Infrastruktur

Neubau der Schleuse Neukölln kostet 100 Millionen

| Lesedauer: 5 Minuten
Joachim Fahrun
Die Schleuse Neukölln.

Die Schleuse Neukölln.

Foto: Sergej Glanze / FUNKE Foto Services

Das Wasserbauwerk von 1912 muss erneuert werden. Der Senat hat erste Aufträge ausgeschrieben. Ob das Geld reicht, ist offen.

Berlin.  Berlins Lage an und im Wasser kommt die Stadt inzwischen teuer zu stehen. Denn auch an Flüssen und Kanälen ist die Infrastruktur vielerorts marode. So soll es in den nächsten 20 Jahren 600 Millionen Euro kosten, um Uferwände an der Spree und am Neuköllner Schifffahrtskanal zu sanieren. Insgesamt ist Berlin für 59 Kilometer Ufermauer zuständig, die Hälfte davon gilt als marode. Und auch einzelne Wasser-Bauwerke werden teuer. So hat die Senatsverwaltung für Verkehr die Investitionskosten für den Neubau der Schleuse Neukölln auf 100 Millionen Euro angesetzt.

Diese Zahl findet sich in einer Unterlage, in der die neue Staatssekretärin Claudia Stutz den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses über die großen und teuren Baumaßnahmen ihres Hauses informiert. Es handele sich um eine „aktuelle Schätzung“, heißt es darin, gefolgt von einer langen Liste möglicher Risiken, die die Kosten weiter nach oben treiben könnten. Darunter werden lange Umsetzungszeiten ebenso erwähnt wie die bisher noch fehlende Klarheit über den wahren Zustand des alten Bauwerks mit seiner 70 Meter langen und 15 Meter breiten Schleusenkammer.

Die Schleuse Neukölln hat das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, schreibt der Senat

Die Schleuse Neukölln wurde 1912 in Betrieb genommen. Sie reguliert das vergleichsweise niedrige Gefälle zwischen dem Neuköllner Schifffahrtskanal und dem Hafen Britz-Ost am Teltowkanal. Anders als die anderen Schleusen an Berliner Gewässern wird sie nicht vom Wasser- und Schifffahrtsamt des Bundes, sondern vom Land Berlin verwaltet, das deswegen auch die Kosten tragen muss.

Die Schleuse habe „das Ende ihrer Lebensdauer erreicht“, heißt es auf der Internetseite der Verkehrsverwaltung. Die Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Anlage würden „nur provisorisch gesichert“. Mittelfristig müsse die Schleuse erneuert werden, um eine Sperrung zu verhindern.

Die Schleuse überwindet im Durchschnitt nur wenige Zentimeter Niveauunterschied

Weil der Niveauunterschied zwischen den beiden Kanälen im Durchschnitt nur wenige Zentimeter beträgt, hatten schon frühere Senat erwogen, die Schleuse aufzugeben. Die Schleuse überwindet nach Angaben der Senatsverwaltung im Regelfall ein Gefälle von 25 Zentimetern, andere Quellen sprechen von nur 14 Zentimetern. Ein Abbau der Schleuse würde aber zu einem erhöhten Wasserstand im Landwehrkanal führen, so dass viele Fahrgastschiffe nicht mehr unter den niedrigen Brücken hindurchpassen würden. Viele Brücken müssten dann höher gebaut werden.

Die Staustufe mit der Schleuse sei ungeachtet der geringen Fallhöhe notwendig, um den Wasserspiegel im Unterwasser der Schleuse nicht ansteigen zu lassen, schreibt die Senatsverwaltung auf Nachfrage. Ohne die Anlage würde auch der Grundwasserspiegel an vielen Orten ansteigen und Keller würden im Nassen liegen. Die Staustufe Neukölln sei Teil der Gesamtstauregelung in Berlin. „Zusammen mit den Staustufen Kleinmachnow, Oberschleuse und Mühlendamm sichert sie den Wasserspiegel der Haltung, die bis zum Müggelsee reicht“, erklären die Experten im Hause der Senatorin Schreiner.

Vorarbeiten für den Neubau der Schleuse laufen bereits

2001 wurde die Schleuse modernisiert und auf elektrischen Betrieb umgestellt, so dass Bootsführer sie selbst bedienen können,Die Senatsverwaltung hat noch unter der alten rot-grün-roten Regierung erste Schritte für einen Neubau eingeleitet. Anfang des Jahres wurden erste Prüf- und Planungsleistungen ausgeschrieben. Nach Angaben des Hauses der neuen Senatorin Manja Schreiner (CDU) wurden „vorlaufende vertiefte Bestandserkundungen, Baugrunduntersuchungen, Fahrversuche,Vermessungen und Modellierungen durchgeführt, um die Aufgabenbeschreibung für die Planungsleistungen belastbar und vertraglich umfassend gestalten zu können. 300.000 Euro stehen dafür im Haushaltsplan für das laufende Jahr. Im nächsten Doppelhaushalt sollen weitere Planungsmittel bereit gestellt werden.

Der Bau könnte 2025 beginnen, wenn das nötige Geld bereitgestellt wird

Mit dem Bau könnte ab dem Jahr 2025 begonnen werden. Allerdings wird auch das wohl größte Problem für das Projekt genannt, nämlich das Geld, welches sich im Investitionsetat des Landes bisher nicht wiederfindet. „Sofern entsprechende Mittel im Doppelhaushaltsplan 2024/2025 bereitstehen“, schreiben Schreiners Experten, könnten ab 2025 der Neubau der Schleusenanlage und der Uferbefestigungen sowie der Rückbau der alten Schleuse über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren erfolgen. Das bedeutet, dass jedes Jahr der echten Bauphase ein zweistelliger Millionenbetrag aus dem Haushalt für die Schleuse fließen müsste.

Die Senatsverwaltung begründet den Bedarf für die vergleichsweise hohe Investition in das Wasserbauwerk. Rund um die Uhr könnten hier Schiffe und Boote die Fallstufe überwinden. Im Sommerhalbjahr erfolgen 15 bis 20 Schleusungen pro Tag. Meist handele es sich um Freizeit- und Fahrgastschiffe. Zudem passiert in der Saison einmal täglich das Sauerstoffschiff der Senatsverwaltung die Schleuse, die die Gewässer belüftet. Aber auch Güterschiffe, die den Hafen Neukölln anfahren und dort in der Regel Schrott laden, nutzten die Neuköllner Schleuse.

Generell sind viele Wasser-Bauwerke in Berlin und in der Region in einem schlechten Zustand. In Brandenburg gelten 11 Schleusen und 14 Wehre als marode und müssen saniert werden, das sind ein Viertel dieser Anlagen im Land. Die meisten werden regelmäßig von Experten der Wasser- und Schifffahrtsämter überwacht. Unterdessen hat der Bund die Mittel für Investitionen in Schleuse und Wehre gekürzt.