Wenn der Flughafen Tegel über die Eröffnung des neuen BER hinaus offen gehalten werden soll, müsste die Flughafengesellschaft oder ihre Eigentümer Berlin, Brandenburg und Bund mehr als eine Milliarde Euro in den 70er-Jahre-Komplex stecken.
Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sprach am Mittwoch im Hauptausschuss von "1100 Millionen". Davon sei die Hälfte für das Gebäude notwendig, 30 Prozent für Außenanlagen wie Startbahnen und Taxiways sowie 20 Prozent für Stromleitungen, Wasser und Datennetze.
Um den Flughafen weiter zu betreiben, sei eine "grundhafte Sanierung" von TXL notwendig, so der Senator. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup bezifferte die Summen auf 565 Millionen für die 39 Gebäude, 222 für die Infrastruktur und 325 Millionen für die Verkehrsflächen.
Am 24. September stimmen die Berliner in einem Volksentscheid über Tegel ab. Es geht darum, dass der Senat alle möglichen Maßnahmen ergreift, um die verabredete Schließung Tegels zu verhindern.
Finanzsenator rechnet mit jährlichem Defizit "in dreistelliger Millionenhöhe"
Wenn der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja davon spreche, ein Weiterbetrieb sei für 7,5 Millionen Euro pro Jahr zu haben, dann sei das "schlicht ohne Grundlage", sagte Kollatz-Ahnen. Insgesamt rechnet Kollatz-Ahnen bei einem Doppelbetrieb von BER und TXL mit einem jährlichen Defizit bei der Flughafengesellschaft in "dreistelliger Millionenhöhe".
Lütke Daldrup sprach von zusätzlichen Kosten von 100 Millionen Euro pro Jahr. Zudem würden die Einnahmen wegen der niedrigeren Gebühren am alten TXL erheblich geringer ausfallen als bisher geplant. Das liege auch daran, dass in TXL kaum Einnahmen aus Läden und Gastronomie zu erzielen seien. Der auf schwarze Zahlen ausgelegte Businessplan der Flughafengesellschaft sei dann nicht mehr zu halten, die Eigentümer müssten Geld zuschießen.
Der frühere Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) warnte, ein dauerhaft subventionierter Flughafen sei mit dem europäischen Beihilferecht nicht vereinbar. Der Finanzsenator bestätigte diese Einschätzung. Es sei zu befürchten, dass die EU dann die Schließung eines Flughafens verfügen könnte. Flughäfen auf Vorrat zu bauen, sei nicht EU-Rechtskonform, sagte der Senator.
Flughafenchef will sich weiter nicht auf BER-Starttermin festlegen
Auf einen Eröffnungstermin für den BER wollte sich Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup nicht festlegen. Er räumte aber ein, dass die Neuplanung und Erweiterung der Sprinkleranlage derzeit das größte Problem auf der Baustelle sei. Nach der Baufertigstellung sei eine Phase von zwölf bis 13 Monaten nötig, bis der Airport öffnen könne. Die meisten Beobachter gehen deshalb von einem Start nicht vor 2019 aus.
Dass dann ein Mangel an Fluglotsen den Start verzögern könnte, schloss der Flughafenchef aus. Er stehe mit der Deutschen Flugsicherung in engem Kontakt, sagte Lütke Daldrup. Der Vorlauf sei ausreichend lang, um Spezialisten auszubilden. Der Betrieb am BER werde nicht aufgehalten, weil fünf Fluglotsen fehlen.
Der Flughafenchef kritisierte Fehler in dem Gutachten, auf das sich die Tegel-Freunde berufen. Die maximale Kapazität pro Stunde liege nicht wie in der Studie behauptet bei 62 Starts und Landungen, sondern bei 78. und sie würden durch Ausbau der Abfahrten von den Landebahnen auf 90 steigen.
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