Prenzlauer Berg

Geburtshaus gerettet: Hebammen zahlen jetzt doppelte Miete

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Thomas Schubert

Nach monatelangem Kampf gegen die Schließung kann das Pankower Geburtshaus Maja feiern. Doch der Verbleib hat seinen Preis.

Berlin. Kein Auszug zu Silvester, dafür ein kostspieliger Verbleib: Statt die Schließung zu planen, können die Hebammen aus dem Geburtshaus Maja am Arnimplatz Silvester feiern. Und das mindestens fünfmal. Dass Vanessa Böhm und ihr Team sich der Verdrängung erfolgreich widersetzt und doch noch einen neuen Mietvertrag für die kommenden Jahre unterzeichnet haben, ist einerseits ein Grund zum Jubeln. Andererseits stellen die neuen Konditionen die Institution, in der seit Gründung mehr als 4000 Kinder zur Welt kamen, auf eine harte Probe. Denn die Mietkosten werden sich ab Januar laut Böhm nahezu verdoppeln – und nach vier Jahren tritt zusätzlich eine Staffelmiete in Kraft. Weil das Team künftig mehr erwirtschaften muss, um in der Erdgeschoss-Wohnung in Prenzlauer Berg zu verbleiben, hält sich die Euphorie über den Verhandlungserfolg in Grenzen.

Hebammen warnen: „Gebären darf kein Luxusgut sein“

„Ein Geburtshaus finanziert sich über die festgelegten Betriebskostenpauschalen der Krankenkassen. Was bedeutet, dass entweder die Eltern oder die Hebammen die Mietsteigerung auffangen müssen oder das Geburtshaus mehr Geburten betreuen muss“, schreiben die Hebammen nun in einer gemeinsamen Erklärung. „Alles drei darf nicht sein, denn Gebären darf kein Luxusgut sein, Hebammen müssen ohne Druck arbeiten“, beklagen sie die verschärften Bedingungen für ihr tägliches Werk.

Auch zusätzliche Mietsteigerungen durch mögliche Modernisierungsarbeiten seien mit dem neuen Vertrag nicht ausgeschlossen. Man wolle deshalb trotz der Rettung weiter auf Missstände bei Berliner Gewerbemieten hinweisen – der Protest bleibe „laut, mietenpolitisch und feministisch“. Um Gewerbetreibende zu schützen, müssten die Kosten für Arbeitsräume gedeckelt werden, lautet die Forderung der Geburtshelferinnen.

Durch die Einigung mit dem Hauseigentümer erhalten sie zumindest die Sicherheit, dauerhaft im Kiez am Arnimplatz zu bleiben und für Schwangere auf kurzem Wege erreichbar sein. Zwischenzeitlich hatte das Bezirksamt Pankow angeboten, bei der Suche nach neuen Räumlichkeiten zu helfen, wenn sich der jetzige Stützpunkt nicht mehr halten lasse.

Geburtshaus Maja will Verein gründen – und weiterkämpfen

Auslöser der Krise um das Geburtshaus Maja war der Verkauf des Hauses an der Ecke Paul-Robeson-Straße an eine Münchner Immobilienfirma Anfang des Jahres. Weil der Bezirk wegen Personalmangels nicht rechtzeitig ein Gutachten für einen Vorkauf der Immobilie erstellen konnte, blieb der Eingriff erfolglos. Mit der Konsequenz, dass die neuen Eigentümer gegenüber dem Geburtshaus ein Sonderkündigungsrecht zum Jahresende aussprechen konnten – und die Hebammen vor die Wahl stellten, ab 2021 unter teureren Konditionen fortzufahren.

Dass es kurz vor Weihnachten eine Einigung mit Zugeständnissen an den Vermieter gab, sieht Vanessa Böhm als Folge des großen öffentlichen Interesses und des Zuspruchs von Pankower Politikern wie Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke), Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) oder den Bundestagsabgeordneten Klaus Mindrup (SPD). Aber es bleibt dabei, dass man neue Wege finden muss, den Verbleib am Arnimplatz finanziell zu sichern.

Gemeinsame Kampagne mit dem Kino Colosseum-Team

„Wir hatten zwei wirtschaftlich erfolgreiche Jahre und werden erst einmal von unseren Rücklagen zehren“, sagt Böhm. Wahrscheinlich müssten aber die Hebammen, die sich ihrerseits im Geburtshaus einmieten selbst höhere Beiträge zahlen. Außerdem soll eine neue Säule zur Finanzierung entstehen – durch Fördergelder und Mitgliedsbeiträge aus einem Verein, den man bald gründen will.

Außerdem wird das Maja weiter auf seine prekäre Situation hinweisen. Bei der Kampagne zur Rettung verbündeten sich die Frauen im Sommer auch mit der Belegschaft des insolventen Kino Colosseum – einer Institution aus dem gleichen Kiez, die anders als das Geburtshaus nicht zu retten war.