Lost Places in Berlin

Wie Pankows Riesen-Klotz zu einer mysteriösen Ruine wurde

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Pankow will den Wasserturm Heinersdorf zurückkaufen und Campus-Pläne im Hinblick auf ein riesiges neues Wohnquartier verwirklichen.

Pankow will den Wasserturm Heinersdorf zurückkaufen und Campus-Pläne im Hinblick auf ein riesiges neues Wohnquartier verwirklichen.

Foto: Thomas Schubert / Berliner Morgenpost

Einst sollte er Teil des Rathauses Heinersdorf werden, doch seit Jahrzehnten verfällt der Wasserturm. Alle Infos zum Lost Place.

Berlin. Der Wasserturm an der heutigen Tino-Schwierzina-Straße ist ein Wahrzeichen von Heinersdorf. Auch wenn er inzwischen sehr marode aussieht. Einst sollte er der Turm des Rathauses Heinersdorf werden. Doch daraus wurde nichts. Und auch nach seiner Errichtung endeten die geschichtlichen Wirrungen und städtebaulichen Rückschläge um den inzwischen denkmalgeschützen Turm in Heinersdorf nicht. Er gehört damit zu den vielen faszinierenden Lost Places in Berlin und wird von Abenteuerlustigen, Hobby-Fotografen und Geschichtsinteressierten immer wieder besucht. Hier erfahren Sie alle wichtigen Infos zur Geschichte des Wasserturms Heindersdorf:

Das sind die wichtigsten Fakten zum Wasserturm Heinersdorf im Überblick

  • Adresse: Tino-Schwierzina-Straße, 13089 Berlin-Heinersdorf
  • Geschichte: Errichtung 1910–1911 nach einem Entwurf des Charlottenburger Ingenieurs Emil Prinz; Leerstand seit Abzug der Alliierten 1994
  • Führungen: Keine. Das Betreten des Gebäudes ist nicht erlaubt
  • Status: Aktueller Lost Place.
  • Planung: Der Bezirk plant, einen Bildungscampus im Turm einzurichten

Wo liegt das Wasserturms Heinersdorf genau?

Der Wasserturm liegt nördlich der Grundschule am Wasserturm in der Tino-Schwierzina-Straße 66 im Ortsteil Heinersdorf im Bezirk Pankow. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Turm mit den Buslinien 158 oder N58 zu erreichen (Haltestelle: Am Wasserturm) beziehungsweise mit der Tramlinie M2, die ebenfalls die Haltestelle Am Wasserturm anfährt.

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Wasserturms Heinersdorf:

Ausgangslage: Bedarf eines Rathauses in Heinersdorf

Weil die eigenständige Gemeinde Heinersdorf Ende des 19. Jahrhunderts ein rasantes Wachstum erlebte, wurde der Beschluss gefasst, ein eigenes Rathaus zu bauen. Ursprünglich war geplant, dass der Turm ins Heinersdorfer Rathaus integriert und stolzes Wahrzeichen der Landgemeinde werden sollte.

Lost Places in Pankow
Lost Places in Pankow

Wasserturm Heinersdorf: Errichtung in der Kaiserzeit

Da zu Beginn des Ersten Weltkriegs aber die finanziellen Mittel für den Rathausbau fehlten, wurde das Bauvorhaben erst einmal auf Eis gelegt. Lediglich der Rathausturm wurde in den Jahren 1910 bis 1911 fertiggestellt. Nach Kriegsende hätte das Bauvorhaben am Wasserturm fortgesetzt werden sollen.

Aber wieder schlug das Schicksal den Heinersdorfern ein Schnippchen: Mit der Eingemeindung 1920 zu Groß-Berlin wurde Heinersdorf in den Bezirk Pankow integriert. Ein eigenes Rathaus war nun nicht mehr nötig. Als Wasserturm konnte der Rathausturm aber auch nicht mehr benutzt werden, weil die Wasserversorgung inzwischen mittels unterirdisch verlegter Druckwasserleitungen erfolgte. Guter Rat war nun teuer: Was sollte aus der Neubauruine werden?

Wasserturm Heinersdorf: Flakstellung im Zweiten Weltkrieg

Mit 46 Metern Höhe war der Stahlbetonbau damals nicht zu übersehen. Eine riesige Uhr zierte die Fassade, gekrönt wurde der Rathausturm durch eine prächtige kupferne Kuppel. Nur eine sinnvolle Nutzung war nicht in Sicht. In den Jahren 1934/1935 wurden nach Plänen des Architekten Richard Ermisch am Wasserturm wenigstens eine Gemeindeschule samt Turnhalle errichtet. Der Turm sollte im Schulentwurf als "Aussichtsturm der Heimat- und Sternenkunde dienen".

Erst zogen Grundschüler ein, dann die Hitler-Jugend und zuletzt der Volkssturm, als der Turm im vorletzten Kriegsjahr des Zweiten Weltkriegs mit einer Flakstellung auf dem Dach versehen wurde. Der Rest des Turms war als Behelfslazarett und Kornspeicher genutzt worden.

Wasserturm Heinersdorf: Horchposten während der DDR

In der Nachkriegszeit nutzten die sowjetischen Streitkräfte das hohe Gebäude als militärischen Stützpunkt hauptsächlich zur Überwachung des Flugverkehrs mit dem Flughafen Tegel. Gleichzeitig dienten die beiden unteren Geschosse vorübergehend als Schule. Eine Sanierung des Rathausturms ohne Rathaus blieb in der DDR-Zeit aus. Das Baumaterial verfiel. Bis heute sind die Kriegsschäden und Einschusslöcher an der Fassade des rechteckigen Turms deutlich sichtbar.

Wasserturm Heinersdorf: Nach der Wende verkam der Turm zum Lost Place

Youtube Wasserturm Heinersdorf

Nach dem Mauerfall und dem Abzug der Alliierten stand der Turm leer und wurde vom zuständigen Bezirksamt zum Verkauf ausgeschrieben. Ab 2008 wechselten mehrfach die Eigentümer der Liegenschaft. Pläne für einen Loft-Umbau des Turms zu einem Wohngebäude durch Investoren scheiterten. Das Bezirksamt genehmigte nicht den geplanten Umbau des denkmalgeschützten Objekts zu Wohnzwecken. Im Jahr 2014 brannte das Innere des Turms aus und das hölzernen Treppenhaus wurde völlig zerstört. Die Brandursache ist bis heute unklar.

Wasserturm Heinersdorf: Gibt es Zukunftspläne?

Pläne zur Neunutzung des Wasserturms hat Pankow bereits in der Schublade liegen: Der Bezirk möchte das einstige Wahrzeichen kaufen, um darin einen Bildungscampus mit Kita zu eröffnen. In den unteren Etagen soll ein Bildungsort entstehen, der sich in den heutigen Campus der benachbarten Grundschule am Wasserturm anschließt. Eine Kita mit Jugendfreizeiteinrichtung könnte im Sockel des Problemgebäudes Platz finden. Der Bezirk möchte das Gesamtvorhaben umsetzen und will dazu auf den derzeitigen Grundstückseigentümer zugehen.