Lost Place

So edel residierten einst Fidel Castro, Tito und Breschnew

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Fidel Castro bei seinem Besuch in Ost-Berlin im Juni 1972.

Fidel Castro bei seinem Besuch in Ost-Berlin im Juni 1972.

Foto: picture alliance/AP Photo/lmazoch/Rogelio More

Nach der Wende war die Zukunft des imposanten DDR-Gästehauses in Niederschönhausen unklar. Alle Infos zu dem ehemaligen Lost Place.

Berlin. Das Gästehaus in Niederschönhausen diente ab 1968 als erstklassiges Hotel für ausländische Delegationen, die in der damaligen DDR auf Staatsbesuch waren: Illustre Gäste gaben sich die Klinke in die Hand. Nach der Wende stand das repräsentative Gebäude ab 1996 leer. Erfahren Sie hier alle wichtigen Infos zu dem ehemaligen Lost Place.

Das sind die Fakten zum Gästehaus der ehemaligen DDR-Regierung im Überblick:

  • Adresse: Tschaikowskistraße 3, 13156 Berlin-Niederschönhausen
  • Geschichte: Errichtung 1966–1967/1968 nach Plänen des Architekten Walter Schmidt; Leerstand nach der Wiedervereinigung
  • Führungen: Keine
  • Status: Ehemaliger Lost Place. 2012 saniert und zu Eigentumswohnungen umgebaut

Wo liegt das Gästehaus der ehemaligen DDR-Regierung genau?

Das heutige "Gästehaus im Schlosspark Schönhausen" liegt an der Adresse Tschaikowskistraße 3 im Ortsteil Niederschönhausen im Bezirk Pankow. Das Gebäude am westlichen Rand des Schlossparks Schönhausen ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit den Buslinien 250 oder der Tramlinie M1 (beide bis Haltestelle Tschaikowskistraße) zu erreichen.

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Gästehauses der ehemaligen DDR-Regierung:

Ausgangslage: Neubau für den Tross ausländischer Staatsgäste

1964 beschloss der DDR-Ministerrat, das Schloss Schönhausen, den früheren Amtssitz des Präsidenten, zum Gästehaus für ausländische Staatsgäste umzugestalten. Für die mitreisenden Mitarbeiter ließ man im Schlosspark eine eigene Unterkunft errichten: Mit dem Appartementhaus am Schloss Schönhausen wollte die DDR ihre Weltoffenheit zeigen – und ließ sich den repräsentativen Bau einiges Kosten. Heute gilt das Bauwerk als einer der bedeutendsten architektonischen Zeugnisse der DDR-Moderne der 1960er-Jahre.

Lost Places in Pankow
Lost Places in Pankow

Gästehauses der ehemaligen DDR-Regierung: Sozialismus mit fünf Sternen

Der Stahlbetonskelettbau wurde im Auftrag des Ministerrats zwischen 1966 und 1968 nach Plänen des Berliner Architekten Walter Schmidt errichtet. Die Fassaden entwarf der Bildhauer Fritz Kühn. Hans Hoßfeld war für die Innenausstattung verantwortlich. Die Qualität war bis ins letzte Detail perfekt: Von den Marmorböden über die raumhohen Wandpaneele bis hin zu großzügigen Glaselementen und getönten Außenfenstern. Der umgebende Schlosspark wurde eigens durch den Gartenplaner Karl Kirschner umgestaltet. Der Maler Walter Womacka entwarf ein Keramikwandbild an der Gartenfassade und schmückte den Hauseingang mit dem Fries "Tauben und Weltkugel". 1968 war der Bau bezugsfertig: Das Gästehaus erwartete die ersten Delegationen.

Gästehauses der ehemaligen DDR-Regierung: Betrieb bis zum Mauerfall 1989

Mit getönten Scheiben, Glaswänden im Innern, einer großen Empfangshalle sowie Restaurants und Bars sollte das Gebäude in den 1970er- und 1980er-Jahren seinen Gästen den größtmöglichen Komfort bieten. Es gab dort Empfänge, Konferenzen und Filmvorführungen. Im Laufe seiner Nutzung waren im Appartementhaus unter anderem die Minister und Mitarbeiter von Indira Gandhi, Willy Brandt und Michail Gorbatschow untergebracht. In den 1970er-Jahren sollen außerdem Fidel Castro, Leonid Breschnew und Josip Tito persönlich im mondänen Appartementhaus am Schloss Schönhausen einquartiert gewesen sein.

In den 1980er-Jahren wurde das Gästehaus noch einmal aufwendig modernisiert: Der Küchentrakt wurde erweitert, die Innenräume umgestaltet und die Haustechnik auf den neuesten Stand gebracht. Außerdem versah man die Beton-Fassadenelemente des Hauses mit Grauputz.

Gästehauses der DDR-Regierung: Lost Place nach der Wende

In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung wurde das Gästehaus noch als Gaststätte, Hotel und Veranstaltungsort weiterbetrieben. 1996 gingen aber endgültig die Lichter aus im einst stolzen Repräsentationshaus. Es folgten lange Jahre des Leerstandes und kaum Konzepte, um dem alten Gebäude wieder Leben einzuhauchen. 2006 ersteigerte ein Investor die Immobilie, um den Hotelbetrieb wiederaufzunehmen, aber die Pläne scheiterten.

Unterdessen setzten Leerstand und Vandalismus dem Baumaterial des Gebäudes und seiner Ausstattung in den folgenden Jahren schwer zu: Scheiben wurden eingeschlagen, das Gästehaus diente als Lost Place-Kulisse und drohte zur Bauruine zu verfallen. Auf der Außenfassade und in den Innenräumen verewigten sich Graffiti-Künstler, das Mobiliar wurde verwüstet und die Wandverkleidungen beschmiert.

Gästehauses der ehemaligen DDR-Regierung: Sanierung in den 2010er-Jahren

2011 übernahm ein Nürnberger Unternehmen das stark verfallene Gästehaus und begann mit der denkmalgerechten Sanierung und Umbauarbeiten zu einer modernen Wohnanlage mit Eigentumswohnungen und Tiefgarage. Wo einst die Entourage der DDR-Staatsgäste untergebracht war, leben seit der Fertigstellung 2013 Wohnungseigentümer in ruhiger Abgeschiedenheit am Schlosspark. Aktuell wird eines der Wohneinheiten zum Verkauf angeboten: Für die Wohnung mit einer Fläche von rund 142 Quadratmetern und zwei Zimmern wird ein Preis von 1.150.000 Euro aufgerufen. Bilder und ein Video der Inneneinrichtung sind auf der Seite des Immobilienunternehmens Kensington zu sehen.