Berlin. Beim Palästinensertag auf dem Hermannplatz am Sonnabend vor einer Woche in Neukölln kam es auch zu Gewalt. Ein Israeli wurde von mehreren Personen attackiert. Die Polizei vermeldete den Vorfall erst auf Nachfrage. Es lägen mehrere Anzeigen vor.
Öffentlich bekannt geworden ist erst jetzt, dass bei der Veranstaltung der bekannte israelische Musiker Daniel G. attackiert wurde. Auf einem Video ist zu sehen, wie mehrere Männer ihn bedrängen und gegen den Kopf schlagen. Zu sehen sind auch Polizeibeamte, die die Situation beruhigen. Ein Video der gesamten Situation liegt nicht vor.
Kameramann wird bedrängt
In einem bislang unveröffentlichten Video, das der Berliner Morgenpost vorliegt, bedrängen zwei Männer auch einen Kameramann. Immer wieder fassen sie an die Kamera und fordern ihn auf, nicht zu fotografieren. Dann hört man, wie jemand mehrfach „Israel“ ruft. Die Kamera schwenkt um. Zu sehen sind Dutzende Menschen, die den Rufer umzingeln. Zu hören ist auch eine Frau, die „Nieder mit Israel“ schreit. Ein Redner auf der Bühne bittet, den Israel-Rufer „zu entfernen“.
Israeli wird in Berlin attackiert
Zuerst hatten der Journalist Ulrich W. Sahm und die Jerusalem Post darüber berichtet. In einem Statement von Daniel G., das auch der Berliner Morgenpost vorliegt, heißt es: „Ich ging durch den Hermannplatz und sah, dass es eine Demonstration gegen Israel gab. Ich bin ein Bewohner des Staates Israel. Der Angriff begann sofort, als ich begann, mein Land mit einem einzigen Wort zu unterstützen. Ich wurde auf den Kopf geschlagen und habe bis jetzt Schmerzen. Ich war unter totalem Schock.“ Für die Berliner Morgenpost war G. zunächst nicht erreichbar.
Fünf Anzeigen wegen Körperverletzung
Nach Informationen der Berliner Morgenpost wurden auf dem Hermannplatz fünf Anzeigen wegen Körperverletzung, versuchter Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz aufgenommen. Aus Polizeikreisen hieß es auf Nachfrage, dass die Ermittlungen liefen. Auch der Staatsschutz sei eingeschaltet worden. Laut Anzeigen sei es zu wechselseitigen Körperverletzungen gekommen. Der 26-jährige Israeli sei laut Polizei zudem deutlich alkoholisiert gewesen. Nach Informationen der Berliner Morgenpost ergab der freiwillige Test einen Wert von 1,25 Promille.
Stiftung kritisiert Genehmigung durch Bezirk
Dass der Vorfall erst jetzt bekannt wurde, sorgt bei Beobachtern für Verwunderung. Florian Eisheuer von der Amadeu-Antonio-Stiftung sagte der Berliner Morgenpost: „Der antisemitische Charakter dieser angeblichen Folklore-Veranstaltung muss der Versammlungsbehörde bekannt gewesen sein. Man kann es also nur als Resultat grober Fahrlässigkeit bezeichnen, dass die körperliche Unversehrtheit eines zufällig anwesenden Israeli nicht gewährleistet wurde“. Man erwarte Antworten auf die Frage, wie es soweit kommen konnte. Die Entpolitisierung der antisemitischen Tat als einfache „Körperverletzung“ sei ein zusätzlicher Schlag ins Gesicht der Betroffenen, so Eisheuer weiter.
Grünen-Politiker erstatte Anzeige
Erst war bei der Veranstaltung vor einer Woche kaum Polizei vor Ort. Nach einem Bericht der Berliner Morgenpost, dass bei der Veranstaltung antisemitische Plakate gezeigt wurden, erstattete der Grünen-Politiker Volker Beck Anzeige. Die Plakate wurden daraufhin entfernt. Vor Ort waren dann mehrere Polizisten und das Ordnungsamt zu sehen.
Bezirk will seine Strategie überdenken
Kritik wurde am Bezirk Neukölln laut. Denn bereits in der Vergangenheit kam es bei den Palästinensertagen zu antisemitischen Zwischenfällen. Trotz dieser Vorgeschichten konnte aber erneut eine Privatperson den Tag als Folklore-Tag anmelden.
Nach Informationen der Berliner Morgenpost will der Bezirk nun seine Strategie überdenken. Eine erneute Folkloretag-Anmeldung im kommenden Jahr für eine politische Kundgebung wäre zu überprüfen, hieß es auf Nachfrage. Denn faktisch handelt es sich bei dieser Veranstaltung um eine politische Kundgebung.
Am Freitag teilte Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee (AJC) Berlin, mit:„Wir sind schockiert, dass Berlin erneut Schauplatz eines antisemitischen Angriffes geworden ist. Die antisemitischen Schläger waren offensichtlich Teilnehmer einer pro-palästinensischen Kundgebung auf dem Herrmannplatz. Auch wenn wir bisher nicht alle Einzelheiten kennen, so reiht sich dieser Angriff in eine Kette judenfeindlicher Angriffe in Berlin ein. Dafür spricht vor allem die Tatsache, dass das Opfer berichtet, dass die Täter antisemitische Parolen riefen. So niederträchtig dieser Angriff ist, so wenig überrascht er uns. Denn die Kundgebung war eine regelrechte Hassparade gegen den jüdischen Staat.“