Berlin. Mit mehr als 5000 Einsätzen im Jahr haben die beiden Rettungshubschrauber „Christoph 31“ (ADAC) und „Christoph Berlin“ 2020 (DRF) gewissermaßen eine Schallmauer durchbrochen. Entlastung soll deswegen ein dritter Standort am Helios Klinikum Berlin-Buch schaffen. Er ist bereits genehmigt, obwohl die Einsatzzahlen zuletzt rückläufig waren. Die Senatsverwaltung für Mobilität rechnet jedoch wieder mit einer Steigerung. Anwohner im Bezirk Pankow fürchten hingegen die Lärmbelastung von bis zu 1900 Einsätzen.
„Die Auslastung von Christoph 31 liegt mit den höchsten Einsatzzahlen in ganz Deutschland bereits am Limit“, sagt Jan Thomsen aus der Senatsverwaltung. Aufgrund einer Verkehrsprognose rechnet die Behörde deswegen für den Standort in Buch mit anfangs 1500 und bis 2030 mit 1875 Einsätzen. Durch Start und Landung bedeutet das in der Regel doppelt so viele Flugbewegungen vor Ort. Anwohner der beiden anderen Standorte am Charité Campus Benjamin Franklin in Steglitz und am Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn könnten dafür entlastet werden. Wie stark, dazu machte die Senatsverwaltung jedoch keine Angaben.
Neuer Rettungshubschrauber könnte Lärmbelastung über Pankow erhöhen
Annäherungswerte, wo und wie häufig Hubschrauber über Berlin fliegen, liefert die Deutsche Flugsicherung (DFS) auf Anfrage des CDU-Abgeordneten Dirk Stettner. Die Zahlen bilden nur einen Teil der Flugbewegungen ab, da Landes- und Bezirksgrenzen nach Aussage der Behörde nicht exakt erfasst werden, ebenso wenig die Einsätze des gemeinsam von Bundes- und Landespolizei genutzten Hubschraubers.
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Dabei verzeichnet die DFS für das vergangene Jahr 936 Flugbewegungen über Berlin. Ein Großteil davon soll auf Polizei- und Sicherheitsbehörden sowie Einsätze im Rahmen der medizinischen Luftrettung zurückgehen. Genaue Angaben, wer flog, macht die DFS aus Datenschutzgründen nicht.
Schwerpunkt der Einsätze ist dabei das Sommerhalbjahr von Mai bis September. In jedem dieser Monate verzeichnete die Behörde mehr als 100 Flüge, wovon der Juli 2022 mit 140 die Spitze markiert. Bislang entfallen auf den Bezirk Pankow bezogen auf das vergangene Jahr lediglich 98 Flugbewegungen. Zwischen Mai und Oktober des vergangenen Jahres gab es jeweils eine knapp zweistellige Zahl an Überflügen, mit Ausnahme des Julis, wo es nur acht waren. Verkehrsreichster Monat war dort der Oktober mit 15.
Bezogen auf ganz Berlin sind beim Senat aus dem Jahr 2022 lediglich elf Fluglärmbeschwerden in Verbindung mit Helikoptern eingegangen. Demnach haben sich sieben auf Polizeieinsätze bezogen, zwei auf den Landeplatz am Charité-Campus Benjamin Franklin. Jeweils eine hatte eine gewerbliche Hubschrauber-Nutzung zur Ursache und eine keinen konkreten Bezug, so Staatssekretärin Meike Niedbal.
Einsätze über Berlin ließen zuletzt nach
Während der ADAC auf seiner Homepage von „mehr als 3000“ Flugbewegungen im Jahr spricht, war der DRF-Rettungshubschrauber im vergangenen Jahr nur noch 1376 Mal im Einsatz. Weil der Senat jedoch an seiner Planung festhält, könnte mit der Basis am Helios Klinikum Buch die Anzahl der Flüge über Berlin, aber vor allem dem Norden der Stadt, deutlich zunehmen. Zwar können Hubschrauber das Krankenhaus der Maximalversorgung mit mehr als 1000 Betten bereits anfliegen, sind dort aber bislang nicht fest stationiert.
Die Senatsverwaltung für Mobilität hat deswegen eine ganze Reihe von Auflagen gemacht, um die Geräuschbelastung der Bevölkerung im Norden der Stadt zu verringern. So soll der dort zu stationierende Hubschrauber im Gegensatz zu den über der Stadt eingesetzten „Christoph Berlin“ und „Christoph Senftenberg“ aus Brandenburg nicht nachtflugfähig sein. Starts sind deswegen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr untersagt, allenfalls dürfte der Hubschrauber nach 22 Uhr zum Klinikum zurückkehren. Die Anzahl dieser Flugbewegungen sind der Behörde jedoch jährlich mitzuteilen.
Außerdem sollen Überflüge über Wohnbebauung der Gemeinde Panketal in Brandenburg möglichst vermeiden werden. „Ausnahmen sind zulässig, soweit es die vorherrschenden Windverhältnisse und das schnellstmögliche Eintreffen am Einsatzort erfordern“, so Thomsen von der Senatsverwaltung. Zusätzlich dürfen fremde Rettungshubschrauber den neuen Standort in Buch nicht zum Tanken nutzen.
Außerdem muss zwei Jahre nach Betriebsaufnahme der Lärmpegel im Umfeld des neuen Standortes in Buch gemessen und den Behörden vorgelegt werden. Sollte es in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zu mehr als 4000 Flugbewegungen pro Jahr kommen, muss ein neues Gutachten vorgelegt werden, um die Lärmbelastung mit Blick auf mögliche Schallschutzmaßnahmen zu bewerten.
Erteilt wurde die Genehmigung nach früheren Angaben der Senatsverwaltung für Mobilität bereits im Februar 2022. Nach Auskunft der wiederum für die Vergabe der Konzession zuständigen Innenverwaltung hat die DRF Luftrettung den Zuschlag für den Betrieb der Station erhalten. Erstmals starten soll der Hubschrauber von dort laut Luftrettung im zweiten Halbjahr 2023.
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Bislang betreibt die ADAC-Luftrettung den Rettungstransporthubschrauber „Christoph 31“ am Campus Benjamin Franklin der Charité und die DRF Luftrettung den Intensivtransporthubschrauber Christoph Berlin am Standort des Unfallkrankenhauses Berlin in Marzahn. Beiden Unternehmen ist die Luftrettung im Auftrag der Senatsinnenverwaltung übertragen worden.
Nach Angaben des Fachportals rth.info soll die DRF absehbar jedoch auch die Luftrettung vom ADAC in Berlin übernehmen. Die Gelben Engel hatten die Konzession 2019 verloren, einigten sich aber erst Ende 2021 nach einem langjährigen Rechtsstreit auf einen Kompromiss mit der DRF. Demnach betreibt die ADAC Luftrettung ihren Rettungshubschrauber noch bis Ende 2025, ehe die DRF übernimmt und dann alleiniger Anbieter in Berlin wird.