Zu zweit nebeneinander radeln, direkt auf der Fahrbahn, gemütlich, ohne groß in die Pedale zu treten und ohne Angst vor Autofahrern – das dürfen Fahrradfahrer künftig auf der Lauenburger und der Sedanstraße. Im Januar 2009 haben die Bezirksverordneten beschlossen, in den beiden Steglitzer Straßen eine Fahrradstraße einzurichten. Sieben Jahre später ist es soweit.
Bezirksstadtrat Michael Karnetzki (SPD) konnte jetzt die Bezirksverordneten informieren, dass die Fahrradstraße genehmigt ist. Die Schilder sollen demnächst angebracht werden. Es ist die erste Fahrradstraße im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. In Berlin gibt es bereits 17 solcher Straßen.
Es hat lange gedauert bis zur Genehmigung der Fahrradstraße. Dafür hat Christa Markl-Vieto (Grüne) eine Erklärung. Der Beschluss der Bezirksverordneten sei vor sieben Jahren zunächst als „nicht durchführbar“ zu den Akten gelegt worden, sagt die Bezirksstadträtin für Umwelt. Offenbar rechtfertigte der damalige Radfahrverkehr nicht die Einrichtung einer solchen Zone. Vor einem Jahr habe der Runde Tisch Fahrradverkehr, in dem Vertreter aus dem Bezirk und dem Senat sitzen, das Thema wieder aufgegriffen. „Und dann ist alles sehr schnell gegangen“, sagt sie.
Die Fahrradstraße ist auch für Autofahrer geöffnet
Es folgte eine Zählung des Auto- und Radfahrverkehrs auf der Lauenburger Straße und der Sedanstraße zwischen Feuerbachstraße und Birkbuschstraße. Herausgefunden wurde dabei auch, dass die Anwohner und Gewerbetreibenden keine Einschränkungen hinnehmen müssen. Mit diesen Erkenntnissen darf das Tiefbauamt den Beschluss nun umsetzen.
Das heißt in Zukunft: Auf der Lauenburger Straße und der Sedanstraße haben Radfahrer Vorrang. Die Fahrradstraße ist allerdings auch für den Autofahrer geöffnet. Sie müssen aber besondere Rücksicht auf die Radler nehmen, die hier auch nebeneinander fahren dürfen.
Trotz der langen Bearbeitungszeit sind die Grünen im Bezirk froh, dass es nun geklappt hat. Die Fahrradstraße sei eine echte Bereicherung, sagt Fraktionschef Uwe Köhne. Es wird nicht die einzige bleiben. 2011 haben die Bezirksverordneten beschlossen, auch auf der Markelstraße Radlern die Vorfahrt zu geben, 2013 folgte der Beschluss für die Hochbaumstraße. Noch einmal sieben Jahre auf diese Fahrradstraßen zu warten, wäre unerträglich, sagt Uwe Köhne.
Die Anwohner der Kreuzberger Bergmannstraße haben seit dem Jahr 2009 Erfahrungen mit einer Fahrradstraße. Sie wurde zwischen Südstern und Marheinekeplatz eingerichtet. „Das funktioniert gut in diesem Bereich“, sagt der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Hans Panhoff (Grüne). Er habe keine Beschwerden bekommen, was auch daran liege, dass es keine Durchgangsstraße sei. Die Fahrradstraße auf die gesamte Bergmannstraße auszuweiten, hält er hingegen für keine gute Idee. Allein wegen der vielen Geschäfte, die beliefert werden müssen, sei das Modell dort nicht erweiterbar, so Panhoff.
Bergmannstraße soll Berlins zweite Begegnungszone werden
Ohnehin gibt es ganz andere Pläne für die Bergmannstraße im Bereich zwischen Mehringdamm und Friesenstraße. Dort soll Berlins zweite sogenannte Begegnungszone entstehen. Für das Pilotprojekt wurden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung drei Orte aus 33 Vorschlägen ausgewählt. Das sind die Maaßenstraße, die Bergmannstraße und der Bereich um den Checkpoint Charlie. In einer Begegnungszone sind zwar alle Verkehrsteilnehmer und -mittel zugelassen, Vorrang haben aber grundsätzlich die Fußgänger.
Die erste wurde im Oktober 2015 in der Maaßenstraße eröffnet. Seitdem gilt Tempo 20, die Fahrbahnen wurden verschwenkt, damit nicht gerast werden kann. So richtig zufrieden scheint damit keiner zu sein. Die Gastronomen fürchten um ihre Existenz, weil sie wenig Platz auf dem Bürgersteig für Tische und Stühle nutzen dürfen. Sie rechnen mit sinkenden Umsätzen. Einige Geschäfte, die auf Kundschaft mit dem Auto angewiesen sind, klagen bereits über Einbußen von 50 Prozent. Anwohner bezeichnen das Ziel, eine ruhige Fußgängerzone zu schaffen, als verfehlt. Sie beklagen zudem, dass die Rettungswege immer zugeparkt sind.
Jeder kann bei Online-Befragung mitreden
Hans Panhoff will daraus Konsequenzen ziehen. „Es ist ein Vorteil, wenn ein anderer anfängt und man sich die Umsetzung konkret ansehen kann“, sagt der Bezirksstadtrat. Schon jetzt sei für ihn klar: „Das Modell Maaßenstraße ist kein Vorbild.“ Das Verschwenken der Fahrbahn und die Farben für die Markierung kommen für ihn nicht infrage. Es müsse für jede Straße eine eigene Lösung gefunden werden, sagt Panhoff. Dafür wurde jetzt die zweite Online-Befragung gestartet. Jeder kann mitreden.
„Wenn keiner die Begegnungszone haben will, dann kommt sie auch nicht“, so Panhoff. Aber unstrittig sei, dass im Bereich der Bergmannstraße zu schnell und zu rücksichtslos gefahren werde, alles zugeparkt sei und die Radfahrer in den fließenden Verkehr gezwängt würden. Der Stadtrat plant, im April oder Mai einen Vorschlag für eine Begegnungszone zu haben. Dann erst geht es in die konkrete Planungsphase.
Der Checkpoint Charlie ist der dritte Standort, der ausgesucht wurde. Mit den erforderlichen Studien soll aber nicht vor 2018 begonnen werden. Zuerst sollen Neubauten wie das Museum des Kalten Krieges und das Hard Rock Hotel realisiert werden.
Die Fahrradstraßen werden mit Sicherheit zunehmen. Gerade hat der Verkehrsausschuss in Friedrichshain-Kreuzberg die Einrichtung weiterer Straßen beschlossen. Auch für die Trasse der ehemaligen Siemensbahn ist ein Rad-Schnellweg im Gespräch. Die erste Fahrradstraße wurde laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2003 in der Alberichstraße in Marzahn freigegeben.