Verkehr in Berlin

Fährt die "Party-Tram" M10 bald bis nach Neukölln?

| Lesedauer: 6 Minuten
Thomas Fülling
Noch endet die M10 an der Oberbaumbrücke

Noch endet die M10 an der Oberbaumbrücke

Foto: imago stock / imago/Jürgen Ritter

Der Senat plant eine Verlängerung der M10 bis zum Hermannplatz. Über die konkrete Route wird aber noch diskutiert.

Berlin. Die ersten Gleise liegen schon – und das seit etlichen Jahren. Bereits unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung hatte der Berliner Senat die Idee, die Straßenbahn vom S-Bahnhof Warschauer Straße bis zum Hermannplatz zu verlängern. Und so wurden 1994 bei der Sanierung der Oberbaumbrücke dort auch gleich Schienen verlegt.

Nun will die Landesregierung Ernst machen mit dem Projekt. Zu Jahresbeginn suchte die Senatsverkehrsverwaltung per Ausschreibung ein Planungsbüro zur „Grundlagenermittlung“ für das Vorhaben, die Tram-Linie M10 von Friedrichshain, über Kreuzberg nach Nord-Neukölln zu verlängern. Bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung will die Behörde dazu gemeinsam mit den beauftragten Verkehrsplanern „erste Überlegungen“ vorstellen.

„Noch stehen die Planungen für die Straßenbahn ganz am Anfang“, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Einladung zu der Veranstaltung. Anders als diese Formulierung suggeriert, geht es dabei eigentlich nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“. Der Ausbau der Straßenbahn werde eine umsteigefreie Verbindung zwischen dem S- und U-Bahnhof Warschauer Straße und dem U-Bahnhof Hermannplatz ermöglichen und die Anbindung der Stadtquartiere an den öffentlichen Nahverkehr weiter verbessern, so die grundsätzlich positive Bewertung durch den Senat, der das Projekt auch in der „Stadtentwicklungsplanung Verkehr“ verankert hat.

Verwiesen wird von den Verkehrsplanern auch auf die Wirkung der erfolgten Verlängerung der Straßenbahn zum Hauptbahnhof. Nach Angaben der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hat das allein der Linie M10 einen Fahrgastzuwachs von rund 45 Prozent beschert (Vergleich: 2016 zu 2013).

Neue Verbindung zwischen Friedrichshain und Kreuzberg

Einen solchen Positiv-Effekt erwarten Verkehrsexperten bei der aktuell diskutierten Streckenverlängerung erst recht. Denn die wegen ihrer starken Nutzung in den Abendstunden und an den Wochenenden von Berlinern gern auch als „Party-Tram“ bezeichnete Linie würde die Wohn-, Arbeits- und Feierquartiere in Friedrichshain auf idealer Weise mit denen in Kreuzberg und Neukölln verbinden. Zudem bekommt das bestehende Nahverkehrsnetz in der Stadt eine hervorragende Ergänzung. So bestehen am Hermannplatz, über den bereits vor 50 Jahren die Straßenbahn fuhr, gute Umsteigemöglichkeiten etwa in die U-Bahnlinien 7 und 8 sowie in zahlreiche Buslinien.

Umstritten ist bislang allerdings, wo genau die neue Tram-Strecke lang führen soll und was die ganze Sache am Ende kosten wird. Beides hängt dabei eng zusammen. „Die Kosten der Straßenbahnverlängerung können erst mit Festlegung der Vorzugs-Trasse abgeschätzt werden“, heißt es auf der Webseite der Senatsverwaltung.

Am 15. November sollen nun „verschiedene Varianten der Trassenführung“ vorgestellt werden. Interessierte Bürgerinnen und Bürger seien eingeladen, sich mit den Planern über die einzelnen Varianten auszutauschen, heißt es. Zudem soll nach der Veranstaltung die Möglichkeit bestehen, sich über die Webseite www.mein.berlin.de bis zum 29. November online an der Diskussion zu beteiligen.

Abgeschlossen werden soll der erste Planungsschritt für das Tram-Projekt im Frühjahr 2019. Dann soll auch eine exakte Kosten-Nutzen-Rechnung vorliegen. Erst dann kann das notwendige Planfeststellungsverfahren für die Strecke beginnen. Erklärtes Ziel der rot-rot-grünen Landesregierung ist es, dass mit der Umsetzung noch innerhalb der aktuellen Legislaturperiode begonnen wird, die im Herbst 2021 endet. Ein Baubeginn bis zu diesem Zeitpunkt gilt unter Experten allerdings als wenig realistisch.

Zu den Trassenvarianten wollte sich die Senatsverkehrsverwaltung am Montag mit Verweis auf die bevorstehende Info-Veranstaltung nicht äußern. Bekannter Streitpunkt ist aber die Frage, ob die beiden geplanten Gleise mitten durch den Görlitzer Park führen oder besser außerhalb (etwa über die Skalitzer Straße) verlegt werden sollen. In der Vergangenheit hatte es immer wieder erhebliche Proteste von Anwohnern gegeben, wenn im Görlitzer Park irgendwelche baulichen Veränderungen geplant wurden.

Als Teil ihrer neuen Verkehrspolitik zur Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs plant die rot-rot-grüne Koalition rund zwei Dutzend neue Tram-Strecken in der Stadt. Bei der Realisierung der Vorhaben kommt der Senat allerdings nur sehr langsam voran. Am weitesten sind die geplanten Verlängerungen vom Hauptbahnhof zum U-Bahnhof Turmstraße sowie eine direkte Tram-Anbindung für den Bahnhof Ostkreuz sowie eine weitere Strecke in Adlershof.

Vorangetrieben werden vom Senat auch die Pläne für eine Tram-Strecke die vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz führt. Auch für dieses Projekt sind bereits einige Meter Gleise im Bereich Leipziger Straße verlegt. Doch denen wird es am Ende so gehen, wie den Schienen auf der Oberbaumbrücke. Wenn die neuen Strecken tatsächlich einmal gebaut werden, müssen sie wegen ihres Alters ausgebaut und durch neue Gleise ersetzt werden.

Informationsveranstaltung zur geplanten Straßenbahn S- und U-Bhf. Warschauer Straße – U-Bhf. Hermannplatz am 15. November, 18 bis 21 Uhr im Motion Lab, Bouchéstraße 12, Halle 20, Zufahrt 3, Zugang über Jordanstraße, 12435 Berlin

Update: In einer früheren Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass Berlin 15 Jahre nach dem Verlegen der ersten Gleise nun den Ausbau forciert. Die Schienen wurden aber bereits 1994 verlegt. Wir haben die fehlerhafte Zeitangabe entfernt.

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