Berlin . Der S-Bahnhof Blankenburg muss sich dm geplanten Großquartier anpassen. Doch bei einer Info-Veranstaltung bleiben viele Fragen offen.

Sie hatten drei Wünsche frei. Ein Stift und eine blaue Karte: Damit konnte jeder Blankenburger bei der jüngsten Anwohnerversammlung zur Entwicklung des massiv wachsenden Ortsteils seine drei wichtigsten Anliegen notieren. Auch diesmal ging es, wenn auch indirekt, um das größte Wohnungsbauvorhaben Berlins – das Quartier Blankenburger Süden mit 5000 bis 6000 Wohneinheiten.

Der konkrete Anlass der Versammlung war aber der Start einer Machbarkeitsstudie zur Ertüchtigung des S-Bahnhofs Blankenburg – also derjenigen Station, die nach einer Fertigstellung des Großprojekts die meisten Anwohner in Richtung Innenstadt transportieren wird.

Weil sich die Bevölkerung Blankenburgs von derzeit etwa 7000 Einwohnern innerhalb eines Jahrzehnts leicht verdreifachen könnte, will der Senat die Verkehrsinfrastruktur anpassen.

Protestplakate gegen den Blankenburger Süden säumen seit Monaten die Straßen des Pankower Ortsteils.
Protestplakate gegen den Blankenburger Süden säumen seit Monaten die Straßen des Pankower Ortsteils. © Thomas Schubert

Und wenn sich das Berliner Abgeordnetenhaus doch noch gegen das neue Quartier entscheiden sollte? Die Aufwertung des S-Bahnhofs Blankenburg findet trotzdem statt. Das war die Kernbotschaft, die Roland Neumann von der Agentur Bahnstadt, den Teilnehmern zu vermitteln hatte. Der denkmalgeschützte Bahnhof der Linien S2 und S8 solle eine „moderne, fahrgastfreundliche Verkehrsstation“ werden. „Für Nutzer des Bahnhofs soll etwas Tolles entstehen“, versprach Neumann. Zum Auftakt der Machbarkeitsstudie sollte es zunächst aber nur darum gehen, die Wünsche der Nachbarn zu erfassen. Zum Jahresende wird dann eine Vorzugsvariante für den Umbau des Bahnhofs vorliegen.

Dass der S-Bahnhof schon jetzt überlastet ist, durch einen Tunnel vom Ortskern abgeschnürt wird und keinen Platz bietet für eine geplante Verknüpfung mit der verlängerten Straßenbahnlinie M2, liegt aus Sicht der Anwohner auf der Hand. Sie wollten bei der Versammlung nicht nur über den Bahnhof sprechen, sondern über das große Ganze: den Blankenburger Süden und die enormen Verkehrsströme, die Pankow durch mehr als 20.000 geplante Wohnungen in Blankenburg, Heinersdorf, Karow und Buch verkraften muss. Über die möglichen Enteignungen von Hausbesitzern, die für den Bau der Straßenbahntrasse nötig sein könnten.

Planer können keine Zahlen zur Verkehrssituation liefern

Und sie wollten vor allem Zahlen zur jetzigen Verkehrssituation und die Prognosen für die Zukunft. Die aber konnten auf mehrfache Nachfrage weder die Planungsagentur, noch Vertreter des Senats liefern. Fahrgastzahlen müssten erst noch ermittelt werden, hieß es immer wieder. „Es ist doch aber elementar wichtig, dass wir über solche Fakten sprechen“, sagte daraufhin Ines Landgraf, die Sprecherin der Siedlerfreunde Blankenburg. Sie und etliche anderen Teilnehmer der Versammlung ärgerten sich, dass weder ein politischer Verantwortungsträger des Senats noch ein Vertreter des Bezirksamts Pankow noch ein Sprecher der Deutschen Bahn erschienen waren. So blieb die Diskussion vage.

Auch Steffen Lochow, der Vorsitzende des Bucher Bürgervereins, wies darauf hin, dass man schnellstens über konkrete Verbesserungen reden müsse anstatt sich in Details zur Aufwertung eines Bahnhofsvorplatzes zu verlieren. Er geht davon aus, dass sich die Bevölkerung im Norden Pankows verdoppeln wird - „und diese Massen muss man bewegen.“ Statt Bewegung herrsche in Pankow oft totaler Stillstand. Der Bus 150 nach Buch werde wegen Verkehrsproblemen manchmal stundenlang komplett eingestellt, mahnte Lochow.

Wünsche der Blankenburger nicht erfüllt

Während den Anwohnern elementare Fakten fehlten, versuchten die Moderatoren über Feinheiten wie bessere Fahrradabstellplätze oder einen möglichen zweiten Ausgang des Bahnhofs Blankenburg zu sprechen. Dafür fehlte bei den Versammlungsteilnehmern das Interesse. So hatten Ines Landgraf und viele andere Blankenburger drei Wünsche, von denen am Ende keiner erfüllt werden konnte. Sie wollten konkrete Zahlen, sie wollten Gespräche mit politischen Entscheidern und sie wollten Antworten auf Fragen zur Gestaltung ihrer Heimat, die sie seit Monaten kaum beantwortet sehen.

Es war nicht der erste Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung, die geprägt war von Zwischenrufen der wütenden Anwohner. Zuletzt war im Februar die Workshop-Veranstaltung einer Studentengruppe geplatzt, die gemeinsam mit den Blankenburger einen alternativen Entwurf für das Quartier Blankenburger Süden entwickeln wollte. Mit Hilfe von Bauklötzen sollten die Teilnehmer ein Quartier nach ihren Wünschen, die so genannte „Variante X“ modellieren. Doch was die Studenten als Hilfsangebot angekündigt hatten, empfanden die Workshop-Teilnehmer als Affront. So kam es zum Abbruch der Veranstaltung.

Entscheidung für Blankenburger Süden um zwei Jahre verschoben

Wegen des hartnäckigen Widerstands gegen das bisherige Planungsverfahren entschloss sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, ihren bisherigen Zeitplan aufzugeben und die nächsten Schritte um zwei Jahre zu verschieben. Erst 2021, im Jahr der nächsten Berlin-Wahl, soll eine Grundsatzentscheidung darüber fallen, ob der Blankenburger Süden wirklich gebaut wird. Bis dahin ziehen sich die so genannten „vorbereitenden Untersuchungen“ weiter hin. In den nächsten Monaten will Stadtentwicklungsverwaltung dabei „Testentwürfe“ und „Testplanungen“ zum Bau des umstrittenen Wohngebiets ausarbeiten lassen. Wenn sie Akzeptanz finden, könnte der Bau des Blankenburger Südens voraussichtlich in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre starten.