Aber in Berlin habe ich das Gefühl, dass man keine Ansprechpartner findet, wenn man versucht, vernunftbasiert zu diskutieren“, sagt Becher.

Die Initiative will weiter für ihren kleinen Wald kämpfen – wenn nötig auch laut und mit Transparenten.

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