Berlin. Das Alte Schäferhaus entstand, als Berlin-Buch zur größten Krankenhausstadt Europas wurde. Alle Infos zu dem Lost Place.
Zwischen Supermarkt und Autohaus etwas verloren wirkend steht in der Nähe des Dorfkerns des Pankower Ortsteils Buch an der Straße Alt-Buch ein einsames Landhaus. Das Gebäude wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als Wohnhaus für den Oberschafmeister der einstigen Gutsschäferei errichtet. Nach der Wende stand es für viele Jahre leer. Erfahren Sie hier alle Informationen zu dem Lost Place.
Das sind die Fakten zum Alten Schäferhaus im Überblick:
- Adresse: Alt-Buch 72, 13125 Berlin-Buch
- Geschichte: Um 1908 vermutlich nach Plänen Ludwig Hoffmanns errichtet; Sitz des Gutsvorstehers von Buch; Leerstand nach der Wende
- Führungen: Keine
- Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09050459
- Status: Lost Place
Wo liegt das Alte Schäferhaus genau?
Das Alte Schäferhaus liegt im Ortsteil Buch des Bezirks Pankow. Das verlassene Gebäude ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit den Buslinien 259 und 353 (Haltestelle Alt-Buch Berlin) zu erreichen. Alternativ kann die S-Bahnstation Buch (S2; Bus 150, 158, 259, 353, 891, 893, N58) genutzt werden. Von der Station sind es etwa elf Minuten Fußweg quer durch den Schlosspark Buch und entlang der Straße Alt-Buch.
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Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Alten Schäferhauses:
Ausgangslage: Bauboom in Buch um die Jahrhundertwende

Um den Plan der Abwasserversorgung von Berlin durch umliegende Rieselfelder zu verwirklichen, kaufte die Stadt Berlin 1898 große Ländereien im nördlich gelegenen Dorf Buch. Die Rieselfelder westlich des Dorfkerns wurden durch den Gutshof Buch bewirtschaftet, der sich auf den Anbau von Gras, Milchwirtschaft und Viehhaltung spezialisierte.
Um die Jahrhundertwende beschloss die Berliner Stadtverordnetenversammlung einen Teil der Gutsflächen für die Errichtung der Heilanstalten in Buch zu nutzen, die Anfang des 20. Jahrhunderts realisiert wurden. Eine Entscheidung, die aus der beschaulichen Landgemeinde Buch innerhalb kurzer Zeit eine Kleinstadt machen sollte.
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Altes Schäferhaus: Errichtung des Wohnhauses um 1908

Der Berliner Stadtbaurat Ludwig Hoffmann (1896–1924) entwarf fünf Heil- und Pflegestätten in Buch, die bis 1929 eröffnet wurden. Auf sein Wirken gehen außerdem viele weitere Bauten in Buch zurück: Er realisierte den Ausbau des Schlosses ab 1905 zum Sommerwohnsitz des Berliner Oberbürgermeisters Martin Kirschner (1842–1912), entwarf das Kaiserliche Postamt und lieferte wohl auch die Pläne für das Wohnhaus der Gutsschäferei, das um 1908 errichtet wurde.
Das Wohnhaus des Oberschäfers der Gutsschäferei Buch gehört zwar nicht unmittelbar zu den Heilanstalten in Buch, der Bau ist jedoch eindeutig stilistisch an das gegenüberliegende Lungensanatorium "Waldhaus Buch" angelehnt, das als "Heimstätte für Brustkranke" 1905 als erstes der großen Hoffmannschen Heilanstalten für Patienten geöffnet wurde.
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Altes Schäferhaus: Hoffmanns Architektur prägte Berlin-Buch

Das neobarocke Landhaus mit annähernd quadratischem Grundriss ähnelt in seiner Gestaltung dem gegenüberliegenden Pförtnerhaus des Waldhaus-Sanatoriums. Hoffmann verlieh dem eingeschossigen Putzbau mit Backsteinsockel durch das hohe Mansardendach und Sprossenfenster eine zeitgemäße Wirkung und setzte sich damit vom Typus des einfachen Bauernhauses des 19. Jahrhunderts ab.
Auch wenn einzelne Bauteile bis heute verändert wurden, dokumentiert das alte Schäferhaus noch den Standort der seit dem Mittelalter zum historischen Dorfkern gehörenden Gutsschäferei und die Einflussnahme des neuen Stadtbaurats auf fast alle Neubauten in Buch Anfang der Jahrhundertwende. Südlich angrenzend zur Schäferei lag an der Schwanebecker Chaussee die von Hoffmann errichtete Städtische Zentrale Buch mit Bäckerei, Kesselhaus, Wasserwerk, Maschinenhaus und unterirdischem Hochspannungsraum.
Altes Schäferhaus: Familienwohnsitz des Gutsvorstehers
1910 bezog die Familie des Gutsvorstehers von Buch das Schäferhaus. Die sand- und lehmreichen Böden der Höhen des Barnim wurden seit vielen Generationen von Gutsarbeitern für die jeweiligen Gutsherren von Röbel, von Pölnitz und von Vierreck bearbeitet. Die Nachkommen einiger dieser Landarbeiterfamilien leben bis heute in Buch.
Der Gutshof wurde schon im 14. Jahrhundert angelegt. Im 18. Jahrhundert bewirtschaftete das Gut Buch die vier Pfarrhufen und das Kirchenland in Erbpacht. Durch Ankäufe von Gehöften an der Dorfstraße (der heutigen Straße Alt-Buch) wurde der Gutsbereich ausgedehnt. 1818 wurde die Schäferei Büchlein gegründet, auch "Vorwerk Bücklein" genannt, in welche die Gutsschäferei zog.
Altes Schäferhaus: So war die Schäferei angelegt
Hinter dem zur Straße gelegenen Wohnhaus lag das Grundstück der Schäferei im Südosten begrenzt durch das Areal des Wasserwerks. Der Hof der Schäferei war eingesäumt durch zwei Nutzbauten östlich und westlich des Geländes. Auf der westlichen Seite steht heute noch ein Gebäude, dessen Grundriss weitgehend der Halle Anfang des 20. Jahrhunderts entspricht und in dem heute unter anderem ein Dentallabor untergebracht ist. Die östliche Halle wich nach der Wende dem Neubau einer Mercedes-Benz-Filiale.
Mittig zwischen den beiden Nutzhallen zur Straße gelegen – sie hieß zuerst Dorfstraße, ab 1900 Hauptstraße, dann Bucher Aue und ab 1938 schließlich Alt-Buch – grenzte das Schäferhaus das Areal nach Norden hin ab. Der Gutshof Buch wurde bis in die 1970er-Jahre landwirtschaftlich genutzt, aber die Schäferei wurde vermutlich bereits früher umfunktioniert.
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Altes Schäferhaus: Gewerbehöfe in der DDR-Zeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich auf dem Grundstück des alten Schäferhauses während der DDR-Zeit Gewerbe an. Ab den 1950er-Jahren eröffnete auf der Ecke Alt-Buch/Schwanebecker Straße, direkt neben dem Schäferhaus, eine Tankstelle. Auf dem Hof hatte die VEB "Schnellreparaturen, Garagen, Tankstellen" eine Betriebswerkstatt für Traktoren und Landmaschinen eingerichtet.
Ab 1961 war die Maschinen-Traktoren-Station Groß Berlin (MTS) mit einer Werkstatt auf dem Gelände vertreten und ab 1963 die Reparatur-Technische Station Groß-Berlin (RTS). Die Alte Schäferei verwandelte sich in einen Autohof mit Werkstätten für Großmaschinen. Ab Mitte der 1960er-Jahre kam eine Kreisbetriebsstelle für Landtechnik Berlin hinzu.
In den 1970er-Jahren siedelte sich das Kombinat für Gartenbautechnik Berlin VEB mit den Bereichen Produktion, Planung und Ökonomie auf dem Grundstück Alt-Buch 72 an. Ab Ende der 1970er-Jahre hieß der Betrieb Kombinat für Landtechnische Instandhaltung Berlin VEB. Das Sekretariat und die Abteilung Instandhaltung wurde bis zur Wendezeit auf dem Gelände betrieben.
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Altes Schäferhaus: Lost Place nach der Wende
Während sich für die Gewerbefläche auf dem Grundstück nach der Wiedervereinigung schnell ein Käufer fand – unter anderem unterhielt Anfang der 1990er-Jahre die Hasgalko GmbH eine Vertragswerkstatt für die Mercedes-Benz AG auf dem Gelände – , gestaltete sich die Nachnutzung des Alten Schäferhauses schwieriger. Lange Zeit stand das unter Denkmalschutz stehende Gebäude nach der Wende leer und wurde zu einem Lost Place an der historischen Dorfstraße.
Das Schicksal teilte das alte Gemäuer mit dem Pförtnerhaus des Waldhaus-Sanatoriums auf der anderen Straßenseite, das langsam zu verfallen begann und auf dessen Außenwänden sich die Graffiti häuften. Heute scheint das Schäferhaus teilweise von dem angrenzenden Mercedes-Benz-Autohaus Heinz Hammer genutzt und in Stand gehalten zu werden. Zumindest die Frontseite wurde mit einem großen Werbeplakat des Anbieters zur Straßenseite hin geschützt.
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