Der Senat reagiert auf die Serie rechtsextremistischer Straftaten in Neukölln. Eine SPD-Politikerin erhält nun Polizeischutz.
Eine Serie rechtsextremistischer Straftaten im Berliner Bezirk Neukölln beunruhigt die rot-rot-grüne Landesregierung. Allein seit Oktober habe es etwa 20 solcher Fälle gegeben, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Er habe deshalb eine neue Ermittlungsgruppe eingerichtet. Unter anderem sei die Polizei beauftragt worden, im öffentlichen Straßenbild stärker präsent zu sein. "Ich werde nicht weiter hinnehmen, dass rechtsextreme Täter in den Kiezen ihr Unwesen treiben und gezielt Menschen angreifen, die den Mut besitzen, sich der Gewalt und den Einschüchterungsversuchen offensiv entgegenzustellen", sagte Geisel. Fünf Mitarbeiter werden in der neuen Ermittlungsgruppe arbeiten.
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„Seit Oktober vergangenen Jahres hat es in Neukölln 20 Straftaten gegeben, die auf einen rechtsextremistischen Hintergrund hinweisen“, sagte Geisel am Donnerstag im Abgeordnetenhaus zur Begründung. Deshalb habe er die Ermittlungsgruppe „Rechte Straftaten in Neukölln“ (Resin) ins Leben gerufen. Die Ermittlungen dauerten an, erste Ergebnisse könne er noch nicht präsentieren. Zuletzt waren in Neukölln mehrfach Autos angezündet worden, unter anderem das der SPD-Politikerin Mirjam Blumenthal und das eines Gewerkschafters, der sich öffentlich gegen Rechtspopulismus und Rassismus engagierte. mehrfach Autos angezündet
SPD-Politikerin erhält Polizeischutz
„Endlich wird gehandelt“, sagte SPD-Politikerin Blumenthal der Berliner Morgenpost. Blumenthal ist auch Gruppenleiterin beim sozialistischen Kinder- und Jugendverband „Die Falken“ und engagiert sich offen gegen Rechts. Nun erhält Blumenthal nach eigenen Aussagen Polizeischutz. Einsatzkräfte patrouillieren regelmäßig in ihrem Wohngebiet.
Auch Buchhändler Heinz Ostermann wurde Opfer, als sein Auto in der Nacht zu Montag. Für ihn ist es nicht die erste Attacke. Im Dezember beschädigten Unbekannte die Scheibe seines Ladens in Alt-Rudow. Zuvor hatte es dort und in weiteren Buchhandlungen eine Veranstaltung unter dem Motto "Was tun gegen die AfD? Aufstehen gegen Rassismus" gegeben. Ostermann ist Mitglied der Initiative "Neuköllner Buchläden gegen Rechtspopulismus und Rassismus". "Meine Buchhandlung ist aber ein ganz normales Geschäft", sagt Ostermann gegenüber der Berliner Morgenpost.
Rechtsextreme Propaganda verteilt
Bei seinem Laden handle es sich nicht – wie von anderen dargestellt – um ein Geschäft der linken Szene. Im Netz war Ostermann dennoch als "rot-grüner Hetzer" beschimpft worden. Dass nun sein Auto an seiner Privatadresse angesteckt wurde, habe eine ganz neue Qualität. Dass Geisel nun das Problem Rechtsextremismus anpackt, wird von den Initiativen vor Ort begrüßt. „Endlich wird gehandelt“, sagte SPD-Politikerin Mirjam Blumenthal, der Berliner Morgenpost. Die Politikerin erhält nach eigenen Aussagen inzwischen Polizeischutz. Blumenthal ist auch Gruppenleiterin beim sozialistischen Kinder- und Jugendverband "Die Falken".

Die SPD-Politikerin engagiert sich nach Parteiangaben vielseitig gegen Rechts. Unter anderem organisiere Blumenthal derzeit in Neukölln eine Gedenk- und Erinnerungsveranstaltung an den 71. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, teilte die Partei mit. Außerdem sitze sie im Kreisvorstand der SPD Neukölln als Beisitzerin für "Strategien gegen Rechts" und engagiere sich gegen Radikalismus. Die Vorfälle der vergangenen Tage reihen sich in eine ganze Serie von ähnlichen rechtsmotivierten Angriffen in Neukölln ein.
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Mehrfach kam es zudem zu ähnlichen (Farb-)Angriffen auf Privatwohnungen und linke Einrichtungen. Die Situation ist seit Jahren ein Problem im Bezirk. Rechtsextreme Gruppen verbreiten regelmäßig entsprechende Feindeslisten im Internet. Schon im September hatten die „Freien Kräfte Berlin Neukölln“ eine entsprechende Karte mit linken Einrichtungen veröffentlicht. Auch eine evangelische Einrichtung war bereits Ziel der Attacken. Unbekannte hatten etwa in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember einen Brandanschlag auf das Neuköllner Café "k-fetisch" verübt und ein Spruchband der Evangelischen Kirche Rudow zerstört, das sich gegen Rassismus richtet. Innensenator Geisel wird am heutigen Freitag das Anton-Schmaus-Haus (ASH) in Neukölln besuchen.
Das ASH engagiert sich seit vielen Jahren gegen Rechtsextremismus. Dafür wurde das Haus immer wieder bedroht und auch angegriffen. „Mit seinem Besuch will der Innensenator sich über die Arbeit informieren und ein deutliches Zeichen gegen rechtsextremistische Gewalt setzen“, sagte Geisels Sprecher Martin Pallgen. Für kommenden Sonnabend rufen Gewerkschaften, Parteien und Bündnisse um 15 Uhr vor der Hufeisentreppe, Fritz-Reuter-Allee 48, zu einer Kundgebung auf.