Pro-palästinensische Demo

Empörung über judenfeindliche Rufe bei Demo in Berlin

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Eine Demonstrationen palästinensischer Gruppen in Neukölln (Archivbild).

Eine Demonstrationen palästinensischer Gruppen in Neukölln (Archivbild).

Foto: Fabian Sommer / dpa

Erneut sind Gegner Israels in Berlin auf die Straße gegangen - auch mit offen geäußertem Judenhass und Angriffen auf Journalisten.

Berlin. Antiisraelische Demonstrationen in Berlin am Wochenende haben Empörung ausgelöst. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte nach den antisemitischen Übergriffen an, die Straftaten konsequent zu verfolgen. „Meine Position ist glasklar: Als Gesellschaft müssen wir uns eindeutig und geschlossen gegen Antisemitismus und Hass stellen. Straftaten werden mit aller Konsequenz verfolgt, um hier eine unmissverständliche Grenze zu ziehen“, schrieb sie am Sonntag auf Twitter.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hob am Sonntag hervor, es gebe in Deutschland keinen Platz für Judenfeindlichkeit. Der Rechtsstaat müsse konsequent handeln. „An antisemitische Beschimpfungen dürfen wir uns niemals gewöhnen - egal von wo und von wem sie kommen.“

CDU-Generalsekretär Mario Czaja schrieb auf Twitter von" zutiefst beschämenden Szenen hasserfüllter und antisemitischer Übergriffe“. Die Sicherheitsbehörden dürften es nicht so weit kommen lassen. Czaja forderte umfassende Aufklärung und Aufarbeitung.

Der CDU-Abgeordnete Paul Ziemiak sprach von einem Skandal und kritisierte: „Das, was wir hier an islamischen Antisemitismus erleben, ist eine Schande für unsere Hauptstadt.“ Wer die Augen davor verschließe, mache sich schuldig.

Angriffe auf Journalisten bei antiisraelischer Demo in Berlin am Sonnabend

Am Sonnabend waren bei einer pro-palästinensische Demonstration mehrere hundert pro-palästinensische Demonstranten durch Kreuzberg und Neukölln gezogen. Nach Angaben der Polizei wurden dabei volksverhetzende Parolen gerufen sowie Journalistinnen und Journalisten bedrängt, beleidigt und angegriffen.

Laut Journalisten-Gewerkschafter Jörg Reichel wurden sechs Journalisten und Beobachter auch körperlich angegriffen, unter anderem durch Attacken auf Kameraausrüstung und Tritte. Zu der Demonstration aufgerufen hatte der Verein „Palästina spricht“.

Die Versammlung war laut Polizei auf dem Kreuzberger Oranienplatz gestartet. Etwa 400 Menschen hätten bei der Auftaktkundgebung teilgenommen. Während einer Zwischenkundgebung auf der Kottbusser Brücke sollen zwei Journalisten von den Teilnehmenden angefeindet worden sein. Später wurden die Journalisten aggressiv angegangen und vom Versammlungsleiter ausgeschlossen.

Die Journalistengewerkschaft warf der Polizei vor, nicht auf Hilferufe von Journalisten reagiert zu haben und sie darüber hinaus angewiesen zu haben, der Demonstration hinterherzulaufen. Nach Angaben der Polizei hatten die Veranstalter nach dem Versammlungsfreiheitsgesetz von ihrem Recht Gebrauch gemacht, Menschen auszuschließen, die die Ordnung der Versammlung stören. Die Polizei betonte auch, dass sie Journalisten geschützt habe.

Gegen 17.50 Uhr wurde ein weiterer Journalist von einem derzeit unbekannten Demonstranten attackiert. Der Demonstrant konnte nach Angaben der Polizei flüchten, allerdings lägen hierzu Videoaufnahmen vor. Am Endplatz bedrängten Demonstranten einen weiteren Medienvertreter. Er wurden von Polizisten aus der Versammlung geführt. Hierbei warfen Unbekannte Plakate und Holzstangen auf die Polizisten, die unverletzt blieben. Darüber hinaus sei der Polizei eine Videosequenz bekannt geworden, in der Versammlungsteilnehmende den Medienvertreter antisemitisch beleidigten.

Polizei leitete mehrere Strafermittlungsverfahren ein

Während der Abschlusskundgebung wurde ein am Boden liegender Mann getreten. Einsatzkräfte nahmen hierzu einen Tatverdächtigen noch vor Ort fest, einen zweiten im Anschluss der Demonstration. Zudem leitete die Polizei Strafermittlungsverfahren unter anderem wegen besonders schweren Landfriedenbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung ein.

Erst am Freitag hatte es in Neukölln eine pro-palästinensische Demonstration gegeben. Dabei flogen nach Polizeiangaben Steine, Beamte wurden verletzt, Feuerwerkskörper gezündet und Böller geworfen.

Seit Jahren israelfeindliche Demonstrationen in Berlin

Seit Jahren gibt es in Berlin im Frühling israelfeindliche Demonstrationen. Die sogenannte Al-Kuds-Demonstration fiel in den vergangenen beiden Jahren jedoch wegen Corona aus. Der dieses Jahr für den 30. April geplante Aufzug war Anfang April abgesagt worden; die Polizei hatte zuvor ein Verbot geprüft.

Am Al-Kuds-Tag, der am Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan liegt, ruft der Iran jedes Jahr zur Eroberung Jerusalems auf. Hintergrund ist die Besetzung Ost-Jerusalems durch Israel während des Sechstagekrieges 1967. Die arabische Bezeichnung Al-Kuds steht für Jerusalem.

( mit dpa/JP )