Berlin. 65 Meter hoch ragt der Turm der einstigen Bethanienkirche in den Himmel über Weißensee. Gottesdienste finden dort schon lange nicht mehr statt. Jahrzehntelang war das Ensemble am Mirbachplatz dem Verfall preisgegeben. Das Kirchenschiff selbst wurde im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört, allein der Turm blieb stehen, wurde aber versiegelt und fristete als einer von vielen Lost Places in Pankow ein eher unbeachtetes Dasein. Doch seit einiger Zeit bewegt sich etwas im Mirbachkiez. Aktuell gibt es Pläne, den denkmalgeschützten Turm in ein Wohnungsbauprojekt zu integrieren.
Damit ist der Bethanienturm nicht allein: Etliche Ruinen wurden im Norden Berlins bereits in Wohnraum umgewandelt, bei anderen steht die Fertigstellung neuer Wohnungen kurz bevor. Zum Teil handelt es sich um Kleinstprojekte, in anderen Fällen sollen die ehemaligen Lost Places integriert werden in völlig neu entstehende Stadtquartiere. An dieser Stelle geben wir einen Überblick, welche ehemaligen Lost Places mittlerweile als Wohnraum zur Verfügung stehen – und bei welchen die Fertigstellung bevorsteht.
Bethanienturm in Berlin-Weißensee: 18 Loft-Wohnungen sollen entstehen
Im Fall des Bethanienturms in Weißensee hatte der Wuppertaler Architekt Bernd Bötzel bereits im Jahr 2001 Ideen zur denkmalgerechten Umnutzung der Ruine der Bethanienkirche vorgestellt. Er wandte er sich an das Bezirksamt Pankow, das schließlich im Mai 2020 dem Projekt die Baugenehmigung erteilten. 2021 verzichtete das Bezirksamt auf sein Vorkaufsrecht. Ein Berliner kaufte daraufhin die Immobilie, um das Bauprojekt zu realisieren. Einzige Bedingung des Bezirks: Die Kirchturmglocke muss zweimal täglich geläutet werden können.
Die Kirchturmruine in Berlin-Weißensee soll nun zum Luxus-Loft umgebaut werden: An Stelle des zerstörten Kirchenschiffes wird ein neuer gestaffelter Baukörper in ähnlicher Dimension und Grundfläche gesetzt. Insgesamt 18 Loft-Wohnungen sollen im Kirchturm und dem neuen Gebäudeflügel untergebracht werden.
Der historische Bestand wird denkmalgerecht saniert. Auch der ruinöse Charakter der Kirche und die Zerstörungen sollen als historische Spuren sichtbar bleiben und werden nicht kaschiert. Im Mai 2022 begannen mit der dauerhaften Sicherung der Ruine mittels Metallstreben, Versteifungen und Klammern die konkreten Bauvorbereitungsmaßnahmen. Ab 2023 sollen auch wieder die Kirchenglocken ertönen – die künftigen Bewohner des Turms werden sie geräuschgedämpft durch eine isolierte Decke hören. Das Projekt soll bis Sommer 2023 fertiggestellt werden.
Lost Places in Pankow: Im Ortsteil Buch entstanden aus Ruinen neue Wohnungen
Andere ehemalige Lost Places im Bezirk Pankow wurden bereits saniert und einer neuen Nutzung als Wohnraum zugeführt. Ein weiteres Beispiel ist das ehemalige Alte-Leute-Heim im Ortsteil Buch. Von 1905 bis1909 nach Plänen des Architekten Ludwig Hoffmann als Altenheim erbaut, war der Komplex zu DDR-Zeiten Teil des Klinikums Buch. Nach der Wiedervereinigung und der Auflösung des Klinikums Buch in den Wendejahren wurden die medizinischen Abteilungen auf
Nach der Wiedervereinigung und der Auflösung des Klinikums Buch in den Wendejahren wurden die medizinischen Abteilungen auf dem Gelände ab 1991 schrittweise aufgelöst. Nach einer Zwischennutzung durch eine private Klinik von 1994 bis 2004 stand der Komplex weitgehend leer: Die denkmalgeschützten Bauten waren sanierungsbedürftig und das Areal drohte dem Verfall überlassen zu werden und zu verwildern.
Im März 2007 übernahm die Combag AG das denkmalgeschützte Gelände vom Liegenschaftsfonds Berlin und begann 2010 mit der Restaurierung, Sanierung und dem Umbau des Alte-Leute-Heims in das neue Wohnquartier LudwigPark. Die Investoren verwirklichten auf dem Areal ein Mehrgenerationenkonzept mit Wohnungen, Pflegeheim, Hospiz und Veranstaltungsräumen und hauchten damit den integrativen Ideen Ludwig Hoffmanns für das Gelände neues Leben ein. Seit 2010 sind rund 200 Wohn- und Gewerbeeinheiten in der denkmalgeschützten Wohnanlage entstanden.
Pankow: Aus einem Lost Place wird ein komplett neues Quartier
Ebenfalls in Buch befindet sich das Ludwig Hoffmann Quartier. Nach der Fertigstellung 1914 diente der Komplex als Genesungsheim für Kinder. In der DDR war das Genesungsheim Teil des Klinikums Buch. 2011 erwarb die Ludwig Hoffmann Quartier Objektgesellschaft mbH & Co KG das leerstehende denkmalgeschützte Areal. 2012 begann die Sanierung der ersten historischen Gebäude.
Auf dem rund 280.000 Quadratmeter großen Areal sollen etwa 1000 Wohnungen, zwei Schulen, zwei Kindergärten, eine Sporthalle mit dazugehöriger Sportanlage, eine Seniorenwohnanlage und weitere soziale Einrichtungen entstehen. Ende 2015 war etwa die Hälfte der Wohnungen fertiggestellt, rund 450 Wohnungen in den historischen Bauten sind bereits bezogen. Noch 2023 soll das neue Quartier komplett fertiggestellt sein.
Stasi-Krankenhaus in Berlin-Buch: Neues Stadtquartier mit 2700 Wohnungen
Eine eher düstere Geschichte als Lost Place hat das frühere Stasi-Krankenhaus in Buch.1980 wurde die Klinik des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ieröffnet. Nach dem Mauerfall und dem Ende der DDR schloss sich eine Zeit im Besitz eines privaten Krankenhauskonzerns an, bis 2007 die komplette Schließung der Klinik erfolgte. Aktuell ist eine Loft-Nutzung des Gebäudes als Teil des neuen Stadtquartiers Buch - Am Sandhaus mit bis zu 2700 Wohnungen im Gespräch.
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Ehemaliger Wasserturm im Kollwitzkiez beherbergt neun Wohnungen
Zum Wohnen geeignet sind auch die diversen ehemaligen Wassertürme im Bezirk. Bereits genutzt wird der Wasserturm im Kollwitzkiez, mehr oder weniger das Wahrzeichen des Bezirks. Der Turm gehört der kommunalen Gewobag und beherbergt neun Ein- bis Sechs-Zimmer-Wohnungen zwischen 48 und 170 Quadratmetern.
Turmruine in Heinersdorf könnte Teil des Riesenprojekts Blankenburger Süden werden
Der Wasserturm in Heinersdorf ist dagegen schon vor vielen Jahren zum Lost Place verkommen. Dabei gab es bereits kurz nach dem Mauerfall den Plan eines Investors, im Turm Lofts zu errichten. Dieser scheiterte jedoch. Nun will sich der Bezirk Pankow selbst der Turmruine annnehmen und diese zurückkaufen. Sie könnte dann Teil des Stadtquartiers Blankenburger Süden mit bis zu 5500 Wohnungen werden.