Lost Place

Lost Places: Auf dieser Brache entstehen Pankows Mega-Türme

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Das historische Stellwerk am Güterbahnhof Greifswalder Straße (Bildmitte) steht unter Denkmalschutz. Hier erfahren Sie alle Infos zu dem Lost Place.

Das historische Stellwerk am Güterbahnhof Greifswalder Straße (Bildmitte) steht unter Denkmalschutz. Hier erfahren Sie alle Infos zu dem Lost Place.

Foto: Thomas Schubert / Berliner Morgenpost

Um die Bebauung des alten Bahngeländes wird seit Jahren gestritten. Erfahren Sie hier alle wichtigen Infos zu dem Lost Place.

Berlin. Auf dem 1875 eröffneten Güterbahnhof an der S-Bahnstation Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg verkehren seit der Wendezeit keine Güterzüge mehr. Die Deutsche Bahn entfernte in den 2000er-Jahren alle Gleise des alten Güterbahnhofs und die verbliebenen Bahnhofsgebäude wie das historische Stellwerk wurden zu Industrieruinen. Erfahren Sie hier alle Informationen zu dem Lost Place.

Das sind die Fakten zum Güterbahnhof Greifswalder Straße im Überblick:

  • Adresse: Greifswalder Straße/Lilli-Henoch-Straße 21, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
  • Geschichte: Errichtung in den 1870er-Jahren; Betrieb als Güterbahnhof bis zum Ende der DDR; Stilllegung nach der Wende
  • Führungen: Keine
  • Status: Aktueller Lost Place
  • Planung: Das Gelände wurde 2011 von einem Investor erworben. Eine Bau-Sperre verhinderte bis dato jegliche Neubaupläne
Lost Places in Pankow
Lost Places in Pankow

Wo liegt das Güterbahnhof Greifswalder Straße genau?

Das gut 25.000 Quadratmeter große ehemalige Bahngelände Greifswalder Straße liegt zwischen der Greifswalder Straße und dem Zeiss-Großplanetarium nördlich der Siedlung Ernst-Thälmann-Park im Ortsteil Prenzlauer Berg des Bezirks Pankow. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Areal am besten vom S-Bahnhof Greifswalder Straße (S41, S42, S8, S85, Tram M4, Bus 158) zu erreichen. Achtung: Das Betreten der Gebäude ist nicht erlaubt. Das Betreten von Bahnanlagen ist generell verboten und lebensgefährlich. Auch interessant: Lost Places: Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Güterbahnhofs Greifswalder Straße:

Wachsende Metropole Berlin: Güterbahnhof entstand in der Gründerzeit

Der Personenbahnhof der Ringbahn wurde 1875 westlich der Greifswalder Straße eröffnet. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Gebäude für die Güterabfertigung zwischen dem Gasometer (heutige Zeiss-Großplanetarium) an der Prenzlauer Allee und der zwei Jahre zuvor in Betrieb genommenen Städtischen Gasanstalt IV (heutiger Ernst-Thälmann-Park) an der Greifswalder Straße.

Der Güterbahnhof Greifswalder wickelte die Wirtschaftsgüter für die sich rasch an der Nordbahn ansiedelnden Industrien und Gewerbegebiete ab und verband die Bahn mit dem hinter dem Bahnhof liegenden Gaswerk, welches Kohlengas durch Entgasung von Steinkohle erzeugte und damit dabei half, die bis dahin trübselige öffentliche Beleuchtung im Norden Berlins von Öllampen auf die moderneren Gaslampen umzustellen.

Güterbahnhof Greifswalder Straße: So war der Bahnhof angelegt

In einem Berliner Stadtplan wird der Güterbahnhof das erste Mal im 1896 erschienen Plan von Julius Straube verzeichnet. Genauso wie der benachbarte Personenbahnhof hieß er ursprünglich Weißensee (Ringbahn), obwohl er sich nie in Weißensee befand, und wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg in Güterbahnhof Greifswalder Straße umbenannt.

Die Gütergleise verliefen parallel zu den Personengleisen an der Ringbahn. An der Greifswalder Straße war die Güterabfertigung mit der Ladestraße I und II angesiedelt. Zur Prenzlauer Allee hin befand sich nach der Elektrifizierung des Bahnhofs in den 1920er-Jahren das Gleichrichterwerk. Seit 1924 ergänzte das markante Stellwerk (B2/B3) am ehemaligen Güterschuppen den Bahnhof. Das denkmalgeschützte Gebäude – es geht zurück auf Pläne von Siemens & Halske aus dem Jahr 1912 – ist heute noch erhalten und kann vom Personenbahnhof Greifswalder Straße eingesehen werden.

Güterbahnhof Greifswalder Straße: Eigener Anschluss für das Gaswerk

Hinter dem eigentlichen Güterbahnhof hatte das Gaswerk seine eigenen Gütergleise für den Kohletransport, die in zwei Strängen entlang der Winsstraße und des Geländes des heutigen Ernst-Thälmann-Parks die Gasanstalt mit dem Güterbahnhof und der Nordbahn verband. Wegen der Gefahr von Funkenflug wurden auf dem Kraftwerksgelände nur Dampfspeicherloks zum Rangieren der Waggons eingesetzt. Ab 1915 begann im Gaswerk zusätzlich eine Benzolproduktion. Die flüssigen Zwischen- und Endprodukte wurden über Kesselwagen vom Güterbahnhof Greifswalder Straße abtransportiert.

Südöstlich der Greifswalder Straße gab es noch einen etwas später angelegten Abschnitt des Güterbahnhofs, der auch als Rangierbahnhof diente. Hier befanden sich in den 1960er-Jahren auf einem Areal, welches bis zur Kniprodestraße reichte, die Ladestraßen 3 bis 5, Überholungsgleise und ein gesonderter Kohlenbahnhof. Die Fläche des Güterbahnhofs Ost wird auch heute noch zum Teil für die Anlieferung von Material für die Deuna-Zementfabrik genutzt und ist einer der wenigen noch erhaltenen Güterbahnhöfe im innerstädtischen Bereich.

Güterbahnhof Greifswalder Straße: Betrieb in der DDR-Zeit

In der DDR-Zeit blieb der Güterbahnhof Greifswalder Straße ein wichtiger Umschlagplatz für Güter im Kiez. Er diente der Versorgung der Anwohner und der Anlieferung von Materialien für die Gewerbebetriebe und wurde über Jahrzehnte ausgebaut und modernisiert.

Erst mit dem Aus für die Gaswerke Anfang der 1980er-Jahre begann auch der Niedergang des Güterbahnhofs. Infolge der Umstellung Berlins auf Erdgas war das Gaswerk 1981 stillgelegt und zwei Jahre später abgerissen worden. Auf dem Gelände errichtete die DDR die Siedlung Ernst Thälmann, die 1986 eingeweiht wurde. Auch wenn der Betrieb auf dem Güterbahnhof vorerst weiterging – die vormalige Bedeutung für den Güterverkehr erreichte er nicht mehr.

Nach der Wende: Greifswalder Straße wird zum Geisterbahnhof

Das endgültige Ende für das Bahnareal westlich der Greifswalder Straße kam mit der Wiedervereinigung, als die Industrie in der Umgebung wegbrach. Der Güterverkehr am Güterbahnhof Greifswalder Straße-West wurde eingestellt. Übrig blieb eine rund 28.000 Quadratmeter große Fläche, die sich im Laufe der Zeit in eine Brache verwandelte.

Die Deutsche Bahn ließ die Gleisanlagen auf dem Gelände entfernen. Die übrig gebliebenen Bahngebäude waren dem Verfall und Vandalismus ausgesetzt. An den Außenflächen von Gebäuden und abgestellten S-Bahnen verewigten sich Graffiti-Künstler. Immer wieder kam es zu Unfällen: So starb 2013 ein 15-Jähriger, der sich auf dem Gelände des Güterbahnhofs Greifswalder Straße-Ost aufhielt, durch einen Stromschlag.

Und die Zukunft? Das sind die Pläne für das Areal

2011 wurde das 28.000-Quadratmeter-Areal von der Deutschen Bahn an den Investor Christian Gérôme verkauft. Sein Plan: Drei neue Hochhäuser sollen neben dem Thälmannpark-Viertel entstehen und die historischen Bahnhofsgebäude als Eventlocation genutzt werden. Um die Bebauung der Brache wird seitdem zwischen Investor und Bezirk gerungen. Zwischenzeitlich wurde das Gelände von verschiedenen Künstlerkollektiven und einem Zirkus für Veranstaltungen genutzt.