Berlin. Auf der Radrennbahn in Weißensee wurde nicht nur Sportgeschichte geschrieben – auch Musiker verewigten sich hier im Gedächtnis der Zuschauer und entfachten auf einem legendären Konzert 1988 den Freiheitswillen einer begeisterten Masse – das spektakuläre Video zu dieser Sternstunde des Pankower Ortsteils finden Sie unten. Nach der Wende waren die großen Tage der Anlage gezählt – und sie wurde zu einem der vielen Lost Places in Berlin. Hier erfahren Sie alle wichtigen Informationen zur Radrennbahn Weißensee:
Das sind die Fakten zur Radrennbahn Weißensee im Überblick:
- Adresse: Rennbahnstraße 39-45, 13086 Berlin-Weißensee
- Geschichte: 1877 als Trabrennbahn angelegt; 1955 Wiedereröffnung als Radrennbahn; ab Ende der 1980er-Jahre Veranstaltungsort; nach der Wende Sportstätte
- Führungen: Keine
- Status: Ehemaliger Lost Place

Wo liegt die Radrennbahn in Weißensee genau?
Die Radrennbahn Weißensee liegt an der Rennbahnstraße 39-45 im Ortsteil Weißensee im Bezirk Pankow. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Sportstätte am besten mit den Buslinien 156, 158, X54 und N50 (Haltestelle Rennbahnstraße/Gustav-Adolf-Straße) zu erreichen.
Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte der Radrennbahn in Weißensee:
Ausgangslage: Vor den Radrennfahrern begeisterten die Traber in Weißensee das Publikum
Auf dem Gelände der heutigen Radrennbahn errichtete der Berliner Traber-Club 1877 die erste Berliner Trabrennbahn. Die Veranstaltungen lockten damals bis zu 12.000 neugierige Besucher nach Weißensee, das damals noch ein Gutsbezirk vor den Toren Berlins war. Der große Andrang führte dazu, dass eine Sonderlinie der Straßenbahn zu den Eingängen der Rennbahn geführt wurde.
Als Ausflugsziel trug die Trabrennbahn zur wachsenden Bekanntheit Weißensees bei, welches ab 1880 den Status einer Landgemeinde erhielt und ab 1920 zusammen mit umliegenden Gemeinden in das Berliner Stadtgebiet eingemeindet wurde.
Die Zeit der Pferderennen auf der Anlage in Weißensee war damals schon zu Ende gegangen: Nach mehreren Umbauten und zeitweiligen Schließungen waren die Rennen 1912 auf andere Rennbahnen verlagert worden. Das Gelände in Weißensee wurde in der Zeit des Ersten Weltkrieges und der Weimarer Republik hauptsächlich als Sportplatz genutzt.
Radrennbahn in Weißensee: Eröffnung der Anlage in der Nachkriegszeit
Die Radrennbahn wurde Mitte der 1950er-Jahre auf dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn Weißensee von Tausenden Freiwilligen erbaut und unter Verwendung von Trümmerschutt mit Tribünen für 9000 Zuschauer hergerichtet. Der Rundkurs betrug nach der klassischen Norm 333 Meter und wurde in Beton ausgeführt. Das gesamte Areal war wesentlich größer.
Nach der feierlichen Eröffnung 1955 wurde auf der Radrennbahn jahrzehntelang Sportgeschichte geschrieben: Unter anderem wurden hier die Berliner Bahnmeisterschaft, der Große Osterpreis und die DDR-Meisterschaft im Bahnradsport ausgetragen. Neben Radrennen fanden auch motorisierte Wettkämpfe statt: Sportler zogen mit Motocross-Maschinen und Trialräder in der Sportanlage ihre Bahnen. Das Publikum feuerte Radlegenden wie die Weltmeister Volker Winkler, Lutz Heßlich, Omar Pchakadse aus der UdSSR und Tandem-Weltmeister Werner Otto an.
Ab den späten 1980er-Jahren wurde das Gelände der Radrennbahn Weißensee für Musikgroßveranstaltungen und mehrtägige Open-Air-Festivals genutzt: James Brown und Joe Cocker spielten hier vor der Wende Konzerte. Geschichte schrieb aber der Auftritt von Bruce Springsteen.
Legendäre Konzertspielstätte: Vier Stunden spielte Springsteen für seine Fans
Rock-Superstar Bruce Springsteen spielte auf dem Gelände das größte Konzert in der Geschichte der DDR. 1988 versammelten sich wohl mehr als 160.000 Menschen vor der Bühne – manche Quellen sprechen sogar von 300.000 Gästen des Open-Air-Konzerts.
"Das Ende der wogenden Menge war von der Bühne aus nicht zu erkennen", schrieb Springsteen in seiner Autobiographie "Born to Run" über das legendäre Konzert in Weißensee.
Der Musiker heizte damals die Menge auf Deutsch an. Er erklärte auf der Bühne, er sei gekommen "in der Hoffnung, dass eines Tages alle Barrieren umgerissen werden." Das Publikum jubelte. Wenige Monate später fiel die Mauer.
Ein spektakuläres Videos zeigt Springsteens Auftritt in Weißensee – und die Reaktionen des ekstatischen Publikums auf seinen Klassiker "Born in the USA".
Im Jahr 1990 folgten die Rolling Stones: 50.000 Besucher versammelten sich in der alten Radrennbahn in Weißensee um Mick Jagger und seine Bandkollegen zu hören. Knapp zwei Wochen nach dem Auftritt der Stones folgte noch ein Konzert-Höhepunkt: Tina Turner, Chris de Burgh, die Simple Minds, Gianna Nannini, Peter Maffay und die Toten Hosen versammelten sich für ein zweitägiges Open-Air-Festival im Norden Berlins. Fünf Tage später trat David Bowie an der Radrennbahn auf. Hintergrund: Nazi-Boxtraining auf öffentlichem Sportareal in Weißensee
Nach der Wende: Die großen Tage der Radrennbahn Weißensee waren gezählt
Danach war Schluss mit den großen Rockkonzerten und die Spielstätte verkam langsam zu einer Brache. Ende der 1990er-Jahre wurden die letzten Reste der alten Radrennbahn abgebaut. Das Areal beherbergte zwar noch Sportanlagen – von seiner ursprünglichen Nutzung war aber nichts mehr übrig. Schon lange hatte sich auch kein Musikstar mehr auf die ehemalige Radrennbahn verirrt und weite Teile der historischen Anlage begannen zu einem Lost Place zu verwahrlosen: Rostige Eisentore, überrankte Zäune und Brachen neben den noch genutzten Plätzen der Anlage.
In der jüngsten Zeit wurde aber das Areal weitestgehend saniert. Die ehemalige Radrennbahn beherbergt jetzt mehrere Rasen- und Kunstrasenplätze für Fußball und Hockey, Leichtathletikbahnen, eine Sporthalle, ein Baseballfeld, eine Bogensportanlage, ein Tenniscenter sowie eine Discgolfanlage. Zuletzt wurde auf dem Gelände eine Brache für den Neubau einer Grundschule verwendet.
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