Kopftuch-Streit

Neuköllns Bürgermeisterin Giffey attackiert Muslimin scharf

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Ulrich Kraetzer

In der Debatte um die Bewerbung von Betül Ulusoy hat Neuköllns Bürgermeisterin Giffey Kritik geübt. Sie monierte „inakzeptables Verhalten“.

Der Streit um die Bewerbung von Betül Ulusoy hätte eine gesellschaftspolitische Debatte befördern können. Denn Ulusoy ist Muslimin und trägt Kopftuch – das Rechtsamt des Bezirks Neukölln hatte sich bei ihrer Bewerbung als Rechtsreferendarin deswegen Bedenkzeit erbeten. Ein notwendiger Schritt, argumentierte das Amt. Man habe Konflikte mit dem Neutralitätsgesetz prüfen müssen. Eine unzulässige Diskriminierung, fand dagegen Ulusoy – und verwies auf die Religionsfreiheit. Jetzt aber geht es nicht um das Spannungsverhältnis zwischen Religionsfreiheit und staatlicher Neutralität – sondern darum, wer wann welche E-Mail geschrieben hat, und darum, ob es legitim ist, dass Ulusoy dem Bezirk, der ihr die Stelle schließlich zugesagt hatte, letztlich doch eine Absage erteilt hatte.

Den neuesten Beitrag lieferte am Montag Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). In einer zweiseitigen Mitteilung legte die Rathauschefin detailliert dar, warum die junge Muslimin mit dem Kopftuch ihrer Ansicht nach „ein völlig inakzeptables Verhalten“ an den Tag gelegt habe. Die Ausführungen sind in fünf Punkte und eine Bewertung gegliedert. Demnach habe sich Ulusoy am 3. Juni persönlich im Amt vorgestellt. „Obwohl eine kurzfristige Prüfung ihrer Anfrage zugesagt wurde, hat Frau Ulusoy die unwahre Behauptung verbreiten lassen, dass ihr das Bezirksamt eine Absage erteilt hätte“, heißt es. Mehr noch: Ulusoy habe den Eindruck erweckt, ernsthaft an der Stelle interessiert zu sein. Tatsächlich habe sie sich aber bereits frühzeitig und parallel bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales beworben. Dies habe sie aber selbst nach der Zusage des Bezirksamts am 9. Juni weder der Öffentlichkeit noch dem Bezirksamt mitgeteilt. Inwiefern Parallelbewerbungen auch bei anderen Bewerbern vorkommen, wird nicht erwähnt.

Personalangelegenheiten öffentlich zu machen, ist bei Behörden eigentlich unüblich. In diesem Fall sprach Bürgermeisterin Giffey jedoch von „Vortäuschung falscher Tatsachen“ und behauptete, das Vorgehen Ulusoys habe das Bezirksamt „in Verruf“ gebracht. „Wer sich so verhält, setzt seine Glaubwürdigkeit und Integrität als Juristin aufs Spiel“, urteilte Giffey über die 26-jährige Ulusoy. Der Neuköllner Stadtrat Falko Liecke (CDU) hatte zuvor geklagt: „Jetzt hat sie, was sie wollte. Der Staat knickt vor ihr ein.“

Ulusoy selbst hatte in Interviews und auf Facebook stets darauf hingewiesen, die Rechtslage zu akzeptieren. Gemäß dem Berliner Neutralitätsgesetz, dessen Gültigkeit nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes allerdings in Zweifel gezogen wird, hätte sie mit dem Kopftuch demnach keine hoheitlichen Aufgaben mit Außenwirkung ausüben dürfen. Die Prüfung, ob sie überhaupt in dem Amt tätig werden konnte, habe sie aber für unzulässig gehalten.