Berlin. Der Sänger besuchte das Weihnachtsessen der Sozialstation Prenzlauer Berg. Arbeitslose und soziale Träger kämpfen mit der Energiekrise.

Zwei Stunden am Tag schaltet Petra die Heizung bei sich zuhause ein. Dabei brauche sie die Wärme, denn sie sei krank, sagt die 61-Jährige. Mit etwa 50 anderen wartet sie Mittwochnachmittag in Eiseskälte auf dem Helmholtzplatz, dass endlich ihr großes Idol auf den Plan tritt. Frank Zander besucht heute die Weihnachtsfeier der Sozialstation Prenzlauer Berg. Ein Feuer und Glühwein spenden Wärme.

Die Energiekrise trifft Langzeitarbeitslose und Wohnungslose besonders hart. „Wir erfrieren“, sagt Petra, „hätten wir die Suppenküchen nicht, wären wir verhungert“. Auch Toni Tango, so nennt er sich, beobachtet, wie die Krisen die Menschen in die Armut treiben. „In die Zelter kommen immer mehr Menschen.“

Die „Zelter“ ist die Tagesstätte Dunckerstraße/Ecke Zelterstraße. Sie gehört zur Diakonie und ist eine Kontakt- und Beratungsstelle für armutsbetroffene Menschen. Sie können hier Sozialberatung und kostenlose Mahlzeiten in Anspruch nehmen, Wäschewaschen oder eine Postadresse einrichten.

Energiekrise trifft auch soziale Einrichtungen hart

Nicht nur die Betroffenen, sondern auch die sozialen Einrichtungen stehen am Limit. Die hohen Energiepreise treffen sie hart. Die Leiterin der Tagesstätte Simona Barack hofft, dass die Bezirke ihre Zuwendungen erhöhen. Sonst könne sie ihre Ausgaben nicht decken.

Auch Barack merkt, dass mehr Leute das Angebot der Tagesstätte wahrnehmen. „Das Profil der Besucher hat sich verändert. Es kommen mehr jüngere Leute, aber auch viele Menschen mit psychischen Erkrankungen, die durch Corona, Trennungen oder Depression auf der Straße gelandet sind.“

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Auf der Straße ist Toni Tango nicht gelandet. Der 40-Jährige hat vor der Corona-Pandemie als selbstständiger Musiker sein Geld verdient. Mit den Lockdowns fielen die Gigs weg. Jetzt bezieht er Hartz IV und die allgemeine Teuerung spürt er deutlich: „Alles ist schwieriger geworden“, sagt er, „am Ende des Monats sind alle am Nagen.“

Toni Tango (mit Engelsflügeln) habe schon früher zu Frank Zanders Hits „gegroovt“. Der Sänger ist mit seinem Sohn Marcus Zander zum Weihnachtsessen am Helmholtzplatz gekommen.
Toni Tango (mit Engelsflügeln) habe schon früher zu Frank Zanders Hits „gegroovt“. Der Sänger ist mit seinem Sohn Marcus Zander zum Weihnachtsessen am Helmholtzplatz gekommen. © FUNKE Foto Services | Jörg Krauthöfer

Menschen wie Petra, die nur eine kleine Rente beziehen, sind genauso zum Weihnachtsfest auf dem Helmholtzplatz gekommen wie Wohnungs- und Obdachlose. Frank Zander ist unter den Gästen sehr populär. Manche lieben seine Hits, andere kennen ihn von den zahlreichen Weihnachtsessen im Hotel Estrel. Den nächsten Termin mit ihm habe sie sich auch schon vorgemerkt, erzählt Petra.

„Berlin ist eine harte Stadt,“ sagt Frank Zander, nachdem er umarmt wurde, ein paar Selfies geschossen hat und von einer Besucherin ein kleines Geschenk überreicht bekommen hat. Seine Botschaft ist, wie immer: „Abgeben, abgeben, abgeben“.

Entlastungen kommen nicht immer bei Armutsbetroffenen an

Die Politik versucht derweil den massivsten Auswirkungen der Krise entgegenzuwirken. Der Bundestag hat schon das dritte Entlastungspaket auf den Weg gebracht, Berlin füllt die Lücken mit eigenen Entlastungsmaßnahmen und einem Härtefallfonds.

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„Wir sind froh, dass sich der Senat dazu verpflichtet, die zuwendungsfinanzierten Bereiche in den Blick zu nehmen“, sagt die Direktorin der Berlinre Diakonie Ursula Schoen, die ebenfalls beim Weihnachtsessen in Prenzlauer Berg vorbeischaut.

Ihr sei es besonders wichtig, dass Beratungsangebote erhalten blieben. „So können Menschen ihre Rechte in Anspruch nehmen.“ Denn viele Gäste der Tagesstätte hätten gar keine Sozialleistungen beantragt, so Leiterin Barack. Entlastungen kämen so auch nicht bei ihnen an.