Berlin. Im Septimerbecken an der Gotthardstraße wurde eine ganz besondere Straße angelegt – allerdings nur vorübergehend.
Wer in diesen Tagen an der Gotthardstraße mit ihrem Flüsterasphalt entlang kommt, dem bietet sich ein seltsamer Anblick: Ein Bagger steht mitten im Septimerbecken. Dafür wurde in dem künstlich angelegten Reinickendorfer See eine ruckelige Straße aus Steinen aufgeschüttet, auf denen sich das Kettenfahrzeug bewegen kann. Denn eine Grundräumung des Gewässers war nötig geworden.
Aktuell wird das Becken ausgebaggert, um die Wassertiefe wieder zu erhöhen. Die Sedimente werden von der Sohle des Teiches entnommen, am Teichufer ein bis zwei Tage zwischengelagert, danach auf eine befestigte Fläche in der östlich gelegenen Grünanlage verbracht und dort entwässert. Nach Erreichen der Transportfähigkeit werden die Sedimente zu einer zugelassenen Entsorgungsanlage transportiert. Bisher wurden ungefähr 450 Tonnen entnommen, damit ist ungefähr die Hälfte des Ziels erreicht, das 800 Tonnen beträgt.
Das Septimerbecken verlandet, wie auch der Schäfersee
Das Septimerbecken wurde im Jahre 1962 angelegt, nachdem die benachbarte Siedlung von 1960 bis 1962 errichtet worden war. Es besteht aus einem ständig mit Wasser gefüllten Teich sowie einem zeitweise wasserführenden Rückhaltebecken. Der Teich zählt mit einer Fläche von rund 3000 Quadratmetern zu den kleineren Seen in Berlin. Durch natürliche Prozesse sowie durch Sedimente, die über den Schwarzen Graben und die Regenwasserkanalisation in den Teich eingetragen wurden, ist er verlandet und wurde noch kleiner in seinem Fassungsvermögen. Ein weitverbreitetes Problem. Auch der verbundene Schäfersee musste ausgebaggert werden.

Laut dem Kompetenzzentrum Wasser werden in Berlin rund 74 Prozent oder jährlich 44 Millionen Kubikmeter des Regenwasserabflusses weitgehend unbehandelt in Berlins Gewässer eingeleitet und bringen Dreck von der Straße mit. Bei jedem größeren Dauerregen füllt sich das Septimerbecken rasch und tritt schnell über das westliche Ufer. Das verschmutzte Straßenwasser überspannt dann die gesamte Senke.
Bei feuchter Witterung kann sich die Vernässung über Wochen halten. Pflanzen wie Seggenried, Röhricht und andere Feuchtigkeit liebende Krautpflanzen können sich fast in jedem Frühjahr und Sommer prächtig entwickeln. Zwar reinigt seit 1987 ein Sumpfklärbeet dieses Regenwasser und lässt es dann sauberer durch eine Röhre Richtung Hohenzollernkanal abfließen. Aber in trockeneren Zeiten ist zu beobachten, dass zwischen den Pflanzen des Talgrundes auch Straßendreck hängen bleibt oder im Teich landet. Zuletzt wurde das Becken 1975/76 und 1984 ausgebaggert.
600.000 Euro kosten die Arbeiten am Ende
Und nun ist es also wieder einmal an der Zeit. Darum also die Steinstraße. Sie dient als Damm für den Langarmausleger-Bagger, der eine Reichweite von circa 20 Metern hat. Vom Damm aus können alle gewünschten Bereiche im Becken bis fünf Meter Schutzzone vor der Böschung erreicht und ausgebaggert werden. Für den Dammbau wurde zuerst bis auf die angepeilte Sohle ausgekoffert, dann wurde ein selbst sinkendes Fließ auf der Sohle ausgebracht und anschließend darauf mit Wasserbausteinen der Damm errichtet.
Nach Beendigung der Bauarbeiten werden sowohl Fließ als auch Steine rückstandslos entfernt. Das vorgesehene Bauende liegt im Dezember 2023, „wobei dieser Zeitpunkt unter anderem von der Entwässerung der Sedimente abhängt und variieren kann“, teilt die Senatsumweltverwaltung auf Morgenpost-Anfrage mit. Am Ende wird das Ausbaggern rund 600.000 Euro gekostet haben.