Berlin. Die Franz-Volhard-Klinik in Buch war einst das Schmuckstück der DDR-Herzforschung. Heute ist sie eine Ruine. Alle Infos.
In den 1950er-Jahren ließ die DDR ein neuartiges Schlaflabor für Grundlagenforschung im Pankower Ortsteil Buch errichten. Die spätere Franz-Volhard-Klinik – damals hieß sie noch sperrig "Institut für kortiko-viscerale Pathologie und Therapie" – fand unter der Leitung von Chefarzt Dr. Rudolf Baumann sowohl für ihre moderne Gestaltung als auch für die hochmoderne Ausstattung weltweit Anerkennung. Nach der Wende zog die Klinik in den 2000er-Jahren in einen Neubau um und die Räumlichkeiten an der Wiltbergstraße begannen sich in gespenstische Krankenhausruinen zu verwandeln. Alle Infos zu dem Lost Place finden Sie hier.
Das sind die Fakten zur Franz-Volhard-Klinik im Überblick:
- Adresse: Wiltbergstraße 50, 13125 Berlin-Buch (Haupteingang Ludwig Hoffmann Quartier). Der Gebäudekomplex liegt auf der Höhe der Wiltbergstraße 90
- Geschichte: 1956/1957 nach Plänen des Architekten Franz Ehrlich (1907–1984) errichtet; Institut für kortiko-viscerale Pathologie und Therapie in der DDR-Zeit; ab 1972 Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung; 1992 in Franz-Volhard-Klinik umbenannt; Leerstand des Gebäudekomplexes nach Umzug der Klinik in den Helios-Neubau an der Schwanebecker Chaussee 2007
- Führungen: keine
- Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09066166
- Status: Aktueller Lost Place. Bis 2023 soll das Gebäude im Zuge des Ausbaus der Ludwig Hofmann Quartiers saniert und mit Mikroapartments belegt werden
Wo liegt die ehemalige Franz-Volhard-Klinik genau?
Die ehemalige Franz-Volhard-Klinik liegt im Ortsteil Buch des Bezirks Pankow auf einem abgesperrten Grundstück nördlich des alten Genesungsheims, dem heutigen Ludwig Hoffmann Quartier. Das verlassene Gebäude ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit den Buslinien 259 und 353 (Haltestelle Wiltbergstraße Berlin) zu erreichen.
Achtung: Das Grundstück ist gesichert. Das Betreten der Gebäude ist nicht erlaubt. Von der Wiltbergstraße ist das verfallene Gebäudeensemble der Klinik aber einsehbar. Lesen Sie auch: Lost Places: Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch
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Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte der Franz-Volhard-Klinik:
Ausgangslage: Ergänzungsbau der Krankenhausstadt Buch

Der Berliner Stadtbaurat und Architekt Ludwig Hoffmann (1852–1932) hat das Bild von Buch mit seinen Krankenanstalten maßgeblich geprägt. Zahlreiche öffentliche Verwaltungsgebäude gehen auf sein Wirken zurück – so auch der später als Genesungsheim bekannt gewordenen Baukomplex an der Wiltbergstraße.
Zu den Ergänzungsbauten der Nachkriegszeit im nördlichen Außenbereich des Genesungsheims gehörte der 1956 nach Entwurf des Architekten Franz Ehrlich errichtete Klinik-Neubau für das Institut für kortiko-viscerale Pathologie und Therapie. Gründer und Direktor des Instituts war Rudolf Baumann, der ärztliche Direktor des städtischen Hufeland-Krankenhauses.
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Ehemalige Franz-Volhard-Klinik: Medizinische Spitzenforschung in der DDR
1954 hatte Baumann eine Abteilung für Schlafforschung gegründet. Zunächst im Genesungsheim untergebracht wurde das Institut im Frühjahr 1956 durch einen Brand beschädigt und zog 1957 in die neuen Klinikräume der späteren Franz-Volhard-Klinik.
Die Forschungsaktivitäten am Institut waren durch die Theorien des sowjetischen Physiologen und Nobelpreisträgers Iwan Petrowitsch Pawlow (1849–1936) – bekannt durch seine berühmten Versuche an Hunden – mitgeprägt und konzentrierten sich auf die Rolle des kortikalen Nervensystems bei der Regulation von Bluthochdruck, Stress, psychosomatisch bedingten Erkrankungen und anderen Störungen der Körperfunktion. Neben einer Reihe von Forschungslaboratorien für experimentelles Arbeiten bestand am Institut auch ein Schlaflabor und später eine eigene Klinik mit rund 80 Betten.
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Ehemalige Franz-Volhard-Klinik: So war die Anlage aufgebaut
In Zusammenarbeit mit Rudolf Bauman entwarf Franz Ehrlich eine einzigartige Anlage, die sowohl für ihre moderne Gestaltung und der funktionalen Anordnung der Räume als auch für die hochwertige technische Ausstattung weltweit Anerkennung fand. Für die neuartige Aufgabe, eine Schlafklinik zu konzipieren, hatte Ehrlich schallisolierte und klimatisierte Einzelzimmer entwickelt, die er ebenerdig um einen trapezförmigen Gartenhof reihte.
Der ausgedehnte eingeschossige Gebäudekomplex war in zwei Bereiche geteilt: Um einen kleinen Gartenhof im Südwesten gruppierte Ehrlich den Haupteingang mit Foyer, einen Hörsaal, die Bibliothek sowie Arzt-, Behandlungs- und Laborräume. Nordöstlich schloss Ehrlich den klinischen Bereich an. Die Krankenzimmer reihte er in zwei Flügeln parallel zu den Längsseiten eines großen Gartenhofs. Im bepflanzten Atrium stand eine Bronzeplastik des Bildhauers Waldemar Grzimek.
Mit seinem funktionalen Entwurf griff Franz Ehrlich Prinzipien des organischen Bauens auf – und unterschied sich damit deutlich von den Vorgaben stalinistischer Bauweise der Zeit. Klar gegliederte Funktionsbereiche, vielfältige Raumformen und eine enge Verbindung zwischen Innenräumen und Gärten zeichneten das Gebäude aus.
Ehemalige Franz-Volhard-Klinik: In der Zentrale liefen die Daten zusammen

Der klinische Bereich verfügte anfänglich über 30 Einzelbettzimmer. Eine Besonderheit, denn damals waren derartige Einzelbelegungen unüblich. Die Patientenzimmer waren mit modernsten technischen Standards ausgerüstet, so dass es möglich war, eine Therapie unter exakt vergleichbaren physikalischen Bedingungen durchzuführen. Die von jedem Krankenbett aus mögliche elektronische Registratur und Analyse der Körperfunktionen – wie beispielsweise die Daten zu EEG, EKG, Pulsfrequenz und Atmung – wurden in der Zentrale der Klinik gesammelt.
Über eine Sprechverbindung bestand Verbindung zu den Patientenzimmern. Von einem tontechnischen Labor konnten akustische Reize eingespielt werden. Eine automatisierte Klimaanlage hielt Zimmertemperatur und Luftfeuchtigkeit auf dem gewünschten Niveau.
Ehemalige Franz-Volhard-Klinik: Zentrum der Herz-Kreislaufforschung in der DDR
Bereits im November 1957 – ein Jahr nach Baubeginn – konnte die Abteilung von Chefarzt Dr. Baumann den Neubau beziehen. Aufgrund der wichtigen Grundlagenforschung wurde das Institut in der DDR besonders gefördert. Zwei Jahre nach der Gründung wurde das Institut der Akademie der Wissenschaften unterstellt. 1972 vereinigte die Akademie der Wissenschaften der DDR das Institut mit dem Institut für Kreislaufforschung zum Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung (ZIHK).
Das ZIHK war in der DDR die Leiteinrichtung für die Bekämpfung von Herz-Kreislauferkrankungen. Forschungsschwerpunkte des Instituts waren die Grundlagenforschung zu Ursachen der arteriellen Hypertonie und der koronaren Herzkrankheit, aber auch die Erforschung der Molekular- und Zellbiologie des Herzens und des Gefäßsystems sowie die Aufklärung der Ursachen von Herzinfarkt und plötzlichem Herztod. Mitte der 1980er-Jahre arbeiteten etwa 450 Mitarbeiter am Institut, das nach dem Ausscheiden von Rudolf Baumann 1978 durch den Kardiologen Horst Heine geleitet wurde. Der Klinik- und Forschungsbetrieb wurde bis zur Wende in der Einrichtung aufrechterhalten.
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Ehemalige Franz-Volhard-Klinik: Umbrüche nach der Wende

Nach der Wiedervereinigung wurde das 1992 in Franz-Volhard-Klinik umbenannte Institut für Herz-Kreislaufforschung als kardiologisches Spezialkrankenhaus weiterbetrieben. Die Trägerschaft übernahm bis 1998 die Freie Universität Berlin. Danach unterstand die Klinik, die im Bereich der Forschung mit dem Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) kooperierte, der Charité Universitätsmedizin Berlin.
Am 1. Juni 2001 wurde die Franz-Volhard-Klinik zusammen mit dem früheren Städtischen Klinikum Buch und der damaligen Robert-Rössle-Klinik an den Städtischen Krankenhauskonzern Helios verkauft. Ab 2004 begannen die Bauarbeiten für den Bau eines großen Zentralgebäudes für das Klinikum. Die Tage des Franz Ehrlich-Krankenhausbaus waren damit gezählt.
Franz-Volhard-Klinik: Lost Place seit 2007
2007 zog die Franz-Volhard-Klinik als Klinik für Klinische und Molekulare Kardiologie in den Helios-Neubau an der Schwanebecker Chaussee und an der Wiltbergstraße gingen die Lichter aus. In den folgenden Jahren wurde das Gelände des ehemaligen Genesungsbaus umfassend saniert. Ab 2012 entstand auf dem etwa 28 Hektar großen historischen Krankenhausgelände ein neues Stadtquartier– das Ludwig Hoffmann Quartier in Buch, dessen letzte Bauabschnitte 2023 fertig gestellt werden sollen.
Die ehemalige Franz-Volhard-Klinik begann sich dagegen ab 2007 in eine moderne Ruine zu verwandeln. Das Grundstück und der Innenhof verwilderten: Pflanzen und Büsche rankten sich an dem Krankenhausgebäude empor, auf die zurückgebliebene Einrichtung im Inneren legten sich Schichten von Staub und die Metallvorrichtungen setzten Rost an. Durch die abgelegene Lage und dem Schutz des Grundstücks hielt sich Zerstörung und der Vandalismus im Inneren zwar in Grenzen, dennoch gingen die Jahre des Leerstands nicht spurlos an dem Gebäude vorbei und der fortschreitende Verfall ist der ehemaligen Klinik deutlich anzusehen.
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Franz-Volhard-Klinik: Gibt es Zukunftspläne?

Im letzten Bauabschnitt zur Fertigstellung des Ludwig Hoffmann Quartiers in Buch soll das Gebäude der ehemaligen Franz-Volhard-Klinik denkmalgerecht saniert werden. Im Inneren sollen Mikroapartments entstehen. In der Umgebung ist ein Parkplatz, ein Spielplatz, eine Sporthalle sowie eine Kita geplant. Hier erfahren Sie mehr zum Bauprojekt des Ludwig Hoffmann Quartiers.
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