Schwarzer Anzug, hellblaues Hemd, dunkelblaue Krawatte, ernster Blick – Patrick Schmidt und Abdul Mohammad fallen auf zwischen den bunten Bücherregalen, Studenten und kleinen Kindern in der Lese-Ecke. Bislang waren die beiden Wachschützer vor Neuköllner Schulen im Einsatz.
Seit Montag sind sie für die Sicherheit in der Helene-Nathan-Bibliothek in den Neukölln Arcaden an der Karl-Marx-Straße zuständig. Von Montag bis Sonnabend sollen die beiden darauf achten, dass die Hausordnung eingehalten wird. „Wenn nötig, werden wir für Ruhe sorgen“, sagt Abdul Mohammad. Das kann er auch in arabischer Sprache.
Vor fast genau drei Wochen hatten sich die Mitarbeiter der Bibliothek hilfesuchend an das Bezirksamt gewandt. Sie seien am Ende ihrer Belastbarkeit, klagten sie und die Hälfte ihrer Zeit, damit beschäftigt, für Ordnung zu sorgen. Von Sex und Drogen auf dem Klo war die Rede. „Das sind nur die Spitzen der Vorkommnisse“, sagt Brigitte Lichtfeldt, kommissarische Bibliotheksleiterin.
Erziehungsarbeit müssten sie jeden Tag leisten. Da toben kleine Kinder auf dem Treppengeländer, andere holen ihre Nudelsalat aus der Tasche oder ziehen ihre Kabel quer über den Gang. „Manche kommen auch nur, um Krawall zu machen“, so die Leiterin. Würde man sie zur Ordnung rufen, hieße es nur respektlos: „Du kannst mich mal.“
Drei Monate Testphase
Das soll sich jetzt ändern. Bildungsstadträtin Franziska Giffey (SPD) hat schnell reagiert und den Sicherheitsdienst, der bereits vor neun Schulen in Neukölln mit Wachschützern steht, beauftragt. Drei Monate solle die Testphase in der Bibliothek dauern, 20.000 Euro muss das Amt dafür bezahlen. „In dieser Zeit wollen wir sehen, ob das Instrument funktioniert“, sagt Franziska Giffey.
Die Sicherheitsleute sollen nur die Aufsicht übernehmen. Es gehe nicht um Einlass- oder Zugangskontrollen in die Bibliothek. Die sei weiterhin für jeden Besucher offen. Etwa 2000 Nutzer kommen täglich. Das gehe in einem sozialen Brennpunkt nicht immer konfliktfrei ab, so Giffey. Obdachlose, Alkoholiker, Hartz-IV – die Bibliothek sei ein Spiegel der gesamten Situation in Nord-Neukölln.
Das eigentliche Problem sieht die Bildungsstadträtin jedoch in fehlenden Treffpunkten für Jugendliche. Sie hat schon versucht, im Einkaufscenter Räume zu finden, ohne Erfolg. Jetzt gibt es Pläne für ein neues Zentrum für die Jugend- , Bildungs- und Familienarbeit. Die sogenannten Familienarcaden sollen in einer Baulücke an der Karl-Marx-Straße entstehen. Das Projekt ist noch in der Diskussion.