Berlin. Eine Klage wegen Gefährdung einer bedrohten Tierart ist schon anhängig – jetzt stachelt der Naturschutzbund (NABU) Berlin auch noch Bürger an, die Umsiedlung von mehr als 500 Kreuzkröten aus ihrer Heimat am Güterbahnhof Pankow zu stoppen. Indem sie Einwand erheben beim laufenden Planungsverfahren für das Stadtquartier Pankower Tor mit 2100 Wohnungen mitten im Reich der Kröten.
Exakt dort, wo sich auf dem Quartiersgelände ein Möbelmarkt und der dazugehörige Parkplatz befinden soll, existiere derzeit ein Laichgewässer der Amphibien, beklagt der NABU. Daraus erwächst die Sorge vor einer Veränderung, die das Überleben des letzten Kreuzkrötenvolks Berlins in Frage stellt.
„Obwohl vollkommen ungewiss ist, ob die geplante Umsiedlung der Kreuzkröten überhaupt stattfinden kann, gehen die Planungen am Pankower Tor seit Jahren weiter, als gäbe es die geschützten Amphibien nicht“, beklagt NABU-Sprecherin Melanie von Ohrlow. „Anscheinend hoffen Senat und Investor, dass die Kreuzkröten wegen der Trockenheit der letzten Jahre von selbst verschwinden. Aber zum Glück gehört die Kreuzkröte zu den Amphibien, die mit Trockenzeiten noch am besten klarkommen.“
NABU fordert zehn Hektar großen Kröten-Park am Pankower Tor
Man bitte Bürger, beim laufenden Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans beim Senat zu protestieren, schreibt von Ohrlow. Nur noch bis Mitte Oktober sei das Einreichen von Einwänden möglich. Eine möglichst große Zahl von Bürgerbeschwerden soll bei den Behörden Eindruck schinden – so der NABU-Plan. Ziel des Kampfs für die Kröten: Der Verbleib der Tiere auf einem Habitat auf der Bahnhofsbrache anstatt einer womöglich tödlichen Umsiedlung. Rund zehn Hektar groß soll das Refugium auf dem Quartiersgelände sein – so die Forderung des NABU.
Im Bezirksamt Pankow, wo man seit über zwölf Jahren mit Pankower Tor-Investor Kurt Krieger über das neue, mehr als 500 Millionen Euro teure Stadtviertel verhandelt, bleibt Baustadträtin Rona Tietje (SPD) gelassen. Der Protest wegen der möglichen Gefährdung bedrohter Tiere beschäftigte schon ihren Amtsvorgänger. Einen planerischen Fehler kann nun auch Tietje nicht erkennen – und sie setzt darauf, dass Gerichte im Sinne von Menschen entscheiden, die im neuen Wohnquartier ein Zuhause finden sollen. Auch die Kröten sollen gedeihen – jenseits ihrer heutigen Heimat am Pankower Tor.
Bezirksamt Pankow kann weiterhin keinen Planungsfehler erkennen
„Als potenzielle Umsiedlungsstandorte werden derzeit mehrere grundsätzlich geeignete Flächen in Berlin und Brandenburg gutachterlich untersucht und entsprechende Maßnahmen zur Herrichtung als Kreuzkröten-Habitate entwickelt“, berichtet Tietje. „Methodik und Zeitplan von Umsiedlungsmaßnahmen werden derzeit noch gutachterlich erarbeitet und fachlich abgestimmt. Eine rechtlich bindende Ausnahmegenehmigung kann erst mit dem Planreifestand des Bebauungsplans erteilt werden.“
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Schon bei Einreichung der Klage des NABU gegen die Umsiedlung der Kröten am Verwaltungsgericht 2021 kam das Bezirksamt Pankow zu dem Schluss, dass man für ein Kröten-Habitat auf dem Gelände eine derart große Fläche reservieren müsste, dass eine Quartiersplanung nicht mehr funktioniert. Nicht nur der Baumarkt und der Parkplatz, sondern auch Schule, Radschnellweg und Tram für das Stadtviertel würden durch einen Kröten-Park auf dem Gelände unplanbar, stellte bereits Tietjes Vorgänger von den Grünen fest. So droht für das Kröten-Wohl der gesamte Plan für das Quartier zu platzen, argumentiert man in Pankows Verwaltung.
Pankower CDU-Abgeordneter: Lieber Kreuzkröten umsiedeln als Mieter
Also führt SPD-Stadträtin Tietje den Planungsweg fort. Und der sieht vor, dass sich der Umzug der Kreuzkröten erst nach Aufstellung des Bebauungsplans entscheidet – zum jetzigen Zeitpunkt lassen Bezirk und Senat den Umgang mit den Kröten offen. Auch das Verwaltungsgericht hält sich mit einer Entscheidung zurück.
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Aus Sicht des Pankower CDU-Abgeordneten Dirk Stettner ist die Lage klar: „Anstatt sich mit aller Expertise und Kraft lösungsorientiert zu beteiligen, betreibt hier der NABU Komplettopposition gegen die Interessen der Berlinerinnen und Berliner“, ärgert sich Stettner über das Anstacheln von Bürgern zum Kröten-Widerstand. Stettner beklagt verkehrte Welt und sagt: „Bevor Berliner Mieterinnen und Mieter nach Brandenburg aussiedeln müssen, weil sie keine Wohnung mehr finden, siedeln wir lieber die Kreuzkröte um.“