Reinickendorf
Rätselhaft

Verdacht auf Urkundenfälschung: Der blaue Anhänger von Tegel

| Lesedauer: 3 Minuten
Dirk Krampitz
Fahrlehrer und Grauen-Politiker Michel Schulz ärgert sich über den blauen Anhänger im Tegeler Industriegebiet.

Fahrlehrer und Grauen-Politiker Michel Schulz ärgert sich über den blauen Anhänger im Tegeler Industriegebiet.

Foto: Dirk Krampitz

Seit 15 Jahren steht das Gefährt in einem Gewerbegebiet. Fahrlehrer und Politiker Michael Schulz ist zusehends genervt.

Berlin.  Mit seinen Motorradschülern fährt Michael Schulz oft und gern durch das ruhige Gewerbegebiet neben der A111 in Tegel. Die ersten Jahre ist ihm der wuchtige, blaue Anhänger in der Straße 22 nur aufgefallen, aber irgendwann fing er an, sich wirklich über das Gefährt zu ärgern. Jedes Mal, wenn er dort vorbeigefahren ist, stand der Anhänger unverrückt dort, der Zustand wurde immer schlechter. Die Chassis rostete vor sich hin, Graffiti mehrten sich, die Reifen waren zwischendurch platt.

Aber es schien sich - wenn auch in bescheidenem Rahmen - jemand um diesen Wagen zu kümmern. Denn einmal war das grüne Kennzeichen für zweckgebundene Fahrzeuge wie Traktoren oder Pferdeanhänger, die von der Kfz-Steuer befreit sind, verschwunden, später hing da wieder ein frisch geprägtes dran. Allerdings immer ohne Stempel.

Google Streetview zeigt die erschütternde Wahrheit

Als Fahrlehrer kennt der Landeschef der Partei „Die Grauen“ die Verkehrsregeln gut: Ohne Zugfahrzeug darf ein Anhänger nur zwei Wochen unverrückt auf öffentlichem Straßenland stehen. „Aber der parkt seit bestimmt acht Jahren dort“, sagt Michael Schulz. Mehrmals habe er dem Ordnungsamt Bescheid gesagt und nachgefragt.

Wer auf Google Maps die Satellitensicht oder Streetview der Straße 22 auswählt, sieht den Anhänger dort auch stehen. Die Streetview-Ansicht stammt aus dem Juli 2008. Da gab es auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch keine Bebauung. Dafür fand damals noch Flugverkehr vom benachbarten Flughafen Tegel und sogar auch noch vom heutigen Tempelhofer Feld statt.

Heute, 15 Jahre später, ist es eine andere Zeit. Wo die Diskussionen um die Verteilung des öffentlichen Straßenlandes hochkocht, wo aus Auto-Parkplätzen Fahrradstellplätze werden oder Parklets auf einmal zum Sitzen am Rande der Fahrbahn einladen, wird öffentlicher Straßenraum anders wahrgenommen. Und auch Schrottautos werden immer mehr zum Problem.

Gelb-Punkt angebracht und wieder entfernt

Reinickendorfs Ordnungsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) hat sich die Hänger-Historie angesehen. „Wir haben durch eine Streife prüfen lassen, ob der Anhänger eine Gefahr darstellen würde. Die Kontrollen vor Ort haben dies nicht bestätigt“, rekapituliert Schrod-Thiel. Ein Gelb-Punkt mit der Aufforderung zur Entfernung wurde bereits 2021 angebracht und die Ventilstellung notiert. „Nach Rücksprache mit dem regionalisiertem Ordnungsamt wurde der Anhänger deshalb nicht entfernt, da ein Kennzeichen am Anhänger angebracht ist“, so Schrod-Thiel.

Der Halter wurde ermittelt - aber nicht angetroffen

Entfernt wurde - von wem auch immer - nicht der Hänger, sondern nur der Gelb-Punkt des Ordnungsamtes, bevor als nächster Schritt ein Rot-Punkt mit Entfernungsfrist angebracht werden konnte. Zwar wurde der Halter ermittelt und aufgesucht, aber dreimal nicht angetroffen. Inzwischen hat das Amt eine Anzeige wegen Sondernutzung von öffentlichem Straßenland geschrieben. Und die Sache an die Polizei weitergereicht.

Denn es hat sich herausgestellt, dass das Kennzeichen eigentlich zu einer Zugmaschine gehört. „Da hier der Verdacht von Kennzeichenmissbrauch und/oder Urkundenfälschung besteht, haben wir die Polizei Berlin um Bearbeitung in eigener Zuständigkeit gebeten.“

Lesen Sie hier mehr aus Reinickendorf