Zerbrochene Grabplatten sind zu einem Haufen aufgetürmt. Hier und da liegen Berge von abgebrochenen Ästen auf dem Weg. Große Teile des Friedhofsgeländes zwischen Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße sind von einem Dickicht von Brennnesseln und Farnen überwuchert. Riesige Grabmäler zeigen Spuren des Verfalls.
Ein Tauziehen ist entbrannt um ein Teilstück des Friedhofs der St. Petri/ St. Marien-Gemeinde: ein 50 Meter breiter Streifen parallel zur Heinrich-Roller-Straße. Das etwa 6000 Quadratmeter große Gelände wollte die Kirchen-Gemeinde in Bauland umwandeln und anschließend verkaufen, um Geld für die Pflege der übrigen Friedhofsfläche einzunehmen. Der Friedhofsentwicklungsplan erlaubt das.
Lieber auf Bäume schauen
Doch Anwohner stemmen sich mit einer Bürgerinitiative gegen diese Absicht. Auch Bezirksverordneten-Versammlung und Bezirksamt wollen das Vorhaben der Kirchen-Gemeinde mit einem Bebauungsplan durchkreuzen. Dies soll für das Gelände einen Bebauungsplan aufstellen, der das Areal als Grünfläche ausweist und so eine Bebauung ausschließt. Denn das dicht besiedelte Wohngebiet in der Umgebung des Friedhofs hat zu wenige Parks und Erholungsflächen. Bewohner der Heinrich-Roller-Straße möchten lieber auf Grün als auf Neubauten blicken. An der Wand eines Balkons hängt deshalb auch ein Plakat "Ist euch denn nichts mehr heilig als das Geld", lautet die Aufschrift neben einem Christusbild.
Seit Monaten ist der Bebauungsplan im Bezirksamt bereits in Arbeit. Anwohner hatten sich im Rahmen der vorab durchgeführten Bürgerbeteiligung dafür ausgesprochen. Das Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg legte Widerspruch ein. Nach der Sommerpause wird das Für und Wider abgewogen.
"Wir wollen den Friedhof in Ordnung bringen"
Doch nun hat die Gemeinde ihre Strategie geändert. "Wichtigster Punkt ist, dass das Areal noch nicht entwidmet ist", sagt Pfarrer Jürgen Quandt, der das Gelände verwaltet. Es werde bis auf weiteres auch Friedhofsfläche bleiben. "Dann kann es zwar nicht bebaut werden, wird aber auch nicht Grünfläche oder Spielplatz."
Es soll dennoch nicht so bleiben, wie es ist. "Wir sind bestrebt, den Friedhof in Ordnung zu bringen", sagt Quandt. Der Wildwuchs soll beseitigt, Bäume beschnitten werden. Mit dem Denkmalamt werde abgestimmt, welche alten und nicht mehr gepflegten Grabstätten erhalten werden sollen. In Kooperation mit Beschäftigungsgesellschaften unterstützen ABM-Kräfte und Ein-Euro-Jobber die Aufräumarbeiten. Sie haben begonnen. "Es wird lange dauern, bis alles in Ordnung gebracht ist", sagt Quandt. "Bestimmt ein bis zwei Jahre."
In dieser Zeit soll das urwüchsige Gebiet nach Möglichkeit nicht von Friedhofsbesuchern betreten werden. Ein Flatterband zeigt es an. Ein Bauzaun steht mitten auf dem Weg. Zum 1. April hat die Gemeinde den Zugang von der Heinrich-Roller-Straße gesperrt. Kurz zuvor hatte die Bürgerinitiative noch zum Frühlingstreffen auf dem Friedhofsgelände eingeladen. Nun sind die beiden hohen Tore zur Heinrich-Roller-Straße verschlossen und mit Ketten gesichert. "Das bleibt auch so", sagt Pfarrer Jürgen Quandt. Diese Eingänge seien oft von Joggern, Radfahrern und Hundebesitzern genutzt worden, um das weitläufige Gelände zu durchqueren. "Das ist nicht vereinbar mit der Würde des Ortes."
Friedhofsverband soll gegründet werden
Außerdem sind die Gemeinden dabei, ihre Kräfte zu bündeln und einen Friedhofsverband zu gründen. 2009 soll er die Arbeit aufnehmen. Seit Mai 2008 verwaltet eine Kirchhofkommission etwa 30 Friedhöfe von sieben Gemeinden des Kirchenkreises Mitte. Vom Jahr 2009 an sollen weitere hinzukommen.
Pfarrer Jürgen Quandt ist Geschäftsführer der Kommission. "Das ist eine notwendige Umstrukturierung", sagt er. "Wir können jetzt Schwerpunkte setzen und die Mitarbeiter anders planen." Sein Ziel: "Die Friedhöfe sollen wieder Orte christlicher Begräbniskultur werden und eine Alternative zur anonymen Urnenbestattung bieten."