Pankow. Wohnungseigentümer müssen bei der Modernisierung mit neuen Prüfkriterien rechnen - 100.000 Wohnungen in Pankow sind betroffen.

Ein Fahrstuhleinbau oder eine Fassadendämmung – das sind zwei Maßnahmen, die bei der Sanierung von Altbauten hohe Kosten verursachen. Investitionen, die Wohnungseigentümer über eine Mieterhöhung wieder einspielen können. Doch in den 13 Pankower Milieuschutzgebieten mit rund 100.000 Wohnungen müssen Immobilieneigentümer in diesen Punkten jetzt mit noch strengeren Prüfungen rechnen. Der für Stadtentwicklung verantwortliche Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) sah die bisherigen Vorgaben zur Verhinderung von Luxussanierungen nicht als ausreichend an. Und lässt seine Mitarbeiter bei Bauanträgen noch genauer hinschauen.

Wenn der Einbau von Aufzügen gewünscht wird, prüfen sie jetzt den Aufwand, den der Umbau mit sich bringt. „Überteuerte Einbauten“ werden künftig abgelehnt, kündigte Christoph Speckmann, der Fachbereichsleiter für Stadterneuerung, am Mittwoch an. Die Kostenschätzungen, die Eigentümer beim Bezirksamt einreichen, würden auf Plausibilität geprüft. Und nur Aufzüge mit moderaten Kosten haben eine Chance auf Genehmigung. Wie teuer konkret ein Umbauvorhaben sein darf, werde im Einzelfall entschieden. Ein genaues Kostenlimit für Aufzüge nennt Speckmann nicht.

Auch bei der Wärmedämmung an Fassaden wollen er und Kuhn nur noch bewilligen lassen, „was unbedingt erforderlich ist.“ Erst wenn die untere und die obere Gebäudedecke bereits gedämmt sind und immer noch keine ausreichenden Energiewerte erzielt werden, darf ein Hauseigentümer auch noch die Fassade dämmen. Einzige Ausnahme von dieser Regel: Auch wenn mehr als zehn Prozent der alten Fassade beschädigt sind, darf man sie mit einer Dämmung überziehen.

"Viele Eigentümer nutzen ihre Spielräume bis zum Exzess aus"

Diese neuen Kriterien vervollständigen eine Liste von Vorgaben, die Wohnungseigentümer im Bezirk bei der Modernisierung ohnehin schon vor Probleme stellte. Denn der Einbau einer Fußbodenheizung, eines Kamins oder einer Videogegensprechanlage war in Pankows Milieuschutzgebieten ebenso wenig genehmigungsfähig wie die Änderung der Grundrisse von Wohnungen. Stadtrat Kuhn räumt ein, dass selbst Mieter nicht immer glücklich sind, wenn Umbauwünsche abgelehnt werden. Er sagt: „Es ist manchmal bitter, wenn Familien ein weiteres Kind bekommen und eine Wand versetzen wollen.“

Der Grund für die strengere Handhabung der Regeln: Weiterhin suchen Immobilienbesitzer nach Möglichkeiten, die Mieten in Milieuschutzgebieten zu erhöhen. „Viele Eigentümer nutzen ihre Spielräume bis zum Exzess aus“, erklärt Speckmann. Im Zweifelsfall beauftragt das Bezirksamt externe Gutachter. Und beschreitet den Rechtsweg.

Alle Streitfälle, die bisher vor dem Verwaltungsgericht gelandet sind, habe das Bezirksamt gewonnen, betont Speckmann. Wer gegen die Anordnungen des Bezirks Maßnahmen ergreift, muss mit einem Baustopp und Bußgeldern von bis zu 30.000 Euro rechnen. In fünf Fällen mussten Eigentümer ihre Umbauvorhaben bisher abbrechen. Um die Situation in den rund 100.000 Wohnungen mit rund 175.000 Mietern zu kontrollieren, setzt Pankow drei so genannte „Bauläufer“ ein. Zusätzlich seien Mitarbeiter der Bauaufsicht im Einsatz, sagt Stadtrat Kuhn.

Eigentümervertreter warnen vor Überregulierung des Marktes

Auch beim Vorkaufsrecht will Pankow noch härter gegen Investoren vorgehen – und fordert die Senatsfinanzverwaltung dazu auf, städtische Wohnungsbaugesellschaften schlagkräftiger auszustatten. Nur wenn sie in Absprache mit dem Bezirk auch Häuser auf teuren Grundstücken in der Innenstadt aufkaufen können, sei das Instrument wirkungsvoll, lautet die Argumentation. Doch eigentlich soll der Aufkauf eines Hauses durch Wohnungsgesellschaften nur das äußerste Mittel sein. Es diene dazu, den Druck auf Hausbesitzer zu erhöhen, damit sie ihre Forderung nach einer Mietsteigerung begrenzen, erklärt Kuhn. 2018 wurden in Pankow bisher 42 Fälle in Milieuschutzgebieten geprüft. In einem Fall machte der Bezirk tatsächlich vom Vorkaufsrecht Gebrauch – die Gleimstraße 56 in Prenzlauer Berg ist nun im Besitz der Gesobau.

Kritik an den strengen Bestimmungen in Berliner Milieuschutzgebieten übt unter anderen der Ring Deutscher Makler (RDM). Wenn sich Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr lohnen, führe das zum Verkauf von Wohnungen, in denen Mieter bis dahin sicher und vergleichsweise günstig wohnen konnten, warnt der Berliner Verbandsvorsitzende Markus Gruhn. In den nächsten Jahren könnten durch den ungewollten Effekt 8000 Wohnungen von Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Mit besonderer Sorge sieht der RDM den Vorschlag des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, Berlin als Ganzes unter Milieuschutz zu stellen.

Auch der Eigentümerverband „Haus und Grund“ äußert sich zu solchen Vorstellungen zu einem „Mietenstopp“ kritisch. Die starke Regulierung des Marktes führe schlimmstenfalls dazu, dass keine neuen Wohnungen gebaut werden und Modernisierungen unterbleiben, warnt Verbandspräsident Kai Warnecke. Er schlägt vor, die hohe Wohnkostenbelastung in Berlin, vor allem bei Alleinerziehenden, lieber mit einer Stärkung des Wohngeldes aufzufangen. Nur so könnten durchmischte innerstädtische Quartiere erhalten werden. „Hiermit erreicht man gezielt die Personen, die ansonsten ihre Wohnung verlassen müssten“, sagt Warnecke.

Keine zusätzlichen Milieuschutzgebiete in Planung

Im Bezirksamt Pankow will man aber weiter mit den wenigen Instrumenten arbeiten, die einer Kommune zur Verfügung stehen. Dazu gehört der Milieuschutz. Ziel sei es nicht, Eigentümer zu maßregeln, sondern „den Wohnungsbestand in Art, Beschaffenheit und Umfang zu erhalten“, sagt Speckmann. Und zum Wohnungsbestand gehören wiederum die Mieter.

Fest steht aber auch: Weitere Milieuschutzgebiete als die 13 bestehenden wird es in Pankow nicht geben. Nahezu der gesamte Altbaubestand, der laut Stadtrat Kuhn besonders von Mietsteigerung und Verdrängung betroffen ist, sei bereits geschützt.

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