Berlin. In ganz Deutschland gibt es nur noch wenige Tankstellengebäude aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg – auch Vorkriegstankstellen genannt. Kaum eine davon wird noch aktiv betrieben. In den meisten Fällen haben sich Spuren von diesen frühen Tankstellen aus der ersten und zweiten Generation nur aus Zufall erhalten, ihre wenigen Reste zählen zu den vielen Lost Places in Berlin.
In Berlin gibt es eine Handvoll Tankstellengebäude, die aus der Vorkriegszeit stammen. So zum Beispiel die Tankstelle an der Holtzendorff-Garage in Halensee und die markante Tankstelle am Flutgraben im Kreuzberger Wrangelkiez. Bis vor einigen Jahren standen zwei Vorkriegszeittankstellen im Bezirk Pankow.
Das sind die Vorkriegstankstellen in Pankow:
Vorkriegstankstelle: Freie Tankstelle an der Schwedter Straße
- Adresse: Schwedter Straße 261, 10119 Berlin-Prenzlauer Berg
- Errichtung: Im Jahr 1928 gebaut; als Tankstelle im Betrieb bis 1986
- Denkmaltyp: Mietshaus, Remise und Tankstelle
- Denkmalnummer: Objekt-Nr. 09095460,T
- Status: Gebäude erhalten
Die meisten dürften die Freie Internationale Tankstelle in der Schwedter Straße durch ihren wechselnden, bunten Außenanstrich kennen. Ältere Anwohner haben hier vielleicht noch getankt. Die denkmalgeschützte Tankstelle ist 1928 gebaut worden und war bis 1986 als Tankstelle im Prenzlauer Berg in Betrieb. Danach diente das Gebäude als Treffpunkt für Künstler und kreativer Schnittpunkt im Kiez. Seit 2003 finden hier Ausstellungen, Live-Musik, Filmfestivals und 3D-Kinovorführungen statt.

Vorkriegstankstelle: Die Freie Tankstelle an der Stargarder Straße
- Adresse: Stargarder Straße 34–36, 10437 Berlin-Prenzlauer Berg
- Errichtung: Um 1910 gebaut; ab 1920 bis 2010 als Tankstelle betrieben
- Status: Abgerissen
Es war die wohl älteste, dauerhaft betriebene Tankstelle Berlins. Schon um 1910 machten Pferdedroschken und Kutscher Halt an der Stargarder Straße im Prenzlauer Berg, versorgten die Pferde mit Wasser und reparierten ihre Fuhrwerke. Anfang der 1920er-Jahre wurden auf dem Gelände die ersten Zapfsäulen installiert und seitdem Automobile betankt und an Pkws geschraubt. Zwei Weltkriege und die Teilung der Stadt überdauerte die Tankstelle bis man dem Betreiber nach einem Eigentümerwechsel des Grundstücks kündigte und die Tankstelle ab 2010 planierte. Das verseuchte Erdreich wurde abgetragen und die Öltanks aus dem Boden gerissen. Heute befindet sich ein Wohnhaus an der Adresse und an die alte Tankstelle erinnert nichts mehr.
Minol & Co.: Tankstellen in Pankow nach dem Zweiten Weltkrieg
Wer in der DDR sein Kraftfahrzeug betanken wollte, musste Ausschau halten nach einem gelbroten Pirol, dem Werbeträger des volkseigenen Mineralölkonzerns Minol. Auf dem Tankstellenmarkt der DDR herrschte wenig Konkurrenz. Seit den 1950er-Jahren gab der zentralen Kraftstofflieferant im Osten den Ton an und unterhielt ein großflächiges Netz an Zapfsäulen und Tankstellen – inklusive Nachtzapfstellen und Tankstellen mit nacht-tank-box, für die man einen eigenen Schlüssel benötigte.
Zur Zeit des Mauerfalls im Jahr 1989 existierten noch rund 1.250 Minol-Tankstellen. Die meisten gelbroten Zapfgebäude verschwanden danach sehr rasch. Im Januar 1993 übernahm der französische Mineralölkonzern Elf Aquitaine die Minol AG und ließ die Marke in den Folgejahren allmählich verschwinden.
Das sind die letzten Überreste von Minol-Tankstellen im Bezirk Pankow:
DDR-Tankstelle: Die alte Minol-Filiale in Rosenthal
- Adresse: Hauptstraße 115, 13158 Berlin-Rosenthal
- Errichtung: 1950er- oder 1960er-Jahre
- Typ: Minol-Tankstelle mit Nachtservice
- Status: Nur das Dach ist erhalten
Bei der Minol-Tankstelle in Rosenthal handelte es sich um eine Tankstelle mit damals moderner Nachttankbox, für die der DDR-Kraftstofflieferant Mitte der 1960er-Jahre mit den Worten warb: "Wer hat, der kann". Der Minol-Ratgeber von 1965 erläuterte: "Wer einen oder mehrere nacht-tank-box-Schlüssel hat, der kann sich zu jeder Nachtzeit unabhängig von einer geöffneten Tankstelle an der nacht-tank-box bedienen. Es lohnt sich deshalb immer, einige solcher Reserveschlüssel in unserem handlichen Plastiktäschchen bei sich zu haben". Ein Schlüssel öffnete jeweils eine Box, in der sich 5 Liter Kraftstoff befanden. Die Tankstelle an der Hauptstraße wird in dem Ratgeber 1965 aufgelistet. Heute ist an der Ecke in Rosenthal nur noch das Dach der ehemaligen Tankstelle zu finden.
DDR-Tankstelle: Ehemalige Minol-Tankstelle in Buchholz
- Adresse: Berliner Straße 51, 13127 Berlin-Französisch Buchholz
- Errichtung: 1950er- oder 1960er-Jahre
- Typ: Minol-Tankstelle
- Status: Nur das Dach ist noch vorhanden
Bei der zweiten Minol-Tankstelle handelt es sich um die Reste einer Mitte des 20. Jahrhunderts gebauten Mini-Zapfstelle mit zwei überdachten Tanksäulen an der Berliner Straße im Pankower Ortsteil Französisch Buchholz im Norden Berlins. Erhalten hat sich lediglich das markante Dach in den Farben rot und gelb. Die Zapfsäulen sind nach der Einstellung des Tankbetriebs abgebaut worden.
Geschlossene Gesellschaft: Exklusive DDR-Tankstellen in Pankow
Neben den verbreiteten Minol-Tankstellen gab es in der DDR an den Transitstrecken Filialen von Intertank – einer Minoltochter, die an den rotgelben Zapfsäulen Ostmark für ihre Kraftstoffe verlangte und an den grünweißen Tanksäulen Super und Diesel gegen bundesdeutsche DM anbot. Außerdem gab es Tankstellen, die nicht öffentlich waren und nur einem exklusiven Personenkreis zur Verfügung standen – wie die Tankstelle an den Nordgaragen des Schlosses Schönhausen in Pankow:
Historische Tankstelle: An den Nordgaragen von Schloss Schönhausen
- Adresse: Tschaikowskistraße 1a, 13156 Berlin-Niederschönhausen
- Errichtung: Vermutlich Anfang der 1950er-Jahre.
- Denkmaltyp: Fahrbereitschaft mit Garagen, Tankstelle und Einfriedung (1950, 1955–1956)
- Denkmalnummer: Objekt-Nr. 09085369,T,004
- Status: Überdachung erhalten.
Mit Gründung der DDR 1949 wurde das Schloss Schönhausen von der Sowjetunion an die DDR übergeben und diente Wilhelm Pieck bis 1960 als Amtssitz des Präsidenten der DDR. Die neue Nutzung erfordert die Unterbringung eines umfangreichen Fuhrparks in unmittelbarer Schlossnähe. Zu diesem Zweck kam es in den 1950er-Jahren zu Umbauten im Schloss und einer Erweiterung des Komplexes nach Norden durch Garagen und einer Tankstelle.
An die alte Tankstelle erinnert neben der vorspringenden Überdachung noch eine umlaufende Umschrift oberhalb der vier Betonpfeiler, die das Dach tragen. Die mahnende Inschrift warnt Umstehende vor der Brandgefahr: "5m mit Umkreise: Rauchen verboten". Die Tankstelle war vermutlich mindestens bis 1960 in Betrieb. Die Nordgaragen werden derzeit saniert: Bis 2024 soll auf dem Gelände ein Besucherzentrum entstehen.
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