Netz der Wärme

Energiekrise: Pankows warme Bibliotheken helfen beim Sparen

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Massimo Benedetti (68) schätzt die Gemütlichkeit der Bibliothek, in der er gerade im Winter oft mehrere Stunden verbringt. „Ich bin auch zum Sparen hier“, gibt er unumwunden zu.

Massimo Benedetti (68) schätzt die Gemütlichkeit der Bibliothek, in der er gerade im Winter oft mehrere Stunden verbringt. „Ich bin auch zum Sparen hier“, gibt er unumwunden zu.

Foto: Marc R. Hofmann / BM

Netz der Wärme soll Menschen in Berlin Möglichkeit zum Aufwärmen und Treffen geben. Pankows Bibliotheken helfen so beim Geldsparen.

Berlin.  Auch an kalten Wochenenden einen Ausflugsort in Berlin haben, an dem Programm für Kinder und Erwachsene geboten wird und gleichzeitig zu Hause die Heizung etwas herunterdrehen können: Das ist in diesem Winter mit explodierenden Rohstoffkosten ein Angebot mit Charme. Fünf Bibliotheken im Bezirk Pankow beteiligen sich dazu jetzt am „Netz der Wärme“ und verlängern ihre Öffnungszeiten bis Weihnachten.

„Wir starten mit dem Programm an diesem Wochenende“, sagt Johanna Thurau, stellvertretende Leiterin der Janusz-Korczak-Bibliothek. Neben der Einrichtung im früheren jüdischen Waisenhaus in der Berliner Straße beteiligen sich auch die Heinrich-Böll-, Kurt-Tucholsky- und die Stadtteilbibliothek Karow an dem Angebot und verlängern dafür bis zum 18. Dezember ihre Öffnungszeiten auf sonnabends und sonntags von 10 bis 19 Uhr. Die Bibliothek in Buch öffnet künftig zumindest sonnabends von 10 bis 18 Uhr. In den anderen Büchereien in Pankow bleiben die Öffnungszeiten wie gehabt.

Netz der Wärme Berlin: Fünf Bibliotheken öffnen in Pankow ab sofort länger

Nutzerinnen und Nutzer der Janusz-Korczak-Bibliothek stehen dem Angebot positiv gegenüber, wie eine kurze Umfrage am Freitag ergibt: Im Lesesaal im ersten Stock hat es sich Massimo Benedetti gemütlich gemacht. Er sitzt in einem Ohrensessel, blättert entspannt in einer Zeitschrift. „Ich bin auch zum Sparen hier“, gibt der 68-Jährige unumwunden zu. Als Rentner kann er auch in der Woche die Bibliothek besuchen, verbringt hier im Winter manchmal mehrere Stunden. Er schätzt die Atmosphäre, aber auch die Möglichkeit, daheim etwas durch den Aufenthalt Geld zu sparen.

Die längeren Öffnungszeiten weiß auch Student Raphael Bahm zu schätzen. Der 32-Jährige ist gerade aus Kreuzberg nach Pankow gezogen. „Diese Bibliothek habe ich zu meinem Lernort gekürt“, sagt er. Ihm gefällt die Ruhe in der Korczak-Bibliothek, aber auch, dass die Einrichtung länger öffnet und so Menschen in prekären Lebensverhältnissen eine Unterstützungsmöglichkeit bietet.

Bahm kann sich selbst vorstellen, künftig auch am Wochenende länger in dort zu lernen. Sorge, dass die Bibliothek überfüllt oder Probleme von der Straße in die Räume gebracht werden, hat er nicht. Zumindest für den anstehenden Winter sei die Öffnung ein probates Mittel, um Menschen zu helfen.

Besucher schätzen das Angebot in Pankow

Das sehen auch andere Besucherinnen und Besucher an diesem Nachmittag so – unabhängig davon, ob sie es auch selbst nutzen wollen. „Ich komme eigentlich nur zur Ausleihe und zu Veranstaltungen“, sagt etwa die 62-Jährige Martina Gleiß. Juliane Flemming sieht darin das Potenzial „die Bibliothek nach Corona wieder stärker ins das Bewusstsein zu bringen“, so die 42-Jährige.

Dabei sollen jedoch nicht einfach nur die Türen länger geöffnet und die Heizung aufgedreht bleiben, sondern auch das Programm wird erweitert. So bietet etwa die Korczak-Bibliothek an diesem Sonnabend um 12 Uhr eine Aufführung des Figurentheaters „Gordon und Tapir“ an, um 15 Uhr folgt Musik für Kinder und Babys. Ein Teil der Veranstaltungen wird dabei im Wechsel in mehreren Bibliotheken in Pankow angeboten.

Am Sonntag folgt dann von 13 bis 18 Uhr ein Nachbarschafts-Treffpunkt, der in Kooperation mit dem schwarzen Kulturverein Sources d´Espoir ausgerichtet wird. Dieses Programm gibt es so nur in der Janusz-Korczak-Bibliothek in Pankow. Ermöglicht wird es vom Förderprogramm Freiwilliges Engagement In Nachbarschaften (FEIN). Wichtig ist Thurau in diesem Zusammenhang: „Jeder darf hier seine Zeit verbringen und Veranstaltungen besuchen.“ Das gelte unabhängig vom Besitz eines Bibliotheksausweises. Dieser ist nur notwendig, wenn etwas ausgeliehen werden soll.

Kleiner Wermutstropfen ist nur, dass die Bibliothekskräfte die Besucherinnen und Besucher nur innerhalb der bisherigen Öffnungszeiten betreuen können – in der Korczak-Bibliothek sonnabends von 10 bis 13 Uhr. Nur in dieser Zeit ist die persönliche Ausleihe etwa von Brettspielen oder Toni-Figuren möglich. Die meisten Medien können in den Randzeiten jedoch per Automat selbst entliehen und zurückgegeben werden, während studentische Aushilfen und Mitarbeiter einer Wachschutz-Firma die Räume geöffnet halten.

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Negative Auswirkungen durch die längeren Öffnungszeiten befürchtet die stellvertretende Leiterin Thurau nicht. Die Bibliothek hatte bei anderen Aktionen etwa schon nachts durchgängig auf. „Auch da gab es keine Probleme“, so Thurau. Ermöglicht werden die längeren Öffnungszeiten mit Mitteln des Landes Berlin.