Berlin. In die Höhle des Löwen: Zwei Grünen-Politikerinnen sagen Teilnahme bei Podiumsdiskussion von „Rettet die Friedrichstraße“ zu.

Das Aktionsbündnis „Rettet die Friedrichstraße“ lässt nicht locker: Zum zweiten Mal innerhalb von sechs Wochen veranstaltet der Zusammenschluss von Geschäftsleuten, Unternehmern, Hoteliers und Restaurantbetreibern eine Podiumsdiskussion. Zum zweiten Mal haben die Gewerbetreibenden dafür Vertreterinnen der Grünen eingeladen – die Grünen, die nach Meinung vieler im Aktionsbündnis ein „absolutes Chaos“ in der Friedrichstraße und deren Umfeld angerichtet haben.

Diesmal kommen sie in die Höhle des Löwen: Die Angefragten, die Bürgermeisterin des zuständigen Bezirks Berlin-Mitte Stefanie Remlinger und die für den Verkehr in Mitte zuständige Stadträtin Almut Neumann (beide Grüne), haben zugesagt. Dass sie die Einladung vor fünf Wochen nicht annehmen konnten, war nach Angaben des Bezirksamts ihrem vollen Terminkalender geschuldet. Tatsächlich war ihnen die Einladung erst eine Woche vorher zugegangen.

Bei der öffentlichen Veranstaltung am Mittwochabend, dem 3. Mai (19 Uhr, Restaurant „Maximilians Berlin“, Friedrichstraße 185-190) könnte es hitzig werden. Das Aktionsbündnis gibt an, seine Interessen seien bislang wenig wahrgenommen, sogar ignoriert worden. Ihnen seien „Fakten vor die Tür gelegt“ worden, hatte die Initiatorin des Aktionsbündnisses Anja Schröder auf der Veranstaltung vor fünf Wochen erklärt. Man habe keine Lust, sich durch Verkehrsversuche das Geschäft kaputtmachen zu lassen.

Die Vertreter von „Rettet die Friedrichstraße“ bezeichnen die bislang umgesetzten Lösungen auf einem Teilstück der für als Ost-Pendant zum Kurfürstendamm geplanten Friedrichstraße als „konzeptlosen Aktionismus“. Mit den von der bis Donnerstag noch amtierenden Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und dem Bezirk Mitte verwirklichten Verkehrsvarianten – zunächst versuchsweise als autofreie Straße, aktuell als Fußgängerzone, in der Fahrradfahrer geduldet werden – habe die Friedrichstraße noch mehr an Attraktivität verloren. So werde die Krise der Geschäfte an der Friedrichstraße keinesfalls gelöst, die Verkehrsberuhigung fungiere sogar als zusätzlicher Antreiber in Sachen Geschäftsschließungen und Kundenrückgang.

Lieber würden sie zum alten Zustand zurückkehren, mit Autoverkehr, kurzfristig und zumindest übergangsweise. Der Wahlkreisabgeordnete Lucas Schaal, dem es im Wahlkreis 2 (Leipziger Platz bis Alexanderplatz) bei den Nachwahlen im Februar überraschend gelungen ist, ein Direktmandat für die CDU zu holen – das einzige im Berliner Stadtzentrum -, sprach bei der vergangenen Veranstaltung davon, man brauche „schnell wieder Normalzustand, schnell wieder den Status wie vorher“.

Das Aktionsbündnis zieht mächtige Unterstützer an

Doch es geht schon lange nicht mehr nur um die Friedrichstraße. Das Aktionsbündnis zieht inzwischen größere Kreise. Es sind nicht nur ein paar Gewerbetreibende aus der Friedrich- und der parallelen Charlottenstraße, die sich politischen Plänen zur Verkehrsberuhigung widersetzen. Auch Geschäftsleute aus dem Nikolaiviertel, die sich gegen neu entstandene Verkehrsströme wehren, haben sich angeschlossen.

Unterstützung kommt von großen Wirtschaftspartnern wie der Handelsverbands Berlin-Brandenburg (HBB) und der Berliner Sektion des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DeHoGa). Schon länger dabei ist Frank Henkel in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins Wirtschaftskreis Mitte. Henkel war früher Innensenator und CDU-Landesvorsitzender, in dieser Woche wurde er zum Präsident des Berliner Box-Verbands gekürt.

Forderung nach einem Verkehrs- und Tourismuskonzept im großen Stil

Das erweiterte Aktionsbündnis „Rettet die Friedrichstraße“ mahnt zuvorderst ein Gesamtkonzept für Berlin-Mitte an. Es soll den Bereich vom Brandenburger Tor bis Alexanderplatz inklusive angrenzender und abgehender Straßen ins Auge fassen, in jedem Fall das Nikolaiviertel berücksichtigen. Die Region benötige ein umfassendes und schlüssiges Verkehrs- und Tourismuskonzept unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, baulichen und stadtplanerischen Gegebenheiten, so lautet einer der Schlüsselsätze der Bündnispartner. Ganz wichtig auch: Bei der Erarbeitung dieses Gesamtkonzepts sollen Anwohner und Gewerbetreibende eingebunden werden.

Worum es bei der Veranstaltung am Mittwochabend auch gehen könnte, das hat Frank Henkel in dieser Woche angedeutet. Henkel soll die Podiumsdiskussion ein weiteres Mal leiten und sprach die Charlottenstaße an, die vor einigen Monaten, wie im Radwegeplan ausgewiesen, zur Fahrradstraße umgewidmet worden war. Henkel sagte, es herrsche „große Sorge“, dass „durch die ständig wechselnde und nicht durchdachte Verkehrsführung eine unmittelbare Gefährdungslage für Fußgänger und Radfahrer entstanden“ ist. „Anrainer schildern teilweise haarsträubende Situationen. Hier muss schnellstmöglich Abhilfe geschaffen werden.“

Henkel sagte auch, das Bündnis freue sich nach dem Wechsel Berlins von Rot-Grün-Rot zu Schwarz-Rot „auf einen konstruktiven Dialog mit der neuen Landesregierung“. Nicht nur die CDU, auch die SPD, vor allem die bis in diese Woche amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, hatte die Umwidmungen der Friedrichstraße in den vergangenen Monaten kritisch kommentiert.

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