Berlin. Modernes Tanztheater, Zukunftsmuseum, Forschungsbibliothek, Depot für Sammlungen – das sind nur einige Vorschläge, die am Montagabend auf der 5. Ideenwerkstatt zur Weiternutzung des Museumsstandortes Dahlem geäußert wurden. Der Bezirk hatte die Veranstaltung gemeinsam mit dem Regionalmanagement Südwest im Vortragssaal an der Lansstraße organisiert und Vertreter aus Politik und Kultur eingeladen. Für die Debatte war es an diesem Abend eigentlich noch zu früh: Wie die 38.000 Quadratmeter künftig genutzt werden, hängt von einer Potenzialanalyse ab, die erst Ende März vorliegt. In Auftrag gegeben wurde die Studie von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die sich davon Klarheit über die zur Verfügung stehenden Flächen verspricht.
Für Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, ist jedoch schon vor dem Erscheinen der Untersuchung klar, wie es am Standort weitergeht. „Das Herz der Sammlung wird in Dahlem weiterschlagen.“ Depot, Forschungsbibliothek, Restaurierungswerkstatt, dazu Arbeitsräume für Wissenschaftler – das sei die Perspektive für den Standort. Ob überhaupt noch Flächen für eine andere Nutzung übrig seien, werde man erst wissen, wenn die Ergebnisse der Studie vorliegen. Auf die Frage, inwieweit die Museumsräume für Publikum geöffnet sein werden, antwortete Eissenhauer: „Sie werden so offen sein, wie Wissenschaftsräume öffentlich sein können.“
97 Prozent der Sammlungen lagern noch im Depot
Damit erntete er bitteres Gelächter im Saal. Denn seit dem Auszug der Sammlung im Jahr 2017 aus Dahlem wird im Südwesten vor allem darüber diskutiert, wie der Ort wieder kulturell und vor allem publikumswirksam bespielt werden kann. Derzeit ist nur noch das Museum Europäischer Kulturen (MEK) an der Arnimallee geöffnet, die anderen Sammlungen werden künftig im Humboldt-Forum gezeigt. Allerdings sind die Räume in Dahlem nicht leer: Von den 550.000 Objekten sind nur drei Prozent nach Mitte umgezogen, 97 Prozent der Sammlungen lagern noch im Depot.
Sollte die Sammlung in Dahlem verbleiben, „müsse man überlegen, ob es nicht ein öffentliches Deport wie in der Eremitage in Sankt Petersburg werden könnte“, sagte Sabine Bangert (Grüne), Vorsitzende des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten des Abgeordnetenhauses. Das sieht auch der Bezirk so, der von Anfang an forderte, dass die Türen in Dahlem wieder aufgehen. „Eine Lagerung von Kulturgütern ist keine kulturelle Nutzung“, machte Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) ihren Standpunkt klar. Die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museum für Asiatische Kunst würden in Mitte ein Glanzlicht sein. Jetzt stelle sich die Frage, welche neuen Glanzlichter es in Dahlem gebe.
Vielfalt der Räume kombiniert mit der Vielfalt der Kunst
Ideen dafür gab es einige: Christophe Knoch vom Micamoca project Berlin – einem Netzwerk für freie Künstler – könnte sich Tanz, Musik, Literaturveranstaltungen und Ausstellungen Bildender Kunst in Dahlem vorstellen. „Hier gibt es das Foyer und andere Räume, die sofort genutzt werden könnten“, so Knoch. Man müsste sie sich mit den Künstlern ansehen, denn die wüssten am besten, was man daraus machen könnte. Die Vielfalt der Räume müsse mit der Vielfalt der Kunst kombiniert werden. Berlin habe ein unglaubliches Potenzial an Künstlern, die Räume bräuchten und für die der Dahlemer Standort eine riesige Chance wäre.
Unterstützung bekam Christophe Knoch von Peter Weibel, Vorstand des Zentrums für Kunst und Medien, in Karlsruhe. Weibel plädierte dafür, mit Künstlern der Gegenwart in Dahlem zu experimentieren und damit einem Museum der Zukunft eine Chance zu geben. Eines ist sicher: „Es muss Kultur sein, die sich selbst trägt“, sagt Thomas Heilmann (CDU), Mitglied des Bundestages. Die Gebäude in Dahlem gehören zwar dem Bund, Heilmann schloss aber aus, dass der Bund kulturelle Projekte unterstützen werde.
Für Michael Eissenhauer war die Debatte am Montagabend nicht nur verfrüht, weil die Potenzialanalyse noch nicht vorliegt, sondern offenbar auch überflüssig. Seine zentrale Nachricht am Montagabend. „Die staatlichen Museen bleiben am Dahlemer Standort, der auch nie geschlossen wurde.“ Das sei schon ein Gewinn für den Bezirk, nachdem es 2008 hieß, dass die Räume komplett leergezogen werden. „Dahlem wird das Schaufenster zum Humboldt-Forum sein, eine Art Experimentierbühne“, so Eissenhauer. Hier würden Objekte lagern, die saniert oder zwischengelagert werden müssten.
Es sollen aber auch Verwaltungsmitarbeiter nach Dahlem ziehen, „denn wir haben selbst massive Platzprobleme“, sagt der Generaldirektor. Wer das Foyer nutzen wolle, bitteschön, das Geld dafür müsse er aber selbst mitbringen.