Berlin. Es sind noch sieben Wochen bis Heiligabend, aber in der Hauptstadt funkelt und glitzert es schon festlich an diversen Orten.

In 51 Tagen ist Heiligabend. Es sind noch 29 Tage bis zum ersten Advent und 22 Tage bis zum Totensonntag. Es besteht Einigkeit, dass Weihnachtsmärkte erst nach diesem Datum beginnen. Doch alles ist eine Frage der Definition: Und so hat bereits am Freitag in Lichtenberg Berlins größter Weihnachtsmarkt eröffnet, der sich allerdings nicht Weihnachtsmarkt nennt, sondern Winterzauber.

Rund sieben Wochen vor Heiligabend beginnt also der Markt, der früher immer auf der inzwischen bebauten Fläche neben dem Alexa in Mitte stattfand. Bis zum 30. Dezember gibt es an der Landsberger Allee rund 70 Fahrgeschäfte, darunter eine Geisterbahn und ein Riesenrad. Außerdem werden an Ständen neben gebrannten Mandeln und Glühwein Leckereien aus Afrika, Spanien und der Türkei angeboten.

Der erste Wintermarkt begann im Oktober

Gefühlt beginnen die kaschierten Weihnachtsmärkte und anderen Vorbereitungen fürs Fest von Jahr zu Jahr früher. Die Winterwelt am Potsdamer Platz läuft zum Beispiel bereits seit 28. Oktober – besonderes Kennzeichen des Marktes, der bis zum 1. Januar stattfindet: Die riesige Rampe, von der man auf Reifen sitzend herunterrutscht und die zünftige Alm-Holzhütte. Ansonsten bekommt man dort aber auch Pokémon-Fellmützen, Rentier- und Weihnachtsmannkostüme. Dazu „Nussmischung aus aller Welt“ und die Lebkuchenherzen „Grüße aus Berlin“.

Auch die Straßenmusikantin wird weihnachtlich

Doch das ist nicht alles. Wer durch Berlin streift, merkt, dass die Stadt sich bereits Anfang November schnell auf Weihnachten einspielt. Die Violinisten im Bahnhof-Köpenick fiedelt „Can‘t help falling in love with you“ zur Bluetooth-Box. Der Song von Elvis ist zwar kein ausdrückliches Weihnachtslied, aber ein getragener Song, der auch oft zu den Festtagen läuft. „Er kommt sehr gut an bei den Leuten“, sagt die Musikerin, „ich spiele ihn sogar zweimal in der Stunde.“ In Einkaufsgegenden wie rund um den Bahnhof Köpenick gibt es verstärkt Essensstände, genau wie in der Schloßstraße in Steglitz mehrere Buden mit Glühwein und Lebkuchenherzen stehen. Beim Weihnachtsladen Käthe Wohlfahrt am Kurfürstendamm herrscht ja sowieso das ganze Jahr über Weihnachten.

Bei Käthe Wohlfart herrscht 365 Tage im Jahr Weihnachten.
Bei Käthe Wohlfart herrscht 365 Tage im Jahr Weihnachten. © Funke Foto Services | Maurizio Gambarini

365 Tage Weihnachten und Tannenbäume bei T-Shirt-Wetter

Doch auch außerhalb von Käthe Wohlfahrt hat Weihnachten schon Ende August begonnen: Die ersten Weihnachtssüßigkeiten gab es im Handel bereits Ende August, nicht einmal eine Woche nach dem Ende der Sommerferien. Da hatte sich die Temperatur von 30 Grad in der Vorwoche auf 20 Grad abgekühlt. Was ganz gut war für Dominosteinliebhaber, denn ab ungefähr 23 Grad Celsius wird Schokolade zunehmend weich, ab 37 Grad flüssig. Anfang Oktober stellte ein Deko-Laden an der Friedrichstraße die ersten Plastikweihnachtsbäume raus. Die Passanten liefen da noch in T-Shirts vorbei.

Vor dem KaDeWe strahlt bereits der Weihachtsbaum.
Vor dem KaDeWe strahlt bereits der Weihachtsbaum. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Eine Verfrühung des Weihnachtsgeschäfts in diesem Jahr können jedoch weder Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, noch Romy Schubert von der AG City feststellen. Allerdings haben auch sie am Dienstagabend schon 20 kleine Nordmanntannen zwischen Wittenbergplatz und Rankestraße gepflanzt. „Die müssen ja zum Advent rechtzeitig fertig sein.“ Übrigens strahlt die große Tanne auf dem Mittelstreifen vor dem KaDeWe bereits komplett geschmückt.

Und der benachbarte Nollendorf-Kiez bereitet sich schon lange vor dem Ewigkeitssonntag auf die LGBTQIA*-Winterdays am Nollendorfplatz vor: Die queere Community lädt auch in diesem Jahr wieder zu Streetfood, kandierten Äpfeln und Glühwein unter die Hochbahn. Ab 10. November präsentieren sich Initiativen, Vereine und Organisationen der LGBTQIA*-Community, ab 27. November geht dann die Christmas Avenue an den Start.

Der Glühwald vor der Mercedes-Benz-Arena in Friedrichshain eröffnet am Sonnabend.
Der Glühwald vor der Mercedes-Benz-Arena in Friedrichshain eröffnet am Sonnabend. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Wo der Westen vorlegt, will der Osten nicht nachstehen: Vor der Mercedes-Benz-Arena in Friedrichshain wurden gestern Holzbänke aufgestellt, Rindenmulch verteilt und die Tannenbäume - noch in Netze verpackt - als eine Art Weihnachtshecke aufgestellt. Ab Sonnabend strahlt dort der sogenannte „Glühwald“ mit Winzer-Glühwein.

Pfarrer ist dafür, auf den Totensonntag zu warten

In Spandau übt man sich in Geduld. Der Markt in der Spandauer Altstadt gilt als einer der schönsten. Und er beginnt am 27. November. Diesen späten Termin begrüßt der Spandauer Pfarrer Alexander Remler. „Für mich ist der Rhythmus des Kirchenjahres etwas ganz Entscheidendes in meinem Leben. Das Kirchenjahr hat Höhen und Tiefen. Und bevor es im Advent und Weihnachten ganz hell und licht werden kann, wird es noch einmal ganz dunkel. Das ist der Ewigkeitssonntag, von manchen auch Totensonntag genannt. Deshalb fällt es mir schwer, vor dem Ewigkeitssonntag schon an Advent und Weihnachten zu denken“, sagt der Kirchenmann.

Pfarrer Alexander Remler denkt vor dem Ewigkeitssonntag nicht an Weihnachten.
Pfarrer Alexander Remler denkt vor dem Ewigkeitssonntag nicht an Weihnachten. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Und trotzdem weiß er durch Gespräche mit den Menschen, wie vielen die ganze Welt-Situation aufs Gemüt schlägt und dass sie Ablenkung suchen. „Gerade in unserer schweren Zeit ist es besonders nötig, an Hoffnung festzuhalten“, sagt er, aber das müsse ja nicht der verfrühte Weihnachtsmarkt sein.

Kai Wegner eröffnet die Weihnachtsbaumsaison

Und doch muss man irgendwann mit den Weihnachtsvorbereitungen auch anfangen. Der Regierende Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), begibt sich auch langsam in Weihnachtsstimmung. Zusammen mit dem Gartenbau-Präsidenten Klaus Henschel wird er heute, am Sonnabend, auf den Produktionsflächen der Späth’schen Baumschulen in Königs Wusterhausen die Weihnachtsbaumsaison eröffnen. „Aber mit dem Verkauf starten wir erst Anfang Dezember“, sagt Geschäftsführer Holger Zahn. Und der Großteil der Weihnachtsbaumkäufer komme nach dem zweiten Advent.