Berlin. Für wenige Jahre war das Heide-Theater in der Schönholzer Heide in Pankow beliebter Anziehungspunkt für Kunstschaffende in der DDR und Tausende Besucher. Dann sorgte der Mauerbau und der Lärm des Flughafen Tegels für ein jähes Ende des Open-Air-Theaterbetriebs. Noch heute finden sich Spuren des alten Theaters und seiner unterirdischen Versorgungsbauten in der Heide – in aller Öffentlichkeit, aber sichtbar nur für Kenner und erfahrene Stadt-Archälogen. Erfahren sie hier alle wichtigen Informationen zu dem Lost Place.
Das sind die Fakten zum Heide-Theater in der Schönholzer Heide im Überblick:
- Adresse: Volkspark Schönholzer Heide. Friesenstraße, Ecke Herrmann-Hesse-Straße, 13156 Berlin-Niederschönhausen
- Geschichte: In den 1950er-Jahren errichtet; 1956 eröffnet; 1961 infolge des Mauerbaus geschlossen
- Führungen: Unregelmäßige Veranstaltungen und Audio-Führungen durch das NaturTheaterKollektiv NordOst
- Status: Aktueller Lost Place
- Planung: Während des Corona-Pandemie gab es Initiativen die Spielstätte als Freilufttheater für einzelne Events wiederzubeleben. Seitdem finden am Standort vereinzelt Veranstaltungen des NaturTheaterKollektivs NordOst statt
Wo lag das Heide-Theater genau?
Das Freilicht-Theater lag im südöstlichen Teil des Volksparks Schönholzer Heide im Ortsteil Niederschönhausen im Bezirk Pankow zwischen dem heutigen Paul-Zobel-Sportplatz an der Hermann-Hesse-Straße und der Friesenstraße. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Standort am besten mit der Buslinie 150 beziehungsweise N52 zu erreichen (Haltestelle Heinrich-Mann-Straße). Alternativ benötigt man zum ehemaligen Theater vom S-Bahnhof Schönholz (S1, S25, S26, Bus 150, 327, N52) etwa 10 Minuten zu Fuß.
Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Heide-Theaters:
Ausgangslage: Das Theater hatte einen Vorgänger
Der Platz, an dem in den 1950er-Jahren das Heide-Theater entstand, konnten bei dessen Eröffnung 1956 bereits auf eine bewegte Geschichte zurückblicken: Die Wiese nahe dem ehemaligen Gutshauses "Schloss Schönholz" wurde um die Jahrhundertwende zu einer stadtbekannten Vergnügungsstätte mit Schützenfesten, Restaurants und Biergärten ausgebaut. Ab 1936 kam das Traumland hinzu: Der Nachfolger des Luna-Parks in Halensee war damals der größte Vergnügungspark Berlins – inklusive 18 Meter hoher Himalaya-Achterbahn, Riesenrad, Wasserrutsche, Tanzsälen, Varietés und einer beliebten Freilichtbühne.
Im Zweiten Weltkrieg wurden der Vergnügungspark zum Zwangsarbeiterlager umfunktioniert: Baracken, Schießanlagen und der heute noch vorhandenen Luna-Bunker ersetzten die Schaubuden. Auch im Schloss und dem Festsaal, die beide im Krieg vollständig zerstört wurden, waren Zwangsarbeiter untergebracht. In der Nachkriegszeit wurde die Heide von der Roten Armee zunächst als Lagerplatz für demontierte Fabrikausrüstungen genutzt. Nach der Gründung der DDR reifte in den 1950er-Jahren der Plan, dass erneut eine Freilichtbühne in der Heide entstehen sollte.

- Diese Zeitkapsel ist für Ruinentouristen auf ewig verloren
- Wie ein vergessenes Stück Berliner Mauer fast zerstört wurde
- Die traurige Geschichte des Kinderkrankenhaus Weißensee
- Was passiert mit der mysteriösen Riesen-Ruine von Weißensee?
- Horror-Kaserne von Pankow: Ein letzter Gewaltakt der DDR
- Welche Geheimnisse birgt das Stasi-Krankenhaus Buch noch?
- Deshalb verkam die Schwimmhalle Pankow zur Ruine
- Wie das Kino Colosseum zu Pankows jüngstem Lost Place wurde
Heide-Theater: Eröffnung der Freilichtbühne Mitte der 1950er-Jahre
Mitte der 1950er-Jahre wurde das kleine Freilichttheater im Rahmen des Nationales Aufbauwerk (NAW) in den Resten des rückwärtigen Biergartens des Tanzsaales "Schloss Schönholz" errichtet. Wie bei der Rennbahn Weißensee waren es Freiwillige, die den Bau ermöglichten und fertigstellten. Am 15. August 1956 wurde das Heide-Theater mit einer Kapazität von 2500 Sitzplätzen eröffnet. Zur Premiere durfte sich das Publikum auf Shakespeares "Maß für Maß" freuen, gespielt vom "Hans Otto Theater" Potsdam.
- Bethanienturm in Weißensee: Verlorene Kirchenruine soll zu Loft werden
- Schlachthof in Pankow: Selbst der "Lange Jammer" konnte das Gemetzel kaum verbergen
- Atombunker und Südfrüchte: Die mysteriöseste Klinik der DDR
- Pankows Leichenvilla: Die morbide Chronik eines Lost Place
- Riesenpanne verwandelt Prestige-Neubau in Lost Place
- Diese Theater-Ruine verblüfft selbst Lost-Places-Kenner
- Wie Berlins Star-Architekt einen Greisen-Knast verhinderte
- Die mörderische Vergangenheit des Luna-Bunkers in Berlin
- So wurde ein architektonisches Meisterstück zum Geisterhaus
- Von wo aus Ost-Berlin einst mit Milch versorgt wurde
Heide-Theater: Publikumserfolge mit Dramen, Komödien und Amiga-Abenden
In den folgenden Jahren wurde die Bühne mit wechselndem Kulturprogramm von unterschiedlichen Ensembles bespielt: Klassische Dramen wie das Stück "Iphigenie auf Tauris" von Johann Wolfgang von Goethe wechselten sich mit Operetten – beispielsweise Eduard Künnekes "Der Vetter aus Dingsda" – und Musik- und Tanzabenden ab.
Das Spektrum der Darstellenden reichte vom DDR-Friedrichstadtpalast, der Deutschen Staatsoper über das Kabarett "Die Distel" bis zum Erich-Weinert-Ensemble der Nationalen Volksarmee. Neben leichter Konzertmusik war vor allem der Tanzabend nach neuesten Amiga-Schallplatten ein Publikumserfolg. Vor der Schließung der Sektorengrenzen zog das kleine Open-Air-Theater Besucher aus Ost- wie West-Berlin an.
- Dieses Schloss wurde zur Rettung für viele Todgeweihte
- Wie es um den vergessenen Schatz der BVG in Pankow steht
- Geheimnisvolle Relikte: Die vergessenen Bunker von Pankow
- Spitzel am FFK-See: Der unheimliche Stasi-Bunker von Pankow
- Alte Radrennbahn – Spektakuläres Video zeigt die Sternstunde von Weißensee
- Wo einst Fidel Castro, Tito und Breschnew residierten
- Alte Botschaft Australiens: Ein Betonmonster wird zur Kita
- Wie Pankows Riesen-Klotz zu einer mysteriösen Ruine wurde
- Alte Schmiede in Pankow wird zu Neubauprojekt
Heide-Theater: Der Eiserne Vorhang besiegelt das Ende
Nach seiner Eröffnung erlebte das Theater weitere Phasen des Ausbaus: 1958 entstand eine große WC-Anlage, um den Publikumsandrang zu bewältigen. Es fehlte aber noch an einer durchgehenden Bestuhlung der Freiluftbühne und einer angemessenen Gastronomie. Ein Lokal ergänzte schließlich das Theater, welches von der DDR-Handelsorganisation als "Theaterklause" betrieben wurde.
Doch Anfang der 1960er-Jahre verlor das Projekt an Schwung. Ab Januar 1960 nahm der Linienflugbetrieb am Flughafen Tegel seinen Betrieb auf. Der Fluglärm störte die Aufführungen und die Besuchszahlen waren rückläufig. Das endgültige Aus kam mit dem Bau der Mauer. Die Schließung der Grenze zu West-Berlin 1961 und die grenznahe Lage am S-Bahnhofs Schönholz besiegelte das Ende des Heide-Theaters, das in der Folge fast vollständig abgebaut wurde.
- Ehemalige Botschaft Iraks in Pankow: Verbotene Blicke ins Terror-Nest
- Unheimliches Relikt: Der Stasi-Wachturm von Weißensee
- Nur Eingeweihte kennen diesen Geisterbahnhof in Pankow
- In dieses Irrenhaus wurden Hitlers Leichenreste gebracht
- Erinnern Sie sich noch an diese alten Tankstellen in Pankow?
- Stadtbad Oderberger: Fatale Panne zerstörte das Juwel beinah
- Das ist die verdienstvolle Geschichte der Feuerwache Pankow
- Einst waren die Gummifabriken der ganze Stolz von Weißensee
- Wie das legendäre Kulturhaus Peter Edel gerettet wurde
Heide-Theater: Was von dem Lost Place geblieben ist
Außer der Erinnerung älterer Anwohner haben sich einige materielle Spuren des Theaters in der Schönholzer Heide erhalten. Hinter dem Rettschlagtor an der Hermann-Hesse-Straße lag das Heide-Theater. Von der asphaltierten Nord-Süd-Verbindung aus passieren Besucher einen Sockel, auf dem einst die Figur des Komponisten Carl Maria von Webers (1786–1826) stand. Er befand sich am Foyer des Theaters.
Einige Meter weiter führt eine markante Treppe mit verrostetem Geländer ins Nichts. Auf dem Areal des früheren Theaters finden sich weitere kleinere Treppenreste, Ziermauern und Steinabsätze und Geländer. Der Zuschauerplatz war vertieft und ist heute mit Erdreich verschüttet. Erhalten haben sich auf dem Gelände stark verrostete Lautsprecher- und Lichtmasten. Fünf isolierte Betonsäulen markieren die Rückseite des ehemaligen Bühnenbereichs. Unterhalb des Areals befinden sich zugeschüttete Versorgungsräume des Theaters, die teilweise ursprünglich noch aus der Zeit des Luna-Lagers für Zwangsarbeiter stammen.