Berlin. Eigentlich ist es eine ruhige Oase im Tegeler See, die nur mit der Fähre zu erreichen ist. Aber zuletzt befand sich die Schulfarm Insel Scharfenberg in nicht gerade ruhigen Gewässern. Immer wieder war sie ohne aktive Schulleitung, sei es wegen Krankheit oder weil die Position unbesetzt war. Zuletzt wurde der kommissarische Schulleiter Matthias Völzke Ende April von der Schulverwaltung abberufen, um die Stelle neu fest zu besetzen. Seine Schüler hatten zuvor schon für ihn demonstriert. Völzke klagte gegen seine Abberufung, das Besetzungsverfahren ist ausgesetzt. Und zum neuen Schuljahr kam nun überraschend ein neuer Kommissarischer Schulleiter.
In einem Schreiben stellt sich Matthias Waldow vor. Er richtet sich an die „liebe Schulgemeinde“ und erzählt, dass er Biologie und Geschichte unterrichte, von 2016 bis 2020 bereits Fachbereichsleiter Naturwissenschaften an der Schule war und von 2020 bis Juli 2023 IB-Koordinator für die Oberstufe und die Internationalen Abschlussprüfungen an der Schule St. Thomas Morus in Santiago de Chile.
Der neue Rektor ist ein Rückkehrer
Die Bildungsverwaltung habe ihn „aufgrund der aktuellen Situation“ eingesetzt. Er freue sich „darauf, nun erstmalig nicht nur einen Fachbereich oder eine Abteilung, sondern eine ganze Schule leiten zu dürfen“ und er wolle dafür sorgen, dass die 101 Jahre alte Schule auch in den nächsten 100 Jahren „ein Ort des Lernens, Wachsens und Reifens, des Respekts, der Vielfalt und der Begegnung sein“. Er wünsche der gesamten Schulgesellschaft einen ehrlichen und konstruktiven Umgang miteinander.
Ein frommer Wunsch? Er kennt die Schule, aber er hat die letzten Jahre nicht miterlebt. Es wurde mit harten Bandagen gekämpft. Nach führungslosen Jahren hat Matthias Völzke, der zuvor in der freien Wirtschaft tätig war, viel geregelt bekommen, sagen die einen, andere bezichtigen ihn einer herrischen Art, so habe er auch an seinem letzten Tag noch den Gärtner willkürlich herausgeworfen.
Fest steht: Er war als Notfallhelfer engagiert, leitete die Schule, doch die formale Eignung, die in der Ausschreibung für die dauerhafte Stelle gefordert war, hatte er nicht. Völzke ist bisher Besoldungsstufe E13, ausgeschrieben war die Stelle für A16, dafür braucht man längere Berufserfahrungen.
Die Formalien tragen Schuld
Es sind Formalien, die allerdings die Folge hätten, dass sich ein formal besser geeigneter Bewerber einklagen könnte. Das beeindruckte Schülern und Eltern wenig, sogar auf der Abi-Feier war Völzke zugegen, nachdem er gegen seine Entlassung geklagt hat.
Er habe Preise übergeben, sagt eine Lehrkraft, die ganz offen zugibt, dass sie kein Fan von Völzke ist, aber vor allem liege ihr am Schicksal der Schule. Aus der Schulkonferenz ist zu hören, dass Völzke als privat geladener Gast zugegen gewesen sei. „Er hat eine Rede gehalten, die aber auch ein Vater hätte halten können.“
Kritik am ehemaligen Schulleiter
Die Lehrkraft hingegen macht sich Sorgen um ihre Schule und kritisiert den ehemaligen Rektor. „Jetzt ist genau das eingetreten, von dem Herr Völzke immer behauptet hat, dass er es nicht will: Es geht zulasten der Schule.“ Sein Arbeitsrechtsverfahren kann sich Monate oder länger ziehen. Das kommt auf die Geschwindigkeit der Justiz an. Und so lang steht das Besetzungsverfahren still. Die Bildungsverwaltung äußert sich ebenfalls nicht zu einem laufenden Verfahren.
Von den ursprünglich zwei Bewerbern um die Leitung der Schule, ist dem Vernehmen nach nur noch Nikola Dzembritzki interessiert, die Tochter des Berliner SPD-Urgesteins Detlef Dzembritzki. Die besorgte Lehrkraft von Scharfenberg glaubt, dass die öffentliche Diskussion der Schule schon jetzt geschadet habe. „In diesem Jahr haben sich gerade so viele Schüler beworben, dass alle Plätze besetzt werden konnten.“ An fast allen anderen Schulen gibt es deutlich zu viele Bewerber.
Vielleicht kann der neue Schulleiter die Wogen glätten. Er lädt jedenfalls am Mittwoch alle zum Kennenlernen ein.
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