Berlin. Schon Ende der 1960er Jahre war den Bewohnern des damals frisch gebauten Märkischen Viertels (MV) eine U-Bahn-Anbindung versprochen worden. Bis heute ist sie weder erfolgt, noch in Sicht. Zudem hat Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) jüngst ein ganz neues Projekt ins Gespräch gebracht: die Prüfung einer U-Bahn nach Weißensee. Und davor hat sie nun die Verlängerung der U3 bis Mexikoplatz gelegt, diese könnte bis Ende 2031 bis zum Mexikoplatz fahren. Und die Wirtschaftlichkeit einer Verlängerung der U7 zum BER wird untersucht.
Aber was ist mit der Verlängerung der U8, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist? „Die Entwicklung eines Arbeitsplans für weitere Maßnahmen befindet sich derzeit in Erarbeitung“, antwortet die Senatsverkehrsverwaltung auf Anfrage.
Klaus Teller, verkehrspolitischer Sprecher der SPD Reinickendorf kennt die schleppende Diskussionen um die Verlängerung der U8 seit Jahrzehnten. Er ist verärgert, aber nicht überrascht. „Es wird immer wieder ein neues weißes Kaninchen aus dem Hut gezogen, wenn es darum geht, warum die Verlängerung der U8 gerade noch nicht angegangen werden kann“, sagt Teller im Gespräch mit der Morgenpost. Dabei sei der Tunnel der U8 bis zum Märkischen Zentrum ja bereits zumindest halbseitig vorhanden.
Wohl bei kaum einem anderen Thema wie dem nötigen Schienenanschluss des Märkischen Viertels besteht in Reinickendorf solche Einheit unter den Parteien, auch wenn es natürlich Unterschiede im Detail gibt.
Tram statt U-Bahn?
Der Verkehrsexperte der Reinickendorfer Grünen, Jens Augner, findet eine U-Bahn eher ungünstig: „Abgesehen von kleinen Lückenschlüssen sind neue U-Bahn-Bauten ungünstig, da extrem teuer und langwierig. Die Verkehrsprobleme brauchen kurzfristigere Lösungen“, findet er.
Er ist für eine Straßenbahn auf dem Wilhelmsruher Damm: „Auch wenn der neue Senat trotz der Wahlkampfankündigungen die U8 nicht ins Märkische Viertel verlängert, muss endlich eine andere schienengebundene Anbindung des MV angegangen werden. So ist die Tramanbindung vom Kurt-Schumacher-Platz ebenso zu prüfen wie die wegen der Querung der Heidekrautbahn kompliziertere Verlängerung der Tram von Rosenthal.“
Für SPD-Mann Teller ist eine Tram jedoch keine Lösung. „Das gibt die Platzsituation auf dem Wilhelmsruher Damm nicht her.“ Auch der Reinickendorfer FDP-Politiker David Jahn findet, dass die Großsiedlung Märkisches Viertel, die bisher nur per Bus ab Wittenau zu erreichen ist, fest angebunden werden muss. „45.000 Menschen im Märkischen Viertel warten seit Jahrzehnten auf die längst versprochene Verlängerung der U8. Sowohl CDU als auch SPD haben im Wahlkampf für die U-Bahn geworben“, erinnert er.
Reinickendorfer CDU glaubt an baldige Planung
Der Reinickendorfer AfD-Abgeordnete Rolf Wiedenhaupt spricht sogar von einem Verrat am Bezirk angesichts der U-Bahn-Planung: „Diese wichtige Verlängerung lässt sich aufgrund der vorhandenen baulichen Gegebenheiten bis zum Ende des Jahrzehnts fertigstellen. Die CDU-Verkehrssenatorin verrät den Bezirk Reinickendorf, wenn sie alle möglichen Verbindungen prüfen lässt, aber die U8 beerdigt.“
Von Beerdigung oder Beendigung hat allerdings niemand gesprochen. Und der Reinickendorfer CDU-Fraktionschef Marvin Schulz ist überzeugt, dass die Verkehrssenatorin seiner Partei auch den Verkehr in seinem Bezirk im Auge hat. Er habe immer wieder auch bei Ortsterminen den Eindruck gewonnen, dass das Projekt angegangen werde. Zudem findet er: „Wenn Gelder zur Durchführung der Nutzen-Kosten-Rechnung in den Doppelhaushalt 24/25 eingestellt werden sollen, ist das ja ein Zeichen dafür, das das Projekt U8-Verlängerung zeitnah vorangetrieben wird.“
Die Senatsverkehrsverwaltung antwortet auf Morgenpost-Anfrage nach einer Terminplanung: „Einen konkreten Untersuchungsstart können wir für die U8 derzeit noch nicht nennen.“
Schreiner will U8 „stärker in den Fokus“ nehmen
Bei einer BVG-Veranstaltung am Mittwoch versprach Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) jedoch, die U8 „wieder stärker in den Fokus“ zu nehmen. Möglicherweise aber mit verkürzter Streckenführung, also nur ans Märkische Viertel heran, und nicht hinein, weil dazu wohl eine kompliziertere und somit teure Kurve nötig werde. Vom möglichen Anschluss an die Heidekrautbahn, gerade für Pendler, redet niemand mehr.
Nach Auskunft der Senatsverkehrsverwaltung wird für U-Bahn-Planungen grundsätzlich grob mit sieben Jahren für die gesetzlich vorgeschriebenen Planungsphasen gerechnet, für das Planfeststellungsverfahren können ein bis drei Jahre eingeplant werden, abhängig von den Einwendungen. Die eigentliche Bauzeit ist dann abhängig von der Streckenlänge. Für den grünen Verkehrsexperten Jens Augner steht fest: „Das dauert bis zum Sank Nimmerleinstag.“
Mehr Neuigkeiten aus Reinickendorf lesen Sie hier.