Lost Places

Wie eine Berliner Krankenhausruine zum Luxusquartier wurde

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Das ehemalige Klinikum Berlin-Buch war in weiten Teilen über viele Jahre ein Lost Place, zuletzt wurde es teilweise zu einem Wohnquartier umgebaut.

Das ehemalige Klinikum Berlin-Buch war in weiten Teilen über viele Jahre ein Lost Place, zuletzt wurde es teilweise zu einem Wohnquartier umgebaut.

Foto: Sebastian Blottner

Das Ludwig-Heim-Krankenhaus in Buch gehörte einst zur größten Krankenhausstadt Europas. Alle Infos zu dem ehemaligen Lost Place.

Berlin. Das Ludwig-Heim-Krankenhaus im Pankower Ortsteil Buch wurde 1929 nach Entwürfen des Architekten Ludwig Hoffmann fertiggestellt. Bis zum Ende der DDR-Zeit wurden hier Herz- und Gefäßkrankheiten behandelt. In der Nachwendezeit wurde der Klinikbetrieb eingestellt und das Bauensemble drohte als vergessener Ort zu einer modernen Ruine zu verfallen. Alle Informationen zu dem ehemaligen Lost Place.

Das sind die Fakten zum Ludwig-Heim-Krankenhaus im Überblick:

  • Adresse: Hobrechtsfelder Chaussee 150, 13125 Berlin-Buch
  • Geschichte: Als Heil- und Pflegestätte für Brustkranke 1913/1914 von Ludwig Hoffmann entworfen; Fertigstellung 1929 nach Baustopp im Ersten Weltkrieg; 1934 Umbenennung in "Dr.-Heim-Hospital"; ab 1963 Teil des Städtischen Klinikum Buchs; Leerstand nach der Wende
  • Führungen: keine
  • Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09085411
  • Status: ehemaliger Lost Place. Sanierung und Umbau zum 2012 eröffneten Wohnquartier Allées des Châteaux. Mehr Infos: ukb-denkmal.de

Wo liegt das ehemalige Ludwig-Heim-Krankenhaus genau?

Idyllisch mitten im Bucher Forst nördlich des alten Dorfkerns liegt verborgen hinter hohem Bewuchs die fünfte der Bucher Heil- und Pflegeanstalten: die Heil- und Pflegestätte Buch, die 1934 in "Dr.-Heim-Hospital" umbenannt wurde.

Das heutige Wohnquartier ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit der Buslinie 353 (Haltestelle Pölnitzweg/Hobrechtsfelder Chaussee) zu erreichen. Von der Haltestelle aus sind es etwa sieben Minuten Fußweg entlang der Hobrechtsfelder Chaussee in nordöstlicher Richtung.

Lost Places in Pankow
Lost Places in Pankow

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Ludwig-Heim-Krankenhauses:

Ausgangslage: Errichtung als Teil der Krankenhausstadt Buch

Der Berliner Stadtbaurat und Architekt Ludwig Hoffmann (1852–1932) hat das Bild von Buch mit seinen Krankenanstalten maßgeblich geprägt. Zahlreiche öffentliche Verwaltungsgebäude gehen auf sein Wirken zurück – so auch der später als Ludwig-Heim-Krankenhaus bekannt gewordenen Baukomplex der Heil- und Pflegestätte Buch an der Hobrechtsfelder Chaussee.

Die Anlage sollte ursprünglich als zweites Lungensanatorium rund 1000 Brustkranken Platz bieten und den Gesundheitskomplex in Buch, der bereits aus einem Sanatorium, zwei psychiatrische Kliniken und einem Altersheim bestand, ergänzen.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: Der Rohbau wird zur "Ruine von Buch"

1911 hatte die Berliner Stadtverordnetenversammlung den Bau einer "Pflegestätte für Lungen- und Kehlkopfkranke" vorgeschlagen. Die Planungen für das Bauwerksensemble erfolgten durch Ludwig Hoffmann in den Jahren 1913/1914. Noch 1914 wurde der Grundstein gelegt und mit dem Bau des Direktorenwohnhauses und von drei Patientenpavillons begonnen. Der Erste Weltkrieg machte der Unternehmung aber vorerst einen Strich durch die Rechnung. 1916 erfolgte die Einstellung der Bauarbeiten und die Heil- und Pflegestätte blieben zunächst unvollendet - bis 1918 wurden sie als provisorisches Kriegslazarett genutzt. Spöttisch sollen die Berliner den halbfertigen Rohbau die "Ruinen von Buch" getauft haben.

Auch nach Kriegsende konnte das Bauvorhaben erst nach den Inflationsjahren wieder in Angriff genommen werden. Nunmehr unter der Federführung von Hoffmanns Amtsnachfolger Martin Wagner. Zwischen 1925 und 1929 wurde die Pflegestätte vollendet. Allerdings in einer abgespeckten Version: Die fertiggestellten Bauwerke wurden rasch mit einer Putzfassade versehen und die Anlage durch ein Verwaltungsgebäude und mehrere Wirtschaftshäuser ergänzt.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: So war die Anlage aufgebaut

Vom Eingangsbereich an der Hobrechtsfelder Chaussee hatte Ludwig Hoffmann zur Erschließung der Anlage eine Ost-West-Allee mit Wohnhäusern für Ärzte und Direktor sowie Verwaltungsgebäude angelegt. Südlich davon plante er an einem rechtwinkligen Wegeraster acht große Patientenhäuser – von denen schließlich drei Bettenhäuser fertiggestellt wurden – und zwei Schwesternhäuser. Die Wirtschaftsbauten sollten an einer südlichen Querachse entstehen.

Die Bettenhäuser waren als breit gelagerte zweigeschossige Bauten mit Seitenflügeln und Mitteltrakt entworfen. Die Seitenflügel bilden mit dem rückseitigen Mittelbau kleine Gartenhöfe aus, so erhielten auch die großen Krankensäle in den Flügelbauten ausreichend Lüftung und eine gute Sonneneinstrahlung. Die Anlage war in eine Parkanlage eingebunden – umsäumt von Küchengebäude, Werkstatt, Trafo-Station, Dampfreglergebäude, zwei Pförtnerhäuschen und einer Leichenhalle an der Südspitze des Grundstücks.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: Dunkelstes Kapitel in der NS-Zeit

Im Jahr 1929 eröffnete die Einrichtung unter dem Namen "Hospital Buch-West". Statt der ursprünglich angepeilten Kapazität für die Behandlung von 1000 Lungenkranken bot sie Platz für 450 Patienten in der Tuberkulose-Abteilung und hielt weitere 150 Betten in der Inneren Abteilung bereit. 1934 wurde die Krankenhausanlage zu Ehren des Mediziners und Berliner Ehrenbürgers Ernst Ludwig Heim in "Dr.-Heim-Hospital" umbenannt.

In der Zeit des Nationalsozialismus waren die Bucher Heilstätten Teil der Infrastruktur, die die systematische Ermordung von Patienten ermöglichten und durchführte. Im Rahmen der "Aktion T4" wurden fast 480 Patienten aus der Bucher Anstalt in das alte Zuchthaus Brandenburg an der Havel verschleppt und dort ermordet. Die Heil- und Pflegeanstalt Buch wurde im November 1940 geschlossen und 1941 in ein Tuberkulose-Hilfskrankenhaus umgewandelt.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: Massengrab im Klinikpark

In einer separierten Abteilung waren ab 1942 Zwangsarbeiter untergebracht, zumeist sogenannte "Ostarbeiter", die im Arbeitslager Blankenburg interniert waren. Auf eine medizinische Versorgung konnten sie kaum hoffen. Mindestens 40 von ihnen fanden in der Station ihren Tod. In den letzten Kriegsjahren wurden hauptsächlich Wehrmachtsangehörige behandelt. 58 Soldaten, die im "Endkampf um Berlin" gestorben waren, fanden in einem Massengrab auf dem Anstaltsgelände des Dr. Heim-Krankenhauses ihre letzte Ruhe.

In der DDR-Zeit wurde das Krankenhaus als Klinikum weiterbetrieben. Ab dem Jahr 1950 erfolgte im Auftrag des Magistrats von Ost-Berlin eine schrittweise Umwandlung der fünf ehemaligen Spezialkliniken in Buch zu einem verbundenen Klinikum.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: Betrieb in der DDR-Zeit

1957 wurde eine Entbindungsstation im Haus 505 eingerichtet und 1959 die eingeschossige Werkstatt und Remise um drei Achsen erweitert. 1963 wurde das Krankenhaus schließlich als Verwaltungsbereich V (später: Medizinischer Bereich V) in das Städtische Klinikum Buch eingebunden. Bis in die 1970er-Jahre erfolgte die Behandlung von Tbc-Kranken.

1976 endete die "Tuberkulose-Ära" der Klinik: Patienten mit Lungentuberkulose wurden nicht mehr aufgenommen und die I. Lungenklinik wurde in eine Klinik für Lungen-, Herz- und Gefäßkrankheiten umgewandelt. Im Jahr darauf folgte die Umbenennung der II. Lungenklinik zur Kardiologischen Klinik. Bis Ende der 1980er-Jahre wurde in der Einrichtung vor allem Herz- und Gefäßkrankheiten behandelt.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: Lost Place nach der Wende

Youtube Ludwig-Heim-Krankenhaus

Nach der Wende zogen sämtliche medizinischen Einrichtungen aus und die Gebäude des Krankenhauses standen ab Ende der 1990er-Jahre leer. 1995 war das Gelände noch Teil eines Wettbewerbs für den Neubau eines Haftkrankenhauses gewesen, welches an dem Standort aber nicht realisiert wurde. Auch die angedachte Nachnutzung des Klinikums als Technologiepark – eine Erweiterungsfläche des Biotec-Parks in Buch – wurde als nicht umsetzbar aufgegeben.

Inzwischen hatten sich weite Teile des Areals in ein unwegsames Gelände verwandelt: Ein Wildwuchs an Bäumen und Sträuchern umrankten die alten Nutzgebäude. Alte, schmiedeeiserne Zäune rosteten vor sich hin und das Baumaterial der Gebäude begann sichtbare Spuren des Verfalls zu zeigen. Das ganze Areal verwandelte sich in eine Landschaft von modernen Ruinen, die abenteuerlustige Jäger von Lost Places anzog und Fotografen eine pittoreske Trümmerkulisse bot. An den Wänden verewigten sich Graffiti-Künstler. Im Inneren stapelte sich der Schutt, von den Wänden blätterte der Putz und die verbliebenen Klinikeinbauten und Maschinen der Gebäudeversorgung verfielen.

Ehemaliges Ludwig-Heim-Krankenhaus: Sanierung zum Luxusresort

2008 wurde das Areal von der "UKB Denkmal AG" erworben und ein Bebauungsplan vorgelegt: Auf dem knapp 150.000 Quadratmeter großen Parkgrundstück entstanden bis Anfang der 2010er-Jahre unter Berücksichtigung der denkmalpflegerischen Anforderungen insgesamt 118 Wohnungen.

Neubauten wie Sport- und Freizeitanlagen, eine Wellnessoase und eine Kindertagesstätte ergänzten das Ensemble der herausgeputzten, historischen Klinikgebäude. Ein "Salon de fête" dient den Bewohnern als Ort für Zusammenkünfte. 2012 begann die Belegung des Luxusquartiers in Buch, das als Resort "Allées des Châteaux" vermarktet wurde.