Berlin. Joe Chialo möchte im Kulturausschuss sein Projekt Bibliothek im Lafayette voranbringen. Aber die Politiker ringen mit Sparvorgaben.

Sie werden wieder vehement werben für die Idee einer neuen Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) im Gebäude des Kaufhauses Galeries Lafayette an der Friedrichstraße. Für den Kulturausschuss am Montag hatte Kultursenator Joe Chialo (CDU) weitere Informationen darüber angekündigt, wie das zuletzt auf mindestens 600 Millionen Euro geschätzteKonzept umgesetzt werden könnte. ZLB-Chef Volker Heller soll die Abgeordneten von dem Projekt begeistern.

Dass sich an der Skepsis innerhalb der Koalitionsfraktionen etwas ändern wird, ist aber eher nicht zu erwarten. Zu schlecht hatte Chialo seinen Vorstoß vorbereitet. Völlig unklar blieb bisher, wie die neue ZLB in der dem amerikanischen Immobilienunternehmen Tishman Speyer gehörenden Glas-Bau bezahlt werden sollte.

Abgeordnete des Kulturausschusses warten weiter auf Informationen zum ZLB-Projekt

Auch in den letzten Tagen haben die Koalitionäre im Kulturausschuss keine Informationen von Chialo bekommen, wie er sich die Umsetzung vorstellt. Im Haushalt, den das Abgeordnetenhaus gerade für die Jahre 2024 und 2025 debattiert, habe Chialo „überhaupt keine Vorsorge“ für die ZLB getroffen, heißt es. Auch in der Investitionsplanung bis 2027, die der Senat vergangene Woche beschlossen hat, findet sich nicht mal ein Merkposten.

Aus Sicht der kulturpolitischen Sprecherin der SPD, Melanie Kühnemann-Grunow, kontrastiert der Wunsch nach einem Vorzeigeprojekt in Berlins Mitte allzu deutlich mit den finanziellen Realitäten im Kulturetat. Schon jetzt regiert hier an vielen Stellen der Rotstift und es wird noch schlimmer kommen, besonders für die freie Szene.

SPD warnt: Im Kulturhaushalt fehlten schon jetzt bis zu 40 Millionen Euro

„Im Kulturhaushalt fehlen je nach Lesart 25 beziehungsweise 40 Millionen Euro“, sagte die Sozialdemokratin der Morgenpost. Diese setzten sich zusammen auch echten Kürzungen und nicht finanzierten Mehrbedarfen aufgrund von Inflation und Kostensteigerungen. Hinzu kämen noch die so genannten pauschalen Minderausgaben, ohne die Finanzsenator Stefan Evers (CDU) seinen Haushaltsplanentwurf nicht hätte ausgleichen können. 1,5 Milliarden Euro müssen die Ressorts insgesamt noch einsparen, ohne dass klar ist, wo das geschehen soll. „Für den Kulturhaushalt bedeutet das ein zusätzliches Einsparvolumen von 50 Millionen Euro“, rechnete Kühnemann-Grunow vor.

Freie Gruppen, Kindertheater, Projekträume, Festivals und Initiativen waren zuletzt unter dem linken Kultursenator Klaus Lederer vergleichsweise großzügig bedacht worden. Gleichwohl sind nur sechs Prozent des Kulturetats von rund einer Milliarde Euro für die freie Szene vorgesehen. Wenn es aber zu Kürzungen komme, sei diese besonders betroffen, warnt die SPD-Kulturexpertin.

Auch das verabredete neue Bibliotheksgesetz würde zusätzliche Kosten bedeuten

Die Liste derjenigen, die nach mehr Geld als Ausgleich für die Kostensteigerungen rufen, ist lang. So hat allein das Grips-Theater einen Mehrbedarf von 750.000 Euro angemeldet, um so weiter produzieren zu können wie bisher. Etablierte Compagnien hätten ihr gegenüber angekündigt, zuzusperren oder die Stadt zu verlassen, falls sie nicht mehr Geld bekämen, berichtete Kühnemann-Grunow. Außerdem habe sich die Koalition sich auf eine neues Bibliothekengesetz verständigt, das wohl auch den Ausbau des Netzes an Stadtteil-Büchereien zur Folge hat. Auch deshalb sind die Sozialdemokraten nicht geneigt, Geld für die ZLB im Lafayette freizugeben.