Rudower Blumenviertel

Klage abgewiesen: Blumenviertel bleibt ohne Brunnenanlage

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Victoria Atanasov
Grundstücksbesitzer fordern unter anderem den Weiterbetrieb des Brunnens.

Grundstücksbesitzer fordern unter anderem den Weiterbetrieb des Brunnens.

Foto: Sergej Glanze / Berliner Morgenpost

Fünf Grundstückbesitzer zogen gegen das Land Berlin vor Gericht und verloren: Berlin ist nicht verantwortlich für das Grundwasserproblem.

Berlin.  Bewohnerinnen und Bewohner des Rudower Blumenviertel kämpfen seit der Wende mit einem hohen Grundwasserspiegel, der unter anderem für nasse Keller, Risse und andere Schäden sorgt. Fünf Grundstückseigentümer zogen daher am 08. November gegen das Land Berlin vor das Verwaltungsgericht.

Dabei ging es um die jahrelang diskutierten Fragen, wer für das Grundwassermanagement verantwortlich ist und wer für die notwendigen Wasser absenkenden Pumpen zahlen soll. Das Verwaltungsgericht entschied ich für die Ablehnung der Klage: Die Verantwortung, für „siedlungsverträgliches Grundwasser“ zu sorgen, läge nicht beim Land Berlin und daher sei das Abstellen der Pumpenanlage vonseiten des Senats zulässig.

Hintergrund: Hohes Grundwasser im Blumenviertel

Seit 1997 hatte der Senat eine zentrale Brunnenanlage in Betrieb genommen, um ansteigendes Grundwasser abzupumpen und in den Teltowkanal abzuleiten. Einer der Gründe für die Wasserproblematik liegt im stark sinkenden Wasserverbrauch durch Industrie und Privathaushalte seit der Wende. Die wasserbehördliche Genehmigung für den Weiterbetrieb der Anlage lief nach zahlreichen Verlängerungen endgültig am 31. Juni 2022 aus und die Pumpe wurde abgestellt.

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Kläger fordern Weiterbetrieb der zentralen Brunnenanlage

Der Vorwurf der Kläger lautete, das Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, hätte in der Vergangenheit rechtswidrig gehandelt. Sie befürchten durch das Abstellen der Pumpe einen erneuten Grundwasseranstieg und sehen die Verpflichtung beim Senat, für „siedlungsverträgliches Grundwasser“ durch den Weiterbetrieb der abgeschalteten Brunnenanlage zu sorgen.

Land Berlin: Kein rechtswidriges Handeln der Behörden

Das Gebiet sei trotz Kenntnis der Wasserproblematik vom Land Berlin als Bauland genehmigt worden, lautet der Vorwurf der fünf Grundstückseigentümer. Die sei aus ihrer Sicht rechtswidrig. Außerdem hätte es gegenüber den Bauherren falsche Auskünfte über die Bausicherheit gegeben. Damit sei einer Hinweispflicht nicht nachgekommen worden.

Das Verwaltungsgericht wies die Vorwürfe zurück: Die Ausweisung des Gebiets als bebauungsfähig sei zulässig gewesen. Eine Baugenehmigung sei nur dann rechtswidrig, wenn eine Gesundheitsgefahr bestehe oder Probleme mit baulichen Mitteln nicht behoben werden können. Dies sei hier nicht der Fall gewiesen, so das Gericht.

Auch der Vorwurf fehlender Hinweise, dass die Siedlung auf Sumpfgebiet stehe, wurde abgelehnt. Eine Hinweispflicht von Seiten der Behörden gebe es nicht. Stattdessen liege die Verantwortung, sich über die Bausicherheit zu erkunden, bei den Architekten. Das Gericht sehe nicht ein, „dass den Bauherren und Klägern jede Eigenverantwortung abgesprochen wird.“

Abgeschaltete Pumpe rechtmäßig

Eine Verpflichtung, für siedlungsverträgliches Wasser zu sorgen gäbe es genauso nicht, bemerkt das Verwaltungsgericht. Das Abstellen der zentralen Brunnenanlage ist daher rechtsmäßig. Bereits kurz nach Inbetriebnahme 1997 hatte es einen Posteinwurf vom Senat an die Bewohner gegeben, der darüber informierte, dass die Pumpe nicht auf Dauer bestehe und die Verpflichtung, für abgedichtete Keller zu sorgen, bei den Bauherren, also den Bewohnern, liege.

„Die Genehmigung war von vornherein erst einmal auf zehn Jahre beschränkt und eigentlich sollte sie schon viel früher abgeschaltet werden“, hieß es von den Vertretern des Landes. Dennoch wurde sie immer wieder verlängert, um nach alternativen Lösungen zu suchen, so vonseiten der Angeklagten.

Zwei Lösungen vom Senat bleiben

Mit dem Ergebnis bleiben die zwei Lösungsangebote für den Ersatz der zentralen Pumpe bestehen. Der Senat unterstützt die Bewohner finanziell beim Bau dezentraler Brunnenanlagen. Auch eine gemeinschaftliche Brunnenanlage sei denkbar, insofern mindestens 200 Einwohnerinnen und Einwohner ihr Interesse bei der Senatsverwaltung zurückmelden – die Frist endete am 31. Oktober.

Die Bedingung dabei: Das Land übernimmt Planungskosten, Bürgerinnen und Bürger übernehmen Bau und Betrieb. Dafür hat man das Pilotprojekt Grundwasser ausgerufen, das berlinweit mit 2,3 Millionen Euro gefördert wird. Eine Pilotanlage steht bereits – das Land hat die Planungskosten von rund 23.000 Euro übernommen. Etwa die Hälfte der Gesamtkosten.

Meldeten sich 200 Bürger für eine Gemeinschaftsanlage zurück, lägen laut des Vereins „Siedlungsverträgliches Grundwasser“ die jährlichen Betriebskosten pro Beteiligtem bei 710 Euro.

Kläger hält fest: Verantwortung und Kosten liegen beim Land

Bis jetzt wurden die Angebote kaum in Anspruch genommen, das Fördergeld nur geringfügig verausgabt, kritisieren die Kläger. Für eine gemeinschaftliche Brunnenanlage gäbe es keine geeignete Ortschaft in der Siedlung und das Konzept sei „völlig undurchdacht”, so ein Kläger. „Es ist nicht Aufgabe der Bürgerschaften, für das Land Berlin das komplexe Grundwassermanagement in Berlin auszuüben.“

Der Anwalt der Kläger ergänzte, dass in einem Vermerk des Senats aus den 90er-Jahren eine Verlagerung der Kosten auf die Bewohner „ausgeschlossen“ wurde. Die Kostenpflicht liege beim Land, so habe es der Senat selbst geschrieben. Er appellierte abschließend an die politische Ebene: „So wie es hier geschieht, darf ein Staat nicht mit seinem Bürger umgehen.“

Das Gericht brachte dagegen an, dass die Effizienz der Brunnenanlage hinterfragbar sei, da sie nur geringfügig Wasser abgesenkt habe – circa einen halben Meter. Außerdem seien seit der Abschaltung der Pumpe keine weiteren Vermessungsschäden in hohem Ausmaß aufgetreten.

Dazu kommt, dass die zentrale Pumpe eine kurzfristige Lösung gewesen sei und keine verpflichtende. „Der Umstand, dass man so eine Anlage baut, heißt nicht, dass man es für alle Zeiten weiterbetreiben muss“, gibt das Verwaltungsgericht zu bedenken und weist die Klage ab.

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