Senat verteidigt Projekt

Neue Hof-Häuser für 422 Geflüchtete kommen aus diesem Grund

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Platz für 422 Geflüchtete: Diese zwei L-förmigen Riegel darf die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau in ihre Siedlung zwischen Ossietzkystraße und Kavalierstraße am Schlosspark in Berlin-Pankow einfügen.

Platz für 422 Geflüchtete: Diese zwei L-förmigen Riegel darf die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau in ihre Siedlung zwischen Ossietzkystraße und Kavalierstraße am Schlosspark in Berlin-Pankow einfügen.

Foto: Bezirksamt Pankow

Gesobau darf Modulare Unterkunft für Geflüchtete in Pankower Höfe bauen. Aufregung um falsche Zettel zu „alleinreisenden Männern“.

Berlin.  Es geht um nicht weniger als einen Notfall: Die akute Krise bei der Unterbringung von Geflüchteten in Berlin soll der Grund sein, warum der Senat alle Bedenken übergeht. Ein Nein von Anwohnern und Bezirksamt reicht nicht aus, um die neue Modulare Unterkunft für bis zu 422 Geflüchtete in zwei Pankower Wohnhöfen zu verhindern. Wie angekündigt, hat der Berliner Senat das neue Heim nun genehmigt – und verteidigt das umstrittene MUF-Projekt der landeseigenen Wohngesellschaft Gesobau im Schlosspark-Kiez an der Kavalierstraße gegen heftige Kritik.

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Vor allem habe die Senatsverwaltung für Soziales, derzeit geführt von Katja Kipping (Linke), die „Dringlichkeit“ des Projekts bestätigt, erklärt eines Sprecherin der Senatsbauverwaltung unter Andreas Geisel (SPD). Es gelte seit November der „Notfallplan Stufe 2“ – und damit die Ansage an die sechs landeseigenen Wohngesellschaft „schnellstmöglich“ Abhilfe zur Krise des Wohnungsmangels für Geflüchtete zu schaffen.

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Diese Abhilfe schafft die Gesobau in Pankow durch zwei L-förmige Gebäude in den Höfen an der Kavalierstraße. Es handle sich, anders als zunächst dargestellt, um eine verträglichere Variante der Hofbebauung mit vergrößerten Abständen zu den heutigen Hausfronten, betont Geisels Sprecherin. Diese Variante hätten Anwohner im Rahmen einer Werkstattveranstaltung im Februar 2020 selbst ausgewählt.

Senat lobt Variante zur Bebauung von Höfen in Pankow und blockt Kritik ab

„Sie überzeugte durch den Erhalt möglichst großer zusammenhängender Freiflächen und möglichst vieler Bestandsbäume. Es werden zudem erweiterte Spielplatzmöglichkeiten geschaffen und nicht entfernt“, heißt es zur Entscheidung, die der Senat als vorteilhaft ansieht. Ein bisheriger Parkplatz soll als neue Freifläche Aufenthaltsqualität schaffen und den Verlust von Platz im Hof so auffangen, berichtet die Senatssprecherin weiter. „Es ist mitnichten so, dass eine Planung in dieser Kubatur vom Himmel gefallen wäre. Dieser Planungsvorlauf der Gesobau ermöglicht jetzt eine schnelle Realisierung.“ Ein Termin für diesen schnellen Baustart lässt der Senat allerdings noch offen.

Unbeeindruckt von der Argumentation zur Notlage beim Unterbringen von Geflüchteten, bleiben Anwohner bei ihrer Deutung des Projekts. In der Nachbarschaftsgruppe „Grüner Kiez Pankow“ herrscht weiterhin die Lesart vor, dass Senat und Gesobau die Flüchtlingskrise und ein entsprechendes Sonderbaurecht als Vorwand nutzen, um ein abgewehrtes konventionelles Wohnprojekt mit bis zu 170 Wohnungen doch noch durchzusetzen.

Ja zu Geflüchteten-Unterkunft wischt dreijährige Planung des Bezirks vom Tisch

Auch wegen Zusicherungen des Bezirksamts Pankow, die Wohnhöfe mit Bäumen und Spielplatz durch einen neuen Bebauungsplan gegen Nachverdichtung zu sichern, vertraute das Kiezbündnis auf eine Konsenslösung mit Anwohnern. Und mit über 30 Berliner Initiativen, die eine Überbauung von Grünflächen aus Klimaschutzgründen ablehnen.

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Durch die Zusage für das Gesobau-Projekt an den Einwänden des Bezirks vorbei ist das Bebauungsplanverfahren des Bezirks nun gescheitert – rund drei Jahre Zeit und Personaleinsatz in Pankows Verwaltung führen so ins Nichts. Hier werde eine „mit Blick auf die Bedarfe des Bezirkes entwickelte Lösung bedenkenlos vom Tisch gewischt“, beschwert sich deshalb Linken-Politiker Fred Bordfeld, der Vorsitzende des Pankower Ausschusses für Stadtentwicklung.

Kritiker der Gesobau-Hof-Häuser in Pankow äußern eine bestimmte Sorge

„Das Vorhaben der Gesobau, hier Geflüchtete aufzunehmen, stellt besondere Anforderungen und braucht Teilhabe und Austausch mit den Anwohnenden, um erfolgreich zu sein. 400 Menschen ohne soziale Infrastruktur und Aufenthaltsbereiche an der frischen Luft in einen Hof zu planen ist eine Bürde für die Zukunft und erschwert eine erfolgreiche Integration der Betroffenen“, ärgert sich Bordfeld.

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Mit der Senatsgenehmigung für die neuen Hof-Häuser verschärft sich die ablehnende Stimmung im Pankower Schlosspark-Kiez noch einmal deutlich. Neue Aushänge warnen vor einem Integrationsproblem, das sich aus einem Versorgungsengpass ergibt. Weil laut Senatsanalysen kaum Kita- und Schulplätze in der Umgebung zur Verfügung stehen, kommt wohl nur eine bestimmte Bewohnerschaft für das Heim in Frage. Familien mit Kindern scheiden demnach aus. Diese Information wird nun in Form von Zetteln verbreitet, die Sorge schüren vor einer unverträglichen Belegung.

„Wir sehen uns außerstande, 420 alleinreisende Männer in unserem Kiez auf so kleinem Raum angemessen in den Alltag von hauptsächlich jungen Familien mit Kindern zu integrieren“, heißt es in diesen Aushängen – die allerdings nicht von der Initiative „Grüner Kiez“ stammen, wie das Nachbarschaftsbündnis am Mittwoch klarstellt. Es soll sich um einen gefälschten Rundbrief handeln, der zu unrecht mit dem Absender dieser Initiative versehen wurde.

Aushänge zu „alleinreisenden Männern“: Anwohner wehren sich gegen dubiose Zettel

Die Anwohner wehren sich gegen diese dubiose Zettelkampagne, weisen den Verdacht der Fremdenfeindlichkeit strikt von sich weisen und lehnen Unterstützung aus dem rechten politischen Lager ab. Hilfe erwartet man sich eher von Grünen und Linken.

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Am Donnerstag, 16. März, soll eine Protestaktion in den Gesobau-Höfen trotzdem der neuen Sorge vor einer Bebauung der geplanten Hof-Häuser Ausdruck verleihen. Bewohner und Unterstützer wollen dann der Ablehnung des MUF-Bauprojekts auf kreative Weise Ausdruck verleihen.