Berlin. Lebensgefahr für streng geschützten Kreuzkröten und Zauneidechsen – diese Sorge von Tierschützern war jahrelang ein Bremsklotz für die Genehmigung des Stadtquartiers Pankower Tor mit über 2000 Wohnung. Doch nun meldet die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) die Lösung für eine Umsiedlung der bedrohten Kröten und Echsen. Und spricht dabei von einem „durchgeschlagenen Knoten“.
Denn laut Mitteilung der Senatskommission soll das Hemmnis für die weiteren Planungen auf der Brache des Güterbahnhofs Pankow beseitigt sein. Damit würde der Investor, Möbelunternehmer Kurt Krieger, einen Schritt näher kommen, sein seit über 13 Jahren geplantes Großprojekt mit Wohnungen, Möbelmarkt, Parkanlage, Bibliothek, Schulen und Kitas endlich an den Start zu bringen. Experten rechnen mit einem Baubeginn zur Mitte des Jahrzehnts und einem Investitionsvolumen von einer halben Milliarde Euro an dem Standort in Berlin.
Keine Heimat für Pankows Kröten und Eidechsen auf Berliner Boden gefunden
Dass der Tierstreit um das Quartier nun abrupt zu Ende geht, beruht auf der Regelung des Problems über das so genannte Berliner Ökokonto, berichten Giffey und Bausenator Andreas Geisel (SPD). „Darauf sollen gesamtstädtisch bedeutsame Vorhaben, insbesondere Wohnungsbauprojekte, zugreifen. Dies gilt auch für private Vorhaben, wenn sie entsprechende Kriterien erfüllen“, heißt es im Beschluss.
Weil Berlin aus Sicht des Senats zu wenig Fläche besitzt, um große Bauvorhaben auf eigenem Gebiet auszugleichen, soll das Ökokonto die Umsiedlung bedrohter Arten lösen. Wenn sich in den Berliner Bezirken kein geeigneter Lebensraum bietet, erlaubt die Regelung eine Lösung in Umland. Genau so geschieht es nun laut der Senatskommission im Fall der Kröten und Eidechsen am Pankower Tor. Es hätten sich nach einer Analyse keine Umsiedlungsgebiete innerhalb Berlins gefunden. „Um dennoch eine Realisierung des Vorhabens und eine zügige Fortsetzung des Verfahrens zu ermöglichen, werden Maßnahmen außerhalb Berlins geprüft“, heißt es.
NABU will Verbleib der Kreuzkröten am Pankower Tor mit Klage durchsetzen
Mit dieser Regelung könne nun die gezielte „faunistische Kartierung“ am Pankower Tor beginnen – also die Erfassung der genauen Population bedrohter Tiere. Mit dem beschleunigten Verfahren setzt sich der Senat allerdings über die Bedenken des Naturschutzbunds NABU hinweg, der eine Lösung für den Verbleib der Kreuzkröten auf dem Baugelände östlich des Bahnhofs Pankow gefordert hatte – weil die Kröten einen Umzug womöglich nicht überleben würden.
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Auch mit einer Klage hatten die Umweltschützer versucht, die bisherigen Planungen am Pankower Tor zu stoppen und die Schaffung eines Kröten-Refugiums auf der Fläche des Möbelmarkts zu erzwingen. Nun entscheiden sich Giffey und Geisel allerdings, das Verfahren zum Umgang mit den bedrohten Arten mit einer Umsiedlung zu beschleunigen – im Sinne des immer wieder verschobenen Bauvorhabens. „Eine spätere Entscheidung“, heiß es in der Senatsmitteilung, „hätte zu einer weiteren Verzögerung um ein Jahr und damit zu einem verspäteten Beginn des Wohnungsbaus geführt.“
Pankower Tor: NABU zieht weiter vor Gericht und warnt vor „Ausrottung“ von Kröten
Zu völlig anderen Schlussfolgerungen kommt der Berliner NABU-Vorsitzende Rainer Altenkamp: „Ein Ausgleich über das Öko-Konto bedeutet lediglich, dass der Senat eine geeignete Fläche zur Verfügung stellen müsste. Der Senat hat aber keine geeignete Fläche. Daher ändert sich an der Situation weder in rechtlicher noch in faktischer Hinsicht etwas“, warnte der Umweltschützer in einer ersten Stellungnahme am Mittwoch. Dies sei keine Lösung, sondern eine politische „Nebelkerze“ mit Blick auf die anstehende Berlin-Wahl. Auch weiterhin könne eine Lösung des Problems nur darin liegen, „am Pankower Tor eine ausreichend große Teilfläche für den Schutz der Kreuzkröte zu erhalten. Nur das wäre wirklich ein Durchbruch.“
Zugleich verweist der NABU auf das weiterhin laufende Verfahren am Verwaltungsgericht, das die Umsiedlung der einzigen Kreuzkröten-Populations Berlins stoppen soll. Ein solcher mutmaßlich tödlicher Fortzug nach Brandenburg bedeute aus Sicht der Kläger „die Ausrottung dieser Rote-Liste-Art im Land Berlin“.
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