Lost Places in Berlin

Die mörderische Vergangenheit des Luna-Bunkers in Berlin

| Lesedauer: 7 Minuten
Der Luna-Bunker wurde ursprünglich als zivile Schutzanlage konzipiert. Alle Infos zu dem Bunker in der Schönholzer Heide (Symbolbild).

Der Luna-Bunker wurde ursprünglich als zivile Schutzanlage konzipiert. Alle Infos zu dem Bunker in der Schönholzer Heide (Symbolbild).

Foto: Emily Kietsch

Mitten in der Schönholzer Heide findet sich ein halbverdeckter Bunker. Was hat es mit dem Lost Place in Berlin-Pankow auf sich?

Berlin. Der Volkspark Schönholzer Heide ist ein weitgehend naturbelassener Park in Pankow mit einer bewegten Geschichte. Nach 1936 entstand hier der Vergnügungspark Traumland als Nachfolger des berühmten Luna-Parks in Halensee. Auf dem Gelände ließen die Nationalsozialisten später einen Luftschutzbunker errichten, der Teil des Zwangsarbeiterlagers Schönholz wurde. Heutzutage zählt der Luna-Bunker zu einem der vielen Lost Places in Berlin. Hier erfahren Sie alle wichtigen Informationen zum Luna-Bunker in der Schönholzer Heide:

Das sind die Fakten zum Luna-Bunker im Überblick:

  • Adresse: Volkspark Schönholzer Heide, Hermann-Hesse-Straße 63, 13156 Berlin-Niederschönhausen
  • Geschichte: Als ziviler Luftschutzbunker in der Zeit des Nationalsozialismus errichtet. Ab 1940 Teil des Zwangsarbeiterlagers Schönholz. Leerstand seit 1945
  • Führungen: Vereinzelt werden Führungen von Geschichtsvereinen und Stadtteilzentren in der Schönholzer Heide angeboten, die auch den Luna-Bunker im Programm ihrer Tour haben.
  • Status: Aktueller Lost Place
  • Planung: Keine. Ein Antrag von 2013 in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung, den Bunker als Gedenkstätte herzurichten, verlief ohne Erfolg.

Wo liegt der Luna-Bunker genau?

Der Luna-Bunker liegt im Volkspark Schönholzer Heide im Ortsteil Niederschönhausen im Bezirk Pankow. Der Bunker liegt im südwestlichen Teil des Parks nördlich der Hermann-Hesse-Straße zwischen dem Schützenverein Schönholzer Heide und dem Bolzplatz im Park. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man den Volkspark am besten vom S-Bahnhof Schönholz (S1, S25, S26) oder den Buslinien 150, 155 und N52 (Haltestelle Hermann-Hesse-Straße). Die Zugänge zum Bunker wurden verschlossen. Das Betreten des Inneren ist nicht ratsam und nicht erlaubt. Lesen Sie dazu auch: Lost Places – Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Luna-Bunkers:

Vorgeschichte: Der Luna-Park zieht in die Schönholzer Heide

Bereits ab dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Schönholzer Heide – damals noch vor den Toren der Stadt gelegen – zu einem beliebten Ausflugsziel für erlebnishungrige Berliner. Nach der Schließung des Lunaparks in Halensee 1936 suchte die dortige Schaustellergemeinschaft ein neues Festgelände, mietete von der Berliner Schützengilde ein Areal im Volkspark Schönholz und eröffnete den Vergnügungspark Traumland.

Die beliebtesten Attraktionen: die berühmt-berüchtigte 18 Meter hohe Himalaya-Bahn, dazu Tanzpavillons, die Bayernhalle und die Traumstadt Liliput, in der nach zeitgemäßen Geschmack Kleinwüchsige zur Schau gestellt wurden. Ende der 1930er-Jahre endete die Geschichte des Vergnügungsparks – der Name Luna-Park blieb aber den Berlinern im Gedächtnis und wurde makabererweise als Luna-Lager auch für das spätere Zwangsarbeiterlager und als Luna-Bunker für den Schutzbunker auf dem Areal verwendet.

Luna-Bunker: Als Schutzbunker für die Stadtbevölkerung errichtet

Youtube Luna-Bunker in der Schönholzer Heide

In Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg ließen die Nationalsozialisten ab Mitte der 1930er-Jahren Luftschutzbunker in Deutschland errichten. Die Bunker sollten hauptsächlich dem Schutz der Zivilbevölkerung vor Luftangriffen dienen. Einer von diesen: der oberirdische Hochbunker in der Schönholzer Heide. In ihm hätten Anlieger Schutz vor Bombenangriffen suchen können. Ob der Bunker aber tatsächlich zum Luftschutz eingesetzt wurde, ist fraglich. Es gibt Hinweise darauf, dass er möglicherweise kurzzeitig als militärischer Nachrichtenbunker diente. So befindet sich in seiner Umgebung ein massiver Ankerring zur Befestigung eines Funkmastes. Bereits 1940 wurde er aber einer anderen Verwendung zugeführt.

Luna-Bunker: Zwangsarbeiter stellten Munition für den Krieg her

Seit 1940 diente das Gelände des ehemaligen Vergnügungsparks in der Schönholzer Heide als Luna-Lager der Misshandlung ausländische Zwangsarbeiter. Auf den Fundamenten des Festplatzes entstand auf Initiative der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG ein Barackenlager. Bald war es das zweitgrößte Zwangsarbeiterlager innerhalb Berlins.

In provisorisch errichteten Holzbaracken und dem oberirdischen Betonbunker mussten ab 1940 Zwangsarbeiter vorwiegend aus Polen, Frankreich, Belgien, Kroatien und Russland unter unmenschlichen Bedingungen leben. Die Internierten wurden vorrangig zur Zwangsarbeit in den Bergmann Elektrizitätswerken in Wilhelmsruh und für NS-Rüstungsbetriebe in Reinickendorf eingesetzt. Viele der Lagerinsassen kamen gewaltsam durch Mangelernährung, der Verweigerung medizinischer Versorgung, durch physische Belastungen und Kriegseinwirkungen wie Bombenangriffe ums Leben.

Auf dem nahegelegenen Kriegsgräberhain des ehemaligen Friedhofs Pankow VI östlich der Schießanlage Schönholz befinden sich die sterblichen Überreste von etwa 100 der hier gewaltsam zu Tode gekommenen Lagerinsassen. Auch das Schloss Schönholz, damals auch "Polenlager Schönholz“ genannt, und die Festsäle Thiemanns an der Straße vor Schönholz beherbergten Zwangsarbeiter. Sie wurden unter anderem in den Werken der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik in Borsigwalde und den Argus-Motorenwerke in Reinickendorf eingesetzt.

"Ausländerlager Schönholz": Diese Überreste finden sich noch in der Schönholzer Heide

Neben dem Luna-Bunker und dem erwähnten Kriegsgräberhain haben sich so gut wie keine Spuren des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers erhalten. Von den hölzernen Baracken und den Wachanlagen gibt es keine Überreste in der Schönholzer Heide – zumindest nicht oberirdisch. Mit einer bekannten Ausnahme: Zwei Geschütztürme mit Schießscharten Richtung Heide existieren heute noch. Sie befinden sich südlich und nördlich der Straße vor Schönholz und dienten der militärischen Abriegelung und Bewachung des Lagers.

Luna-Bunker: Vergessenes NS-Relikt nach 1945

Nach der Befreiung des Zwangsarbeiterlagers in der Schönholzer Heide durch die Rote Armee 1945 wurde der Luna-Bunker nicht – wie viele andere Hoch- und Tiefbunker in Berlin gesprengt – sondern halb verfüllt aufgelassen. Möglicherweise gab es in der DDR kurzzeitig eine Nachnutzung. In der Umgebung befindet sich am Südrand des ehemaligen Friedhofs 6 ein zweiter Bunker, der heute nicht mehr zugänglich ist, der aber vermutlich in der DDR-Zeit von der NVA als Nachrichtenbunker nachgenutzt wurde.

In den folgenden Jahrzehnten wurde der Luna-Bunker zu einem fast gänzlich in Vergessenheit geratenem Bauwerk – halb versunken im Erdreich überdauerte es die Zeiten: Wildwuchs umrankte den Bunker und Graffiti-Künstler verewigten sich am Beton der Außenwand. Gelegentlich verirrten sich noch Spaziergänger mit Hund, Jugendliche in Partylaune oder umtriebige Jäger verlorener Orte in die Nähe des wuchtigen Kriegsrelikts in der Schönholzer Heide. Besonders Abenteuerlustige suchten nach einem Eintritt, um das Innere des Bunkers als Film- und Fotokulisse zu nutzen. In jüngster Zeit wurden die Zugänge zu der Bunkeranlage aber weitestgehend gesichert und versiegelt.

Luna-Bunker: Gibt es Zukunftspläne für das Kriegsrelikt?

2013 wurde in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung ein Antrag gestellt, um zu prüfen, ob der Bunker als Mahnmal für Besucherinnen und Besucher zugänglich gemacht werden und er in die Gedenkveranstaltungen in der Schönholzer Heide einbezogen werden kann. Aus Mangel an finanziellen Mitteln für eine Begutachtung des Bunkers verlief der Antrag damals aber buchstäblich im Sande.

Zuletzt wurde im Jahr 2022 in dem Luna-Bunker 20 Versteckplätze für Fledermäuse eingerichtet und das Bunkerinnere von Müll befreit – mit Erfolg: Bei einer Kontrolle im Frühjahr 2023 wurden drei Wasserfledermäuse und zwei Braune Langohren gesichtet, die es sich in der Anlage gemütlich gemacht haben.